Klage auf Hinterlegung und Zustimmung zur Auszahlung

Die Klage auf Hinterlegung eines Betrages kann mit der Klage auf Zustimmung zur Auszahlung verbunden werden.

Klage auf Hinterlegung und Zustimmung zur Auszahlung

Die Klageverbindung ist zulässig. Richtig ist allerdings der Einwand, dass die Voraussetzungen einer Stufenklage nach § 254 ZPO nicht vorliegen. Bei ihr handelt es sich um eine besondere Form der Klagehäufung nach § 260 ZPO durch die Verbindung des (noch unbezifferten) Zahlungsanspruchs mit dem zu seiner Konkretisierung erforderlichen Hilfsanspruch auf Auskunft und Rechnungslegung1. Der Grund der „stufenweisen“ Rechtsverfolgung ist hier jedoch nicht eine durch Auskunft zu behebende Ungewissheit über die Höhe des Anspruchs, sondern die in dem Vergleich getroffene Vereinbarung über das Verfahren in dieser Angelegenheit (nach der zuerst der gesamte Ernteertrag zu hinterlegen und erst danach über die Rechte an dem hinterlegten Geldbetrag zu entscheiden ist).

Nicht zu folgen ist jedoch dem daraus gezogenen Schluss, dass in anderen als in den in § 254 ZPO bezeichneten Fällen eine Klagehäufung dergestalt, dass die Erfüllung des mit einer Klage verfolgten Anspruchs (auf Hinterlegung) Voraussetzung für den Erfolg der anderen Klage (auf Zustimmung zur Auszahlung) ist, unzulässig wäre. Die Verbindung der Klagen auf eine fällige und auf eine künftige Leistung ist zwar nicht nach § 254 ZPO, aber in entsprechender Anwendung des § 259 ZPO zulässig; danach kann eine Klage auf eine künftige Leistung bereits dann erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.

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Der Bundesgerichtshof hat eine solche Klageverbindung nach §§ 259, 260 ZPO im Zusammenhang mit Vorverträgen zugelassen. Der Gläubiger kann zugleich aus dem Vorvertrag auf Abschluss des Hauptvertrags und auf dessen Erfüllung klagen. Zwar entsteht in diesen Fällen der Anspruch auf die Leistung aus dem Hauptvertrag erst nach dessen Abschluss durch eine rechtskräftige Verurteilung des Schuldners zum Vertragsabschluss. Wenn der Beklagte aber seine Verpflichtung aus dem Vorvertrag bestreitet, ist dem Kläger nach dem Rechtsgedanken des § 259 ZPO aus prozessökonomischen Gründen eine solche Klageverbindung gestattet. Dem Beklagten entstehen durch diese Verbindung keine Nachteile, da ihm keine Einwendungen (weder gegen seine Inanspruchnahme aus dem Vorvertrag noch gegen die Ansprüche aus dem Hauptvertrag) abgeschnitten werden2.

Aus den gleichen Erwägungen kann der Kläger nach §§ 259, 260 ZPO gleichzeitig auf Hinterlegung und auf Zustimmung zur Auszahlung des hinterlegten Betrags klagen, wenn die Parteien sich auf ein solches Vorgehen verständigt haben und das Verhalten des Beklagten die Besorgnis der Leistungsverweigerung begründet. So verhält es sich hier. Die Parteien haben sich in dem Vergleich wechselseitig zur Sequestrierung des Ernteertrags von der streitigen Fläche durch Hinterlegung verpflichtet. Das Verhalten der Beklagten – das Bestreiten der Pflicht zur Hinterlegung und jeder Berechtigung der Klägerin an dem Ertrag – begründet die Befürchtung, dass sich die Beklagte der Leistung entziehen werde. Der Klägerin ist es daher nicht zuzumuten, hintereinander zwei Prozesse in dieser Angelegenheit zu führen. Die Möglichkeit einer Klagehäufung ist der Klägerin nach dem Vergleich ungeachtet dessen einzuräumen, dass sie die Beklagte auch sofort auf Zahlung verklagen könnte.

