Mahnung von säumigem Hausgeld – und die Vergütung des WEG-Verwalters

Die Mahnung von säumigem Hausgeld ist beim Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit der Grundvergütung abgegolten.

Mahnung von säumigem Hausgeld – und die Vergütung des WEG-Verwalters

Der Verwaltervertrag ist zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und der Verwalterin geschlossen. Träger der Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag sind die jeweiligen Vertragsparteien, also Wohnungseigentümergemeinschaft und Verwalterin. Die Gemeinschaft ist auch Schuldnerin der Sonderleistungen. Die Sondervergütungen werden daher grundsätzlich von der Gemeinschaft geschuldet1.

Soweit die Wohnungseigentümergemeinschaft Zahlung vom Wohnungseigentümer verlangt, bedarf es eines entsprechenden Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 21 Abs. 7 WEG, dass der Wohnungseigentümer diese Kosten tragen soll. Der Beschluss ist nicht deshalb entbehrlich, weil im Verwaltervertrag geregelt ist, daß ein Eigentümer „im Innenverhältnis mit der Vergütung zu belasten“ ist, wenn er eine besondere Leistung verursacht. Diese Wendung betrifft das Innenverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander. Die Regelung aus dem Verwaltervertrag kann die Wohnungseigentümer untereinander nicht binden.

Der Wohnungseigentümer hat der Wohnungseigentümergemeinschaft auch ohne den Verwaltervertrag nach §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB den Verzugsschaden zu ersetzen.

Für die Zahlung des Hausgelds ist die Leistung kalendermäßig bestimmt, so daß nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB eine Mahnung entbehrlich ist.

Als Verzugsschaden sind Mahnkosten grundsätzlich erstattungsfähig2. Die Schadensersatzpflicht wird jedoch begrenzt durch die aus § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB resultierende Schadensminderungspflicht.

Danach sind dem Gläubiger, wenn er selbst mahnt, Kosten von 1 bis 2, 50 Euro zu ersetzen3. Schon eine Pauschale von fünf Euro hält die Rechtsprechung für unzulässig4.

Weiterlesen:
Überlange Verfahrensdauer - Entschädigungsklage oder Amtshaftung?

Läßt der Gläubiger einen Dritten mahnen, erhebt dieser Dritte in der Regel gar keine separaten Mahngebühren, sondern rechnet als Inkassodienstleister nach den Grundsätzen des RVG ab. Einem Hausverwalter wird dagegen nach einer herrschenden Lehre zugebilligt, im Verwaltervertrag separat Mahnkosten für säumige Hausgeldzahler zu vereinbaren5. Dies ist allerdings umstritten, weil nach § 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG schon zu den Grundaufgaben des Verwalters gehört, Lastenbeiträge anzufordern. Deshalb lehnt eine Literaturmeinung ab, daß ein Verwalter überhaupt Mahnkosten verlangen darf6.

Das Amtsgericht folgt der letztgenannten Meinung.

Dies ergibt sich zunächst aus einem systematischen Vergleich der Wohnungseigentümergemeinschaft mit anderen Gläubigern. Der Wohnungseigentümergemeinschaft sind keine weiteren Mahnkosten entstanden. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat sich dafür entschieden, säumige Mitglieder durch die Hausverwaltung mahnen zu lassen. Übernimmt aber eine dritte Person das Inkasso, rechnet diese die Inkassogebühren in Anlehnung an das RVG ab. Das Honorar deckt die gesamte Tätigkeit ab, für einzelne Arbeitsschritte wie die Mahnung kann das Inkassounternehmen keine separate Gebühr verlangen. Es ist kein Grund ersichtlich, Hausverwaltungen und Wohnungseigentumsgemeinschaften gegenüber anderen Gläubigern zu privilegieren. Das Verschulden der Schuldner ist in der Regel gleich und liegt in nicht pünktlicher Zahlung. Verlangt die Verwaltung von der Gemeinschaft ein höheres Honorar, ist dieses zwischen der Verwaltung und der Gemeinschaft auszugleichen. Diese Vereinbarung darf nicht zum Nachteil der Schuldner gereichen. Dies geschieht jedoch. Während der Schuldner grundsätzlich dem Inkassounternehmen keine Mahngebühren erstattet, müßte der Schuldner einer WEG dies tun. Damit stellt es einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter7 dar, wenn die Eigentümergemeinschaft und der Verwalter eine Pauschale für Mahngebühren verlangen und diese dann im Wege des Verzugsschadens auf den Schuldner abwälzen. Auf diesem Wege könnte die Wohnungseigentümergemeinschaft daher allenfalls 2, 50 Euro als angemessene Mahngebühr verlangen.

Weiterlesen:
Anwaltliche Beratung - Werk- oder Dienstvertrag?

