Die Veränderung des Systems der landwirtschaftlichen Beihilfen von den produktionsbezogenen Prämien zu den von der Bewirtschaftung entkoppelten Zahlungsansprüchen schließt es nicht aus, Vereinbarungen zur Übertragung der damaligen Prämien-, Förderungsansprüche und Quotenvorrechte auf den Verpächter oder auf einen von diesem benannten Betriebsnachfolger in Altpachtverträgen auch auf Zahlungsansprüche anzuwenden.

Mit dieser Begründung hat der Bundesgerichtshof jetzt ein Berufungsurteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts Schleswig sowie das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts -Landwirtschaftsgerichts – Meldorf aufgehoben. Das OGL Schleswig habe es, so der BGH, unterlassen, den in der Vereinbarung zum Ausdruck kommenden Vertragswillen zu ermitteln, in der sich die Parteien gegenseitig verpflichtet haben, bei Pachtbeginn die Prämien-, Förderungsansprüche und Quotenvorrechte auf den Pächter und bei Pachtende auf den Verpächter oder den von diesem benannten Betriebsnachfolger zu übertragen. Damit hat es gegen § 133 BGB verstoßen, der das Gericht bei der Auslegung von Willenserklärungen verpflichtet, den erklärten wirklichen Willen zu erforschen1. Die auf den Willen verweisende gesetzliche Auslegungsregel in § 133 BGB verbietet es, eine rechtsgeschäftliche Regelung gegen den tatsächlichen oder den erklärten Willen einer Partei nach rein objektiven Gesichtspunkten auszulegen2.
Die Veränderung des Systems der landwirtschaftlichen Beihilfen von den früheren produktionsbezogenen Prämien zu den jetzigen davon entkoppelten Zahlungsansprüchen schließt es entgegen der Ansicht des OLG Schleswig3 nicht aus, einem aus Vereinbarungen in Altpachtverträgen, in denen sich der Pächter gegenüber dem Verpächter zur (Rück-)Übertragung der Ansprüche auf Beihilfen verpflichtet hat, ersichtlichen Vertragswillen Rechnung zu tragen und die vertragliche Regelung auch auf die neuen Zahlungsansprüche anzuwenden.
Die Zahlungsansprüche sind derartigen rechtsgeschäftlichen Regelungen nämlich nicht entzogen. Sie sind zwar im Grundsatz personenbezogene Beihilfen, die nach den beihilfefähigen Hektarzahlen und den im Bezugszeitraum von 2000 bis 2002 erhaltenen Direktzahlungen4 festgestellt und denjenigen, die im ersten Jahr der Anwendung der Betriebsprämienregelung Betriebsinhaber waren, zugewiesen worden sind. Vereinbarungen in Pachtverträgen über landwirtschaftliche Betriebe oder Nutzflächen, in denen sich der Pächter gegenüber dem Verpächter verpflichtet, bei Pachtende diese Ansprüche auf den Verpächter oder einen anderen von diesem ihm benannten Betriebsinhaber zu übertragen, sind jedoch auch nach der GAP-Reform möglich (/vgl. BMELV, Die EU-Agrarreform – Umsetzung in Deutschland [2006], S. 17; Schmitte, MittBayNot 2004, 95, 97; Krämer, NotBZ 2005, 2008, 216, 220)). Der Umstand, dass die Zahlungsansprüche nach Art. 46 VO (EG) 1782/2003 an andere Betriebsinhaber übertragbar, verpfändbar und pfändbar sind5, lässt auch solche Vereinbarungen zwischen Verpächtern und Pächtern über die Übertragung von Zahlungsansprüchen bei Pachtbeginn und -ende zu.
Rechtsgeschäftliche Verpflichtungen des Pächters, Zahlungsansprüche bei Beendigung des Pachtverhältnisses auf den Verpächter oder den neuen Pächter zu übertragen, können nicht nur in den nach dem Inkrafttreten der GAP-Reform abgeschlossenen Verträgen vereinbart werden oder in den bereits im Hinblick auf die GAP-Reform angepassten Pachtverträgen begründet worden sein6, sondern sich auch aus Altverträgen ergeben, die noch vor dem Hintergrund des früheren Rechts über die Beihilfen für die Landwirtschaft abgeschlossen wurden. Der durch Auslegung zu ermittelnde Vertragswille kann nämlich auch darin bestehen, dass die Parteien im Vertrag ihre Interessen so geregelt haben, dass die Vereinbarung zur Erleichterung der Fortführung der Bewirtschaftung durch den Nachfolger des Pächters alle diesem Zweck dienenden Ansprüche auf Beihilfen – gleich welcher Art sie auch seien – erfassen sollte. Eine solche Abrede erstreckt sich auf die neuen Zahlungsansprüche. Ein solcher Vertragswille ist auch dann zu berücksichtigen, wenn die Parteien bei Vertragsabschluss den Inhalt künftiger Gesetzesänderungen nicht vorhersehen konnten und gleichwohl Verpflichtungen begründeten, die auch bei Änderungen der dem Vertragsabschluss zugrunde liegenden Gesetzeslage Bestand haben sollten7.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. April 2009 – LwZR 11/08
- BGHZ 124, 64, 68[↩]
- vgl. BGHZ 19, 269, 273; Flume, aaO, S. 308; jurisPK-BGB, Reichold, 4. Aufl., § 133 Rdn. 9; Soergel/Hefermehl, BGB, 13. Aufl., v. § 116 Rdn. 9, 10[↩]
- ebenso allerdings OLG Celle RdL 2007, 212 = AUR 2007, 364, 365 m. zutr. abl. Anm. von Jeinsen[↩]
- dazu BMELV AUR 2006, 89, 90[↩]
- vgl. dazu BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2008, VII ZB 92/07, RdL 2009, 52, 53[↩]
- dazu Schmitte, MittBayNot 2004, 95, 97; von Jeinsen, AUR 2007, 367[↩]
- vgl. Flume, aaO, S. 522; Medicus, Festschrift für Werner Flume zum 70. Geburtstag [1978], S. 629, 645; MünchKomm-BGB/Busche, 5. Aufl., § 133 Rdn. 22[↩]
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