Wird eine Kaufpreiszahlung über ein Notaranderkonto abgewickelt, erstreckt sich das mit der Pfändung des Kaufpreisanspruchs entstandene Pfandrecht auf den Auszahlungsanspruch des Verkäufers gegen den Notar.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist die Pfändung des Anspruchs auf Auszahlung von dem Notaranderkonto unwirksam, wenn nicht zugleich auch der der Verwahrung zugrunde liegende Anspruch – hier der Kaufpreisanspruch – gepfändet wird. Dies beruht auf der Erwägung, dass der Verkäufer ansonsten über seine Forderung noch frei verfügen könnte und dies mit dem Gebot der Rechtssicherheit nicht vereinbar wäre1.
Die umgekehrte Konstellation und damit die Frage, welche Wirkung einer isolierten Pfändung des Kaufpreisanspruchs zukommt, wird dagegen im Schrifttum unterschiedlich beurteilt.
Nach einer vereinzelt vertretenen Ansicht, der das Beschwerdegericht folgt, ist die Pfändung des Kaufpreisanspruchs ohne gleichzeitige Pfändung des gegenüber dem Notar bestehenden Auskehrungsanspruchs unbeachtlich2. Demgegenüber genügt nach ganz überwiegend vertretener Auffassung eine isolierte Pfändung des Kaufpreisanspruchs, da sich das hieran begründete Pfändungspfandrecht auf den Auskehrungsanspruch erstrecke3.
Der Bundesgerichtshof entscheidet die Frage im Sinne der zuletzt genannten Auffassung. Wird eine Kaufpreiszahlung über ein Notaranderkonto abgewickelt, erstreckt sich das mit der Pfändung des Kaufpreisanspruchs entstandene Pfandrecht auf den Auszahlungsanspruch gegen den Notar.
Die mit der Pfändung des Hauptrechts verbundene Beschlagnahme erstreckt sich ohne weiteres auf alle Nebenrechte, die im Falle einer Abtretung nach §§ 412, 401 BGB auf den Gläubiger übergehen4. Die Vorschrift des § 401 BGB erfasst neben den dort genannten Rechten auch andere unselbständige Sicherungsrechte sowie Hilfsrechte, die zur Durchsetzung der Forderung erforderlich sind5.
Der Auskehrungsanspruch gegen den Notar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Verhältnis zur Kaufpreisforderung als ein solches Nebenrecht einzuordnen. Die Einschaltung des Notars zur Abwicklung des Kaufpreises soll sicherstellen, dass die Ansprüche der Parteien Zug um Zug erfüllt werden. Die Vertragspartner sollen vor rechtlichen Nachteilen geschützt werden, die mit Inhalt und Zweck der getroffenen Regelung nicht vereinbar sind. Der Auszahlungsanspruch gegen den Notar entsteht im Zuge der Vertragsabwicklung; er hängt daher, solange die Kaufpreisforderung noch nicht erloschen ist, eng und unmittelbar mit ihr zusammen. Der Anspruch gegen den Notar wird nur deshalb begründet, weil der Verkäufer von seinem Vertragspartner nicht Zahlung an sich verlangen kann; er ergänzt die vertragliche Forderung6. Die Abtretung des Kaufpreisanspruchs führt deshalb entsprechend § 401 BGB auch zum Übergang des Auskehrungsanspruchs gegen den Notar7. Die durch das Beschwerdegericht für zwingend erforderlich gehaltene zusätzliche Pfändung des Auskehrungsanspruchs findet vor diesem Hintergrund im Gesetz keine Stütze.
Die Erwägung des Landgerichts Zwickau8, dass der Notar Drittschuldner des Auskehrungsanspruchs sei und ihn die Rechte und Pflichten aus § 840 ZPO träfen, an ihn aber bei der isolierten Pfändung des Kaufpreisanspruchs eine Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht erfolge und ihn damit auch nicht das Verbot erreiche, an den Schuldner zu zahlen, geht in ihrer Prämisse fehl.