Nach dem Wortlaut des § 27 WEG kann aber der Verwalter für die Mahnung keine separate Gebühr verlangen. Sie ist schon im Grundhonorar abgegolten. Das Grundhonorar deckt alle Leistungen des Verwalters ab, die mit der Verwaltertätigkeit typischerweise entstehen und insbesondere die im Gesetz genannten Aufgaben8. Zu den Aufgaben der Verwaltung gehört nach § 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG die Anforderung von Beiträgen. Der Begriff „Anfordern“ setzt dabei eine Tätigkeit voraus. Anders als dem folgenden Begriff „Entgegennahme“ wohnt dem Begriff des „Anforderns“ ein aktives Handeln inne. Der Verwalter ist deshalb nach § 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG nicht nur zur passiven Annahme von Geldern verpflichtet, sondern muß darüber hinaus auch aktiv dafür sorgen, daß die geschuldeten Beiträge gezahlt werden. Würde sich die Aufgabe des Verwalters auf die Kontrolle der eingehenden Gelder beschränken, wäre dem mit dem Wort „Entgegennahme“ Genüge getan. Die Aufzählung im Gesetz (anfordern, entgegennehmen und abführen) beschreibt jedoch den gesamten Vorgang von der Erlangung des Geldes bis hin zur Ausgabe als ein aktives Tun der Verwaltung. Wäre die Mahnung hiervon nicht erfaßt, bliebe für das „Anfordern“ kein nennenswerter Anwendungsbereich mehr.

Hiergegen wird freilich argumentiert, die Mahnkosten entstünden nur durch eine Pflichtverletzung des Schuldners zur pünktlichen Zahlung, so daß der Schuldner letztlich den Grund für den Gebührenanfall setzte9. Dies überzeugt jedoch nicht. Dem Verwalter ist als Treuhänder gerade die Kapitalverwaltung der Gemeinschaft aufgetragen. Die Mahnung säumiger Schuldner ist Teil gerade dieser Kapitalverwaltung. Würde jeder Schuldner ständig pünktlich zahlen, gäbe es überhaupt keinen Arbeitsaufwand, eines Verwalters zur Anforderung von Zahlungen bedürfte es dann nicht. Gerade weil sich die Gemeinschaft nicht darauf verlassen kann, daß jeder Gemeinschafter immer pünktlich zahlt, hat der Gesetzgeber diese Problem aufgegriffen und dem Verwalter die Aufgabe zugewiesen, die fälligen Beträge anzumahnen. Damit gehört die Mahnung zum gesetzlichen Leitbild der Verwaltertätigkeit und ist nicht gesondert zu vergüten.

Weiterlesen:
Pfarrer(selbst)finanzierung durch Stiftungsgelder

Die Gegenansicht beruft sich auf Entscheidungen des OLG und des AG Düsseldorf. Das Oberlandesgericht Düsseldorf10 wie auch das Amtsgericht Düsseldorf11 haben Mahngebühren zwar nicht beanstandet, dies jedoch nicht näher begründet.

Damit kann die Wohnungseigentümergemeinschaft auch keine üblichen 2, 50 € verlangen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat sich dafür entschieden, das Inkasso der Verwaltung zu übertragen. Diese Tätigkeit ist in deren Grundvergütung abgegolten. Damit ist der Wohnungseigentümergemeinschaft kein Schaden entstanden.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann auch keinen Schadensersatz dafür verlangen, daß die Hausverwaltung für gerichtliche Verfahren ein Entgelt ausbedungen hat.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft verlangt Ersatz der Kosten, die der Verwaltung entstanden sind. Diese sollen „ab Mahnbescheid“ entstehen. Eine kausale Tätigkeit der Verwaltung ist nicht dargetan. Den Mahnantrag haben die Prozeßbevollmächtigten der Wohnungseigentümergemeinschaft eingereicht. Die Kosten sind dort entstanden.

Es liegt keine Tätigkeit der Verwaltung „ab Mahnbescheid“ vor, die es rechtfertigen könnte, Gebühren für die Verwaltung zu erheben.

Amtsgericht Reutlingen, Urteil vom 13. Mai 2016 – 11 C 105/16

  1. vgl. Bärmann/Merle/Becker, WEG, Kommentar, 13. Aufl. München 2015, § 26, Rn 169[]
  2. vgl. Palandt, BGB, Kommentar, 74. Auflage München 2015, § 286, Rn 45[]
  3. Palandt a. a. O.[]
  4. vgl. LG Frankenthal, Urteil vom 18.12 2012 – 6 O 281/12 und BGH, Beschluss vom 09.12 2014 – VIII ZR 160/14 – ZNER 2015, 441[]
  5. vgl. Jennißen, WEG Kommentar, 4. Aufl. Köln 2014, § 26, Rn 114[]
  6. Bärmann, WEG Kommentar, 13. Aufl. München 2015, § 26, Rn 167; Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl. Köln 2016, Teil 2, Gliederungsziffer (63), Rn 4[]
  7. der WEG-Schuldner[]
  8. vgl. LG München I, Beschluss vom 08.03.2012 – 36 T 26007/11 – ZMR 2012, 578; Jennißen a. a. O., § 26, Rn 111; Bärmann a. a. O., § 26, Rn 164[]
  9. Jennißen a. a. O., § 26, Rn 114[]
  10. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.10.1998 – 3 Wx 169/98 – NZM 1999, 267[]
  11. AG Düsseldorf, Beschluss vom 11.09.2007 – 290 II 71/07 – NZM 2007, 887[]
Weiterlesen:
Vorlagepflicht an den EuGH - und kein Rechtsmittel bei Nichtvorlage