Wenn im Rubrum der Klageschrift ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter des Beklagten angegeben wird, muss das Gericht gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO an diesen und nicht an die Partei zustellen, gleich ob der Rechtsanwalt wirklich Prozessvollmacht hat oder nicht1.
Zustellungen an die Partei selbst unter Verstoß gegen die Vorschrift des § 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO sind unwirksam2.
Nach Auffassung des Landgerichts DessauRoßlau3 ist § 189 ZPO (entsprechend) anzuwenden, wenn der Kläger für den Beklagten einen Prozessbevollmächtigten benennt, der objektiv keine Prozessvollmacht hat, und das Gericht nicht an diesen zustellt, sondern an den Beklagten selbst4. Ob diese Rechtsansicht zutrifft, musste der Bundesgerichtshof im vorliegenden Fall jedoch nicht entscheiden, da die Voraussetzungen einer Heilung nach § 189 ZPO nicht festgestellt waren.
§ 189 ZPO setzt voraus, dass ein Dokument dem Zustellungsadressaten tatsächlich zugegangen ist. Das ist der Fall, wenn der Adressat das Dokument in die Hand bekommt5. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass die Klageschrift beim Zustellversuch am 16.01.2016 in die Hände der Beklagten zu 2 bis 4 gelangt ist. Es hat rechtsfehlerhaft den Einwurf der Sendungen an der Geschäftsanschrift der Beklagten zu 1 genügen lassen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 12. September 2019 – IX ZR 262/18
- vgl. BGH, Urteil vom 06.04.2011 – VIII ZR 22/10, NJW-RR 2011, 997 Rn. 13 ff[↩]
- BVerfG, NJW 2017, 318 Rn.19 mwN; BGH, aaO Rn. 17[↩]
- LG DessauRoßlau, Urteil vom 31.07.2018 8 S 150/17[↩]
- so auch MünchKomm-ZPO/Häublein, 5. Aufl., § 172 Rn. 6[↩]
- BFHE 244, 536 Rn. 65; vgl. BGH, Urteil vom 15.03.2007 5 StR 536/06, BGHSt 51, 257 Rn. 14; Beschluss vom 13.01.2015 – VIII ZB 55/14, NJW-RR 2015, 953 Rn. 9[↩]