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Die Entscheidung durch Teilurteil verletzt nicht § 301 ZPO. Bei einer zulässigen Verbindung der Klagen auf Einzahlung zwecks Hinterlegung und auf Zustimmung zur Auszahlung des hinterlegten Betrags nach §§ 259, 260 ZPO kann über den Antrag auf Hinterlegung durch Teilurteil nach § 301 Abs. 1 ZPO entschieden werden. Zwar darf nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung auch bei objektiver Klagehäufung ein Teilurteil nach § 301 ZPO nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen – auch infolge einer abweichenden Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht – ausgeschlossen ist3. Diese Gefahr ist bei einer Klagehäufung zwar gegeben, wenn zwischen den prozessual selbständigen Ansprüchen eine materiellrechtliche Verzahnung besteht oder die Ansprüche prozessual in ein Abhängigkeitsverhältnis gestellt sind4. Bei einem Anspruch auf Hinterlegung besteht sie aber nicht, wenn die Verpflichtung zur Hinterlegung – wie hier vereinbart – eine unverzügliche von der nachfolgenden Verständigung oder Entscheidung über die Rechte an dem zu hinterlegenden Betrag gerade unabhängige Sicherung herbeiführen soll.

Unbegründet ist der Einwand missbräuchlicher Rechtsausübung gegenüber der Geltendmachung des Anspruchs auf Hinterlegung, den die Beklagte darauf stützt, dass ihr der gesamte Ernteertrag zustehe, weil sie mangels Formwirksamkeit der Befristungsabrede in dem Vertrag über die Verlängerung der Pacht aus dem Jahr 2007 bei der Ernte im Jahr 2011 noch Pächterin der Flächen gewesen sei.

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Richtig ist allerdings, dass sich die Verfolgung eines Anspruchs grundsätzlich als rechtsmissbräuchlich darstellt, wenn etwas verlangt wird, was sofort wieder zurückgewährt werden muss5. Dieser Einwand kann jedoch gegenüber dem Anspruch auf eine Hinterlegung zur Sequestrierung, zu der sich die Parteien wechselseitig in einem gerichtlichen Vergleich vor einer Regelung über das zwischen ihnen streitige Recht verpflichtet haben, nicht geltend gemacht werden. In solch einem Fall kann sich keine Partei darauf berufen, nicht leisten zu müssen, weil der zur Sicherheit für die andere Seite einzuzahlende Betrag nach materiellem Recht ihr gebühre und daher wieder an sie auszuzahlen sei. Die Berufung auf den dolo-agit Einwand widerspricht dem Inhalt und dem Zweck eines solchen Vergleichs.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 25. April 2014 – LwZR 2/13

  1. vgl. BGH, Urteil vom 27.11.1998 – V ZR 180/97, VIZ 1999, 161, 162; Urteil vom 29.03.2011 – VI ZR 117/10, BGHZ 189, 79 Rn. 8[]
  2. BGH, Urteil vom 18.04.1986 – V ZR 32/85, NJW 1986, 2820, 2821; und vom 21.12 2000 – V ZR 254/99, NJW 2001, 1285, 1286[]
  3. vgl. BGH, Urteil vom 28.09.2003 – V ZR 123/03, BGHZ 157, 133, 142; Urteil vom 29.03.2011 – VI ZR 117/19, BGHZ 189, 79 Rn. 15 mwN[]
  4. BGH, Urteil vom 28.09.2003 – V ZR 123/03, aaO; Urteil vom 29.03.2011 – VI ZR 117/19, aaO Rn. 16[]
  5. vgl. BGH, Urteil vom 09.01.1981 – V ZR 58/79, BGHZ 79, 201, 204; Urteil vom 29.04.1985 – II ZR 146/84, BGHZ 94, 240, 246; Urteil vom 21.12 1989 – X ZR 30/89, BGHZ 110, 30, 33[]
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