Bei einer isolierten Pfändung des Kaufpreisanspruchs ist – auch wenn sich die Pfändung nach § 401 BGB auf den Auskehrungsanspruch erstreckt – nur der Käufer Drittschuldner. Dieser muss im Rahmen seiner Drittschuldnererklärung nach § 840 Abs. 1 ZPO die notarielle Verwahrung angeben. Weil der Notar hinsichtlich des Kaufpreisanspruchs nicht Drittschuldner ist, trifft ihn keine Auskunftspflicht nach § 840 Abs. 1 ZPO. Wird ihm die isolierte Pfändung und Überweisung des Kaufpreisanspruchs nachgewiesen, hat er den hinterlegten Betrag an den Pfändungspfandgläubiger auszukehren9.
Im Übrigen verblieben auch bei einer Doppelpfändung des Kaufpreisanspruchs und des Auskehrungsanspruchs in Bezug auf die Frage der Wirksamkeit der Pfändung für den Notar Unwägbarkeiten, da er sich nicht sicher sein kann, ob der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auch an den Käufer zugestellt worden ist10. Für eine zutreffende Bewertung, an wen der verwahrte (Rest) Kaufpreis auszuzahlen ist, muss der Notar in jedem Fall Kenntnis davon haben, ob und zu welchem Zeitpunkt die Pfändung des Kaufpreisanspruchs durch Zustellung des entsprechenden Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Käufer bewirkt worden ist. Diese hat er erst dann, wenn ihm die Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Käufer als Drittschuldner im Sinne des § 829 Abs. 3 ZPO durch Vorlage der Zustellungsurkunde nachgewiesen wird oder der Drittschuldner dem Notar die erfolgte Zustellung bestätigt11.
Hinzu kommt, dass der Pfändungspfandgläubiger ausgehend von dem Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts vor erhebliche Probleme gestellt würde. Er hat im Zweifel weder Kenntnis darüber, dass die Kaufpreiszahlung über ein Notaranderkonto erfolgt, noch über die Person des Notars. Er wäre daher auf die schnelle und richtige Auskunft des Drittschuldners angewiesen, um eine wirksame Pfändung vornehmen zu können.
Auch wird die Zustellung des die Kaufpreisforderung betreffenden Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses in der Praxis dem Notar – wie auch hier – regelmäßig zur Kenntnis gebracht werden. Da eine Auszahlung des Kaufpreises durch den Notar trotz der erfolgten Pfändung des Kaufpreisanspruchs gegen das gerichtliche Verfügungsverbot verstoßen würde (§ 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO i.V.m. §§ 135, 136 BGB), läuft der Käufer Gefahr, erneut zahlen zu müssen, so dass sein Eigeninteresse auf eine unverzügliche Unterrichtung des Notars gerichtet sein wird. Nichts anderes gilt für den Pfändungspfandgläubiger, wenn ihm die Hinterlegung auf einem Notaranderkonto – etwa aufgrund der Drittschuldnererklärung – bekannt ist. Er hat ein Interesse daran zu verhindern, dass die hinterlegten Beträge bei Auszahlungsreife an den Verkäufer abfließen.
