Kündigungssperrfristen bei Eigentumswohnungen

Wird eine vermietete Wohnung in Wohnungseigentum umgewandelt und sodann veräußert, so kann sich der Erwerber gegenüber dem Mieter auf das Vorliegen bestimmter Kündigungsgründe erst nach drei Jahren – in bestimmten Gebieten sogar erst nach 10 Jahren – seit der Veräußerung berufen, § 577a BGB. Diese Kündigungsbeschränkung des § 577a BGB bei Umwandlung von vermieteten Wohnräumen in Wohnungseigentum gilt jedoch, wie der Bundesgerichtshof jetzt ausdrücklich feststellte, nur für Eigenbedarfskündigungen oder Verwertungskündigungen (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 BGB). Auf andere Kündigungsgründe im Sinne von § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB ist diese Kündigungssperrfrist jedoch nicht, auch nicht analog anwendbar.

Kündigungssperrfristen bei Eigentumswohnungen

Nach seinem Wortlaut schließt § 577a BGB, wenn an den vermieteten Wohnräumen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und das Wohnungseigentum veräußert worden ist, für den Erwerber nur die Berufung auf berechtigte Interessen im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 BGB (Eigenbedarfsinteresse und Verwertungsinteresse) für die Dauer von drei bzw. zehn Jahren aus. Mit der Kündigungssperrfrist für Eigenbedarfskündigungen wollte der Gesetzgeber den Mieter besonders davor schützen, dass umgewandelte Eigentumswohnungen häufig zur Befriedigung eigenen Wohnbedarfs erworben werden, der durch die Kündigungsschutzbestimmungen erstrebte Bestandsschutz für den Mieter dadurch also besonders gefährdet ist1. Gerade die erhöhte Gefahr einer Eigenbedarfskündigung nach Umwandlung des vermieteten Wohnraums in eine Eigentumswohnung und Veräußerung an einen neuen Eigentümer stellt nach der Auffassung des Gesetzgebers auch die Rechtfertigung für die mit der (verlängerten) Kündigungssperrfrist verbundene Beschränkung der verfassungsrechtlich geschützten Eigentümerbefugnisse (Art. 14 GG) sowohl des Veräußerers als auch des Erwerbers dar2.

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In Ergänzung dazu ist die Sperrfrist für Verwertungskündigungen eingeführt worden, um zu verhindern, dass infolge der (verlängerten) Sperrfrist für Eigenbedarfskündigungen der Kündigungsgrund des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB (§ 564b Abs. 2 Nr. 3 BGB a.F.), der dem Vermieter eine angemessene wirtschaftliche Verwertung sichern soll, an Bedeutung gewinnt, weil durch die Sperrfrist für Eigenbedarfskündigungen der wirtschaftliche Wert der Wohnung sinkt. Der Mieter sollte deshalb gegen Kündigungen wegen Veräußerungsabsichten des Erwerbers denselben Schutz erhalten wie gegen Kündigungen wegen Eigenbedarfs3. An dieser Schutzrichtung hat sich durch die Zusammenführung der Sperrfristregelungen in § 577a BGB durch das Mietrechtsreformgesetz nichts geändert4.

Eine analoge Anwendung der Vorschrift auf andere Kündigungsgründe im Sinne von § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB scheidet aus, weil insoweit keine planwidrige Gesetzeslücke besteht. Auch unabhängig von Kündigungen wegen schuldhafter Pflichtverletzungen durch den Mieter umfasst § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB eine Vielzahl möglicher Kündigungstatbestände, die – nach der Auffassung des Gesetzgebers – nicht dieselbe naheliegende Gefahr einer Verdrängung des Mieters nach Umwandlung in Wohnungseigentum bergen wie die Eigenbedarfs- und die Verwertungskündigung. Dass ein Vermieter deshalb ein berechtigtes Interesse an der Kündigung hat, weil er die Wohnung für seinen Betrieb oder – wie hier – für Angestellte seines Haushalts benötigt, die ungeachtet ihrer auf den Haushalt des Vermieters bezogenen Tätigkeit in der Wohnung einen eigenen Haushalt führen wollen und sollen, ist nicht in demselben Maße wahrscheinlich wie eine Kündigung wegen Eigenbedarfs, auch wenn die genannten Kündigungsgründe im Hinblick auf die Interessen von Mieter und Vermieter mit Eigenbedarf vergleichbar zu sein scheinen.

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Der BGH ist deshalb mit der ganz herrschenden Meinung5 der Auffassung, dass eine Erweiterung der Sperrfristregelung des § 577a BGB auf Kündigungen nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB – wie die hier zu beurteilende – nicht in Betracht kommt. Allein, dass § 573 Abs. 2 BGB den Absatz 1 der Vorschrift durch Regelbeispiele konkretisiert, rechtfertigt nicht die Annahme, dass § 577a BGB, der seinem Wortlaut nach nur für die Regelbeispiele des § 573 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BGB gilt, auch in (anderen) Fällen des § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB Anwendung finden muss, in denen die Kündigung nicht auf einer schuldhaften Pflichtverletzung des Mieters beruht, sondern – im weiteren Sinne – zum Zwecke einer Eigennutzung der Wohnung durch den Vermieter ausgesprochen wird (aA Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 9. Aufl., § 577a Rdnr. 18; vgl. auch Barthelmess, Wohraumkündigungsschutzgesetz, Miethöhegesetz, 5. Aufl., § 564b BGB Rdnr. 84)). Vielmehr ist die Entscheidung des Gesetzgebers zu respektieren, der den Anwendungsbereich von § 577a BGB auf die Eigenbedarfs- und die Verwertungskündigung beschränkt hat6.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. März 2009 – VIII ZR 127/08

  1. BT-Drs. 11/6374, S. 5[]
  2. BT-Drs. 11/6374, S. 5 f.[]
  3. BT-Drs. 11/6374, S. 7[]
  4. vgl. BT-Drs. 14/4553, S. 72 f.[]
  5. Münch-KommBGB/Häublein, 5. Aufl., § 577a Rdnr. 9; Staudinger/Rolfs, BGB (2006), § 577a Rdnr. 25 f.; Soergel/Heintzmann, BGB, 13. Aufl., § 577a Rdnr. 2; Franke in: Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht (Stand November 2008), § 577a Anm. 5.1; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., IV 146; Lammel, Wohnraummietrecht, 3. Aufl., § 577a Rdnr. 12; Herrlein in: Herrlein/Kandelhard, Miet-recht, 3. Aufl., § 577a Rdnr. 5; AnwK-BGB/Hinz, § 577a Rdnr. 15[]
  6. MünchKommBGB/Häublein, aaO[]
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