Kostenfestsetzung – und die Kostengrundentscheidung

Grundlage der Kostenfestsetzung ist ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel (§ 103 Abs. 1 ZPO). Die Kostenfestsetzung erfordert, dass der Titel besagt, wer die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat1.

Kostenfestsetzung – und die Kostengrundentscheidung

Der im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 104 ZPO zu treffende Beschluss füllt lediglich die Kostengrundentscheidung hinsichtlich der Höhe des zu erstattenden Kostenbetrags aus. Er ist deshalb sowohl hinsichtlich seiner Entstehung als auch seines Bestandes von der Kostengrundentscheidung abhängig2. Ein Kostenfestsetzungsbeschluss entfaltet von Beginn an keine rechtlichen Wirkungen, wenn der die Kostengrundentscheidung enthaltende Titel nicht zur Zwangsvollstreckung geeignet ist3.

Eine Kostengrundentscheidung ist nicht bereits dann zur Zwangsvollstreckung ungeeignet, wenn sie inhaltlich unzutreffend ist. Sie ist selbst dann bindend, wenn sie unrichtig oder unzulässig ist4. Eine fehlerhafte oder unvollständige Grundentscheidung darf im Festsetzungsverfahren allerdings weder korrigiert noch ergänzt werden. Diese Befugnis steht im Rahmen der §§ 319, 321 ZPO nur dem für das Erkenntnisverfahren zuständigen Gericht zu5.

Hierdurch wird die Auslegung einer unklaren, mehrdeutigen oder widersprüchlichen Kostengrundentscheidung nicht von vornherein ausgeschlossen, solange der sachliche Gehalt des Titels nicht verändert wird5. Bei der Bestimmung des Auslegungsmaßstabs ist aber zu berücksichtigen, dass das Kostenfestsetzungsverfahren allein die Frage zum Gegenstand hat, welcher Betrag nach der Kostengrundentscheidung zu erstatten ist. Es ist auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und auf die Klärung einfacher Fragen des Kostenrechts zugeschnitten und in Folge dessen dem Rechtspfleger übertragen6.

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Indizienbeweis und Gegenbeweis

Bei in Teilentscheidungen enthaltenden Kostenentscheidungen kann durch Auslegung nicht ermittelt werden, welcher prozessuale Anspruch in welchem Umfang entschieden werden sollte. Die Kosten der einzelnen Verfahrensstadien lassen sich nicht trennen. Daher kann mit einer Teilentscheidung grundsätzlich keine Kostenentscheidung verbunden werden7. Anders ist dies nur dann, wenn der Prozess durch eine Teilentscheidung hinsichtlich einzelner Parteien abschließend entschieden wird8.

Treffen mehrere unzulässige Teilkostenentscheidungen über einzelne Verfahrensgegenstände in einem Verfahren zusammen, ist es nicht Aufgabe des Rechtspflegers, die Verteilung der Kosten nach Quoten korrigierend nachzuholen. Die Befugnis zur Korrektur fehlerhafter oder unvollständiger Kostengrundentscheidungen steht im Rahmen der §§ 319, 321 ZPO nur dem für das Erkenntnisverfahren zuständigen Gericht zu. Andernfalls obläge es dem Rechtspfleger zu prüfen, wie die Teilkostenentscheidungen ins Verhältnis zueinander zu setzen sind und ob durch sie alle Verfahrensgegenstände und Prozessrechtsverhältnisse abschließend geregelt sind. Darauf ist das Kostenfestsetzungsverfahren, in dem lediglich eine formale Prüfung der Kostentatbestände sowie die Klärung einfacher Fragen des Kostenrechts erfolgen soll, nicht zugeschnitten.

Offenbare Unrichtigkeiten iSd. § 319 Abs. 1 ZPO, die von Amts wegen zu berichtigen sind, können auch bei Kostenentscheidungen auftreten. Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine Kostenentscheidung versehentlich ganz unterblieben ist9. Auch Fehler bei der Verteilung der Kosten sind einer Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO zugänglich, wenn sie offenkundig sind, zB bei einem Berechnungsfehler10. Eine offenbare, der gerichtlichen Selbstkorrektur unterliegende Unrichtigkeit liegt auch dann vor, wenn das Gericht – wie hier – unter Verstoß gegen den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung zwei evident unzulässige Teilkostenentscheidungen über einzelne Verfahrensgegenstände getroffen hat, obwohl zwingend eine Kostenentscheidung für das gesamte Verfahren hätte ergehen müssen, in der die Kosten anteilig verteilt werden. In einer solchen Konstellation kann nicht angenommen werden, dass sich das Gericht bei der jeweiligen Entscheidung bewusst gewesen ist, nur über einen Teil der Verfahrenskosten zu entscheiden. Wäre es sich darüber im Klaren gewesen, dass sich die Rücknahme des Rechtsmittels nicht auf das gesamte Verfahren, sondern nur Teile davon bezogen hat, hätte es zweifellos einheitlich über die Kosten des gesamten Verfahrens entschieden.

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Klagerücknahme vor dem BGH - und der Kostenantrag durch den Berufungsanwalt

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 1. Juni 2023 – 9 AZB 1/23

  1. BGH 11.01.2018 – IX ZB 99/16, Rn. 8[]
  2. BGH 5.05.2008 – X ZB 36/07, Rn. 5[]
  3. BGH 21.03.2013 – VII ZB 13/12, Rn. 11[]
  4. vgl. BAG 16.11.2005 – 3 AZB 45/05, Rn. 9[]
  5. vgl. OLG München 1.02.2022 – 11 W 40/22, Rn. 22[][]
  6. vgl. BAG 30.06.2015 – 10 AZB 17/15, Rn. 8; BGH 14.05.2014 – XII ZB 539/11, Rn. 7 mwN[]
  7. vgl. für das Teilurteil: BAG 18.10.2000 – 2 AZR 465/99, zu III der Gründe, BAGE 96, 95; für das Zwischenurteil: LAG Berlin-Brandenburg 25.01.2012 – 15 Sa 1873/11, Rn. 23[]
  8. BGH 6.12.2007 – I ZR 169/04, Rn. 35; 25.01.2001 – V ZR 22/00, zu IV der Gründe[]
  9. vgl. BGH 26.01.2023 – III ZR 69/21, Rn. 3[]
  10. vgl. BGH 22.07.2014 – VIII ZR 49/13, Rn. 2[]