Ein bereits mit der Kündigung erklärter Widerspruch gegen eine stillschweigende Vertragsfortsetzung ist wirksam; eines zeitlichen Zusammenhangs mit der Vertragsbeendigung bedarf es nicht [1].

Nach § 545 Satz 1 BGB tritt eine Verlängerung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit ein, wenn der Mieter den Gebrauch der Mietsache nach Ablauf der Mietzeit fortsetzt und keine der Parteien ihren entgegenstehenden Willen binnen zwei Wochen dem anderen Teil erklärt. Für den Vermieter beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, in dem er von der Fortsetzung Kenntnis erlangt (§ 545 Satz 2 Nr. 2 BGB). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Widerspruch grundsätzlich auch schon vor dem Beginn der zweiwöchigen Widerspruchsfrist erhoben werden [2]. Dies entspricht auch der wohl einhelligen Meinung in der Literatur [3].
Unterschiedliche Meinungen werden hingegen zu der Frage vertreten, inwiefern ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Widerspruch und dem Vertragsende erforderlich ist, insbesondere, wenn der Widerspruch zusammen mit einer ordentlichen Kündigung erklärt wird, also zwischen dem Widerspruch und der Vertragsbeendigung mehrere Monate liegen oder – wie in dem jetzt vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall wegen der infolge des langjährigen Mietverhältnisses verlängerten Kündigungsfrist – sogar ein Zeitraum von neun Monaten.
So hat der Bundesgerichtshof in einer früheren Entscheidung [4] (allgemein) einen zeitlichen Zusammenhang zwischen Widerspruch und Vertragsende für erforderlich gehalten. Der zugrunde liegende Sachverhalt betraf allerdings nicht einen zusammen mit einer Kündigung erklärten ausdrücklichen Widerspruch, sondern die Frage, ob die mehr als ein Jahr vor Vertragsende erfolgte Erklärung eines Pächters, an der Ausübung der Verlängerungsoption nicht interessiert zu sein, als wirksamer Widerspruch anzusehen war. Im Anschluss an diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs hat sich die Rechtsprechung der Instanzgerichte zur Wirksamkeit eines zusammen mit einer ordentlichen Kündigung erklärten Widerspruchs unterschiedlich entwickelt. Teilweise wird ein solcher Widerspruch mangels des erforderlichen zeitlichen Zusammenhangs allgemein [5] oder jedenfalls bei längeren Kündigungsfristen [6] als unbeachtlich angesehen. Von anderen Instanzgerichten wird der gleichzeitig mit der ordentlichen Kündigung erklärte Widerspruch hingegen generell als wirksam angesehen [7].
Der Bundesgerichtshof entscheidet nunmehr, dass es eines zeitlichen Zusammenhangs jedenfalls dann nicht bedarf, wenn der Widerspruch zusammen mit der Kündigung erklärt wird. Soweit sich aus der vorstehend zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. April 1986 etwas anderes ergibt, hält der Bundesgerichtshof daran nicht fest. Im Rahmen des § 545 BGB kommt es, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, entscheidend darauf an, ob nach den Gesamtumständen für den Mieter aus der früheren Erklärung seines Vermieters dessen eindeutiger Wille erkennbar wird, das Mietverhältnis nach dem Ablauf der Mietzeit nicht fortsetzen zu wollen. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn der Vermieter – wie hier die Klägerin – bereits im Kündigungsschreiben, das zur Beendigung des Mietverhältnisses führt, einer Fortsetzung des Mietverhältnisses über den Beendigungszeitpunkt hinaus ausdrücklich widerspricht. Ein solcher Widerspruch, der sich auf eine konkrete Beendigung des Mietverhältnisses bezieht, lässt keinen Zweifel daran, dass der Vermieter die Rechtsfolgen des § 545 BGB ausschließen will.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21. April 2010 – VIII ZR 184/09
- im Anschluss an BGH, Beschluss vom 09.04.1986 – VIII ZR 100/85, NJW-RR 1986, 1020[↩]
- BGH, Urteil vom 08.01.1969 – VIII ZR 184/66, WM 1969, 298; BGH, Beschluss vom 09.04.1986 – VIII ZR 100/85, NJW-RR 1986, 1020; BGH, Urteile vom 16.09.1987 – VIII ZR 156/86, NJW-RR 1988, 76; sowie vom 07.01.2004 – VIII ZR 103/03, NJW-RR 2004, 558; jeweils zu § 568 BGB aF[↩]
- Staudinger/Emmerich, BGB (2006), § 545 Rdnr. 14; MünchKommBGB/Bieber, 5. Aufl., § 545 Rdnr. 16; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 9. Aufl., § 545 BGB Rdnr. 25; Erman/Jendrek, BGB, 12. Aufl., § 545 Rdnr. 7; Bamberger/Roth/Ehlert, BGB, 2. Aufl., § 545 Rdnr. 7; Schach in: Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 5. Aufl., § 545 Rdnr. 2; Lammel, Wohnraummietrecht, 3. Aufl., § 545 Rdnr. 33[↩]
- BGH, Beschluss vom 09.04.1986, a.a.O.[↩]
- OLG Hamm, OLGR 1993, 221; LG Kassel, WuM 1989, 518; vgl. auch Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl., § 545 Rdnr. 21[↩]
- LG Ansbach, NJW-RR 1996, 1479, 1480; AG Schöneberg MM 1992, 174; vgl. auch Sternel, Mietrecht Aktuell, 4. Aufl., Rdnr. X 182[↩]
- OLG Düsseldorf, ZMR 2002, 589, 591 f.; OLG Köln, WuM 2003, 465, 466; LG Bonn, WuM 1992, 617[↩]
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