Bei der Auslegung eines Vollstreckungstitels, der eine Auskunftspflicht tituliert, ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Dieser kann es gebieten, die titulierte Verpflichtung zur Auskunftserteilung über die Herkunft und den Vertriebsweg markenrechtlich nicht erschöpfter Waren dahin auszulegen, dass sie sich nicht auf Waren erstreckt, bezüglich derer der Auskunftspflichtige auch nach zumutbaren Nachforschungen über keine Anhaltspunkte verfügt, dass sie ohne Zustimmung des Markeninhabers in Verkehr gebracht worden sind.

Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, die durch einen Dritten nicht vorgenommen werden kann, so ist, wenn die Handlung ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängt, gemäß § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf Antrag vom Prozessgericht des ersten Rechtszugs zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei.
Bei der durch die einstweilige Verfügung titulierten Verpflichtung der Schuldner, Auskunft zu erteilen, handelt es sich um die Verpflichtung zu einer Handlung, die im Sinne von § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch einen Dritten nicht vorgenommen werden kann und ausschließlich vom Willen der Schuldner abhängt, da die Auskunft nur aufgrund des persönlichen Wissens der Schuldner erteilt werden kann1. Die Schuldner sind daher auf Antrag der Gläubigerin durch Zwangsmittel zur Erteilung der Auskunft anzuhalten, wenn sie ihre Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht bereits mit dem Schreiben vom 10.11.2011 erfüllt haben2. Das ist der Fall, wenn die von ihnen mit diesem Schreiben erteilte Auskunft nicht ernst gemeint, unvollständig oder von vornherein unglaubhaft ist3.
Die von den Schuldnern im vorliegenden Fall erteilte Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der von ihnen im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union unter der Marke „L. “ in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen be- schränkt sich auf Tonerkartuschen, bei denen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie nicht zuvor von der Markeninhaberin oder mit deren Zustimmung im Europäischen Wirt- schaftsraum in Verkehr gebracht worden sind.
Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sind die Schuldner aufgrund der einstweiligen Verfügung nicht verpflichtet, Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der von ihnen im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union unter der Marke „L. “ in Verkehr gebrachten Tonerkar- tuschen zu erteilen, bezüglich derer sie auch nach zumutbaren Nachforschungen über keine Anhaltspunkte verfügen, dass sie nicht von der Markeninhaberin, einem hierzu ermächtigten Lizenznehmer oder einem autorisierten Distributor im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind. Die Schuldner haben ihre Auskunftspflicht bezüglich solcher Tonerkartuschen vielmehr erfüllt, wenn sie der Gläubigerin unter Darlegung ihrer Nachforschungen mitgeteilt haben, über keine derartigen Anhaltspunkte zu verfügen. Die Erfüllung der Auskunftspflicht setzt dann nicht den Nachweis voraus, dass die gelieferten Waren von der Markeninhaberin, einem hierzu ermächtigten Lizenznehmer oder einem autorisierten Distributor im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind.
Das Vollstreckungsgericht hat durch Auslegung des Vollstreckungstitels zu ermitteln, welche Verhaltensweisen dieser erfasst4. Die Auslegung hat vom Tenor der zu vollstreckenden Entscheidung auszugehen; erforderlichenfalls sind ergänzend die Entscheidungsgründe und unter bestimmten Voraussetzungen auch die Antrags- oder Klagebegründung und der Parteivortrag heranzuziehen5.
Umstände, die außerhalb des Titels liegen, sind bei der Auslegung wegen der Formalisierung des Vollstreckungsverfahrens grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Insbesondere ist es ohne Bedeutung, welche sachlichrechtlichen Ansprüche dem Gläubiger zustehen6. Dem Gläubiger ist es verwehrt, im Verfahren der Zwangsvollstreckung allein deshalb Auskünfte zu erzwingen, weil der Schuldner materiellrechtlich zu deren Erteilung verpflichtet ist7. Andererseits ist es aber auch dem Schuldner versagt, die Erfüllung der titulierten Auskunftspflicht mit der Begründung zu verweigern, er sei materiellrechtlich zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet.
Das Prozessgericht, das als zuständiges Vollstreckungsorgan über eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme aus einem Titel entscheidet, den es selbst erlassen hat, kann bei der Auslegung des Titels allerdings sein Wissen aus dem Erkenntnisverfahren mit heranziehen und damit Umstände berücksichtigen, die außerhalb des Titels liegen8. Das kommt insbesondere in Betracht, wenn es sich bei diesem Titel um eine einstweilige Verfügung handelt, die das Prozessgericht durch einen nicht mit einer Begründung versehenen Beschluss erlassen hat, weil in einem solchen Fall zur Auslegung des Tenors keine Entscheidungsgründe herangezogen werden können. Zur Auslegung des Tenors kann das Prozessgericht in einem solchen Fall auf die Begründung des Antrags auf Erlass der einstweiligen Verfügung und auf unstreitiges oder glaubhaft gemachtes Vorbringen der Parteien zurückgreifen.
Für die Auslegung des Vollstreckungstitels durch das Beschwerdegericht, das über die sofortige Beschwerde gegen eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme aus einem Titel entscheidet, den das Prozessgericht des ersten Rechtszugs erlassen hat, gelten diese Grundsätze entsprechend. Dem Beschwerdegericht ist es nicht gestattet, bei der Auslegung des Tenors darauf abzustellen, ob und inwieweit der titulierte Anspruch materiellrechtlich begründet ist. Dagegen ist es ihm unbenommen, zur Auslegung des Tenors außerhalb des Titels liegende Umstände wie das unstreitige Vorbringen der Parteien heranzuziehen.
Nach diesen Maßstäben ist die Auslegung des Tenors der vom Prozessgericht des ersten Rechtszugs erlassenen einstweiligen Verfügung durch das Beschwerdegericht rechtsfehlerhaft, weil das Beschwerdegericht dabei den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht hinreichend berücksichtigt und zu strenge Anforderungen an die titulierte Auskunftspflicht der Schuldner gestellt hat.
Der Wortlaut des Tenors erfasst eindeutig nicht nur Tonerkartuschen eines bestimmten Kartuschentyps und nicht nur die fünf von der Gläubigerin beim Testkauf erworbenen Typen, sondern grundsätzlich sämtliche von den Schuldnern im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union unter der Marke „L. “ in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen. Darüber besteht zwi- schen den Parteien auch kein Streit. Die Parteien streiten allein darüber, wie die einschränkende Formulierung zu verstehen ist, dass diese Tonerkartuschen nicht zuvor von der Markeninhaberin oder mit deren Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum, sondern außerhalb dieses Territoriums in Verkehr gebracht worden sind. Die Gläubigerin ist der Ansicht, aus dieser Formulierung folge, dass die Schuldner auch zur Auskunft über Tonerkartuschen verpflichtet seien, bei denen die Möglichkeit bestehe, dass sie nicht von der Markeninhaberin oder mit deren Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind. Dagegen sind die Schuldner der Auffassung, aus dieser Formulierung ergebe sich, dass sie keine Auskunft über Tonerkartuschen zu erteilen hätten, bei denen sie nach zumutbaren Nachforschungen keine Kenntnis davon erlangt hätten, dass sie nicht von der Markeninhaberin oder mit deren Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind.
Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Schuldner seien der Gläubigerin nach dem Tenor der einstweiligen Verfügung verpflichtet, Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg sämtlicher von ihnen im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union unter der Marke „L. “ in Verkehr ge- brachten Tonerkartuschen zu erteilen, zu denen sie nicht über den Nachweis verfügten, dass sie von der Markeninhaberin oder einem hierzu ermächtigten Lizenznehmer im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden seien9. Diese Annahme hat es mit der Erwägung begründet, im Zwangsvollstreckungsverfahren könne hinsichtlich der Frage, wer die Darlegungs- und Beweislast für die Erschöpfung des Markenrechts trage, nichts anderes gelten als im Erkenntnisverfahren. Zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Erkenntnisverfahren hat das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen der Schutzschranke der Erschöpfung nach Art. 13 Abs. 1 GMV nach den allgemeinen Regeln von demjenigen darzulegen und zu beweisen sind, der wegen einer Markenverletzung in Anspruch genommen wird. Ihm obliegt es daher, darzulegen und zu beweisen, dass die mit der Marke gekennzeichneten Waren vom Inhaber der Gemeinschaftsmarke oder mit seiner Zustimmung in der Europäischen Union in Verkehr gebracht worden sind.
Das Beschwerdegericht hat weiter mit Recht angenommen, dass eine Modifizierung der allgemeinen Beweisregel zur Gewährleistung des freien Warenverkehrs nach Art. 34 und 36 AEUV geboten ist, wenn ihre Anwendung es einem Markeninhaber ermöglichen könnte, die nationalen Märkte abzuschotten und damit die Beibehaltung von etwaigen Preisunterschieden zwischen den Mitgliedstaaten zu begünstigen. Danach obliegt – abweichend von der allgemeinen Beweisregel – dem Markeninhaber der Nachweis, dass die Waren ursprünglich von ihm oder mit seiner Zustimmung nur außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums in Verkehr gebracht worden sind, wenn der von ihm wegen einer Markenverletzung in Anspruch genommene Dritte nachweisen kann, dass die tatsächliche Gefahr einer Abschottung der nationalen Märkte besteht, falls er den Beweis der Erschöpfung zu erbringen hat. Die Gefahr einer Abschottung der nationalen Märkte kann bestehen, wenn ein Markeninhaber seine Waren über ein ausschließliches Vertriebssystem absetzt. Müsste in einem solchen Fall der wegen Markenverletzung in Anspruch genommene Dritte seine Bezugsquelle offenlegen, könnte der Markeninhaber auf seine Vertragshändler mit dem Ziel einwirken, derartige Lieferungen künftig zu unterlassen. Die Gefahr einer Marktabschottung kann aber auch bei anderen Vertriebssystemen wie selektiven Vertriebssystemen auftreten, wenn es den ausgewählten Vertriebspartnern vertraglich untersagt ist, ihre Produkte an Zwischenhändler außerhalb des Vertriebssystems zu verkaufen10.
Das Beschwerdegericht hat angenommen, im vorliegenden Fall bestehe kein Anhalt für eine tatsächliche Gefahr der Abschottung der nationalen Märkte.
Die Schuldner hätten selbst vorgetragen, dass es eine Vielzahl von Händlern gebe, die zwar nicht Vertragspartner der Gläubigerin seien, aber in rechtlich einwandfreier Art und Weise „L. „-Produkte verkauften; es handele sich demnach um einen ganz normalen freien Markt. Danach trügen die Schuldner die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die von ihnen mit der Marke „L. “ in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen von der Markeninhaberin oder mit deren Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in Ver- kehr gebracht worden seien. Daraus folge, dass die Schuldner aufgrund der titulierten Verpflichtung Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg sämtlicher von ihnen unter der Marke „L. “ in der Europäischen Union in Ver- kehr gebrachten Tonerkartuschen zu erteilen hätten, es sei denn, sie legten dar und wiesen nach, dass diese Kartuschen von der Markeninhaberin oder mit deren Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden seien.
Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, das Beschwerdegericht habe mit seiner Erwägung, im Zwangsvollstreckungsverfahren könne hinsichtlich der Frage, wer die Darlegungs- und Beweislast für die Erschöpfung des Markenrechts trage, nichts anderes gelten als im Erkenntnisverfahren, gegen den Grundsatz verstoßen, dass die Prüfung der materiellrechtlichen Frage, welchen Umfang der aus einer bestimmten Verletzungshandlung hergeleitete Auskunftsanspruch hat, nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden dürfe. Das Beschwerdegericht konnte die Grundsätze, die im Erkenntnisverfahren hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast für die Erschöpfung des Markenrechts gelten, ohne Rechtsfehler zur Auslegung des Vollstreckungstitels und Bestimmung des Umfangs des titulierten Auskunftsanspruchs heranziehen. Den außerhalb des Titels liegenden Umstand, dass kein Anhalt für eine tatsächliche Gefahr der Abschottung der nationalen Märkte besteht, durfte das Beschwerdegericht berücksichtigen, weil er sich aus dem unstreitigen Vorbringen der Parteien im Erkenntnisverfahren ergab.
Die Rechtsbeschwerde macht jedoch mit Recht geltend, die Annahme des Beschwerdegerichts, die Schuldner müssten Auskunft über sämtliche Lieferungen von mit der Marke „L. “ gekennzeichneten Waren erteilen, für die sie nicht über den Nachweis der Erschöpfung verfügten, überdehne die vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Parfümtestkäufe“ bestimmte Reichweite des Auskunftsanspruchs und führe zu einer die Schuldner unverhältnismäßig belastenden Auskunftspflicht.
Der BGH-Entscheidung „Parfümtestkäufe“11 lag eine Fallgestaltung zugrunde, bei der die tatsächliche Gefahr einer künstlichen Abschottung der nationalen Märkte bestand. Die Markeninhaberin hatte in jenem Rechtsstreit dem berechtigten Interesse der beiden Beklagten, nicht sämtliche Bezugsquellen offenlegen zu müssen, dadurch Rechnung getragen, dass sie ihr Auskunftsbegehren ausdrücklich auf Waren beschränkt hatte, die nicht von ihr oder mit ihrer Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden waren. Der Bundesgerichtshof hat ausgeführt, die Beklagten genügten dieser Auskunftspflicht schon dann, wenn sie sich – in näher bezeichnetem Umfang – um Aufklärung bemühten. Dabei könnten die zumutbaren Nachforschungen auch zu einer negativen Erklärung des Inhalts führen, weitere Lieferanten oder Abnehmer nicht erschöpfter Waren nicht zu kennen. Dagegen müssten die Beklagten keine Auskunft über Lieferanten erteilen, bei denen sie auch nach zumutbaren Nachforschungen keine Kenntnis davon erlangt