Die durch das Beschwerdegericht angeführte Gefahr einer Haftung des Notars gegenüber dem Pfändungspfandgläubiger nach § 840 Abs. 2 ZPO oder § 19 BNotO besteht nicht. Der Notar muss keine Pfändungen beachten, von denen er keine Kenntnis hat12. In einem solchen Fall scheidet eine Haftung des Notars aus. Zahlt er in Unkenntnis einer wirksamen Pfändung an den Verkäufer oder an einen nachrangigen Pfändungspfandgläubiger aus, wird er in entsprechender Anwendung von § 407 Abs. 1 BGB von seiner Leistungspflicht frei13.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 9. Juni 2016 – V ZB 37/15
- BGH, Urteil vom 19.03.1998 – IX ZR 242/97, BGHZ 138, 179, 184; BGH, Urteil vom 30.06.1988 – IX ZR 66/87, BGHZ 105, 60, 64 f.[↩]
- Bräu, Verwahrungstätigkeit des Notars, 1992, Rn. 248; Kawohl, Notaranderkonto, 1995, Rn. 112[↩]
- Sandkühler in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 8. Aufl., § 23 Rn.190; Eylmann/Vaasen/Hertel, BNotO/BeurkG, 3. Aufl., § 23 BNotO Rn. 29; Hertel in Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, 3. Aufl., Rn.1945; ders. in Limmer/Hertel/Frenz/Mayer, Würzburger Notarhandbuch, 4. Aufl., Teil 2 Kapitel 2 Rn. 772; Winkler, BeurkG, 17. Aufl., § 54 b Rn. 41; Renner in Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG, 6. Aufl., § 54 b Rn. 77; Grziwotz/Heinemann/Grziwotz, BeurkG, 2. Aufl., § 54 b Rn. 29; Haug/Zimmermann, Die Amtshaftung des Notars, 3. Aufl., Rn. 745; Strehle, Die Zwangsvollstreckung in das Guthaben des Notaranderkontos, 1995, S. 73 ff.; Ganter, DNotZ 2004, 421, 432; Volhard, DNotZ 1987, 523, 543 f.; Göbel, DNotZ 1984, 257, 259; Rupp/Fleischmann, NJW 1983, 2368, 2369[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 18.07.2003 – IXa ZB 148/03, NJW-RR 2003, 1555, 1556; Beschluss vom 16.06.2000 – BLw 30/99, WM 2000, 2555, 2556; Urteil vom 18.06.1998 – IX ZR 311/95, NJW 1998, 2969 jeweils mwN[↩]
- BGH, Urteil vom 07.12 2006 – IX ZR 161/04, WM 2007, 406 Rn. 13; Urteil vom 14.07.1966 – VIII ZR 229/64, BGHZ 46, 14, 15[↩]
- BGH, Urteil vom 19.03.1998 – IX ZR 242/97, BGHZ 138, 179, 184[↩]
- vgl. auch BGH, Urteil vom 07.12 2006 – IX ZR 161/04, WM 2007, 406 Rn. 13 zu einem Treuhandvertrag eines Kreditinstituts; KG, DNotZ 1999, 994, 996 f.; Renner in Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG, 6. Aufl., § 54 b Rn. 89; Eylmann/Vaasen/Hertel, BNotO/BeurkG, 3. Aufl., § 23 BNotO Rn. 33; Hertel in Limmer/Hertel/Frenz/Mayer, Würzburger Notarhandbuch, 4. Aufl., Teil 2 Kapitel 2 Rn. 775; Sandkühler in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 8. Aufl., § 23 Rn. 187; Winkler, BeurkG, 17. Aufl., § 54 b Rn. 35; Haug/Zimmermann, Die Amtshaftung des Notars, 3. Aufl., Rn. 747; Kawohl, Notaranderkonto, 1995, Rn. 107[↩]
- LG Zwickau, Beschluss vom 18.02.2015 – 6 T 32/14[↩]
- Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 829 Rn. 33 unter „Notar“; Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl., Rn. 1781a; Sandkühler in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 8. Aufl., § 23 Rn.190; Ganter, DNotZ 2004, 421 432; Rupp/Fleischmann, NJW 1983, 2368, 2369[↩]
- vgl. Ganter, DNotZ 2004, 421, 434 f.[↩]
- vgl. Hertel in Limmer/Hertel/Frenz/Mayer, Würzburger Notarhandbuch, 4. Aufl., Teil 2 Kapitel 2 Rn. 772[↩]
- vgl. Renner in Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG, 6. Aufl., § 54 b Rn. 79[↩]
- vgl. hierzu BGH, Urteil vom 26.01.1983 – VIII ZR 258/81, BGHZ 86, 337, 338 f.; Urteil vom 27.10.1988 – IX ZR 27/88, BGHZ 105, 358, 359 f.; RGZ 87, 412, 418; Becker in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 829 Rn.20[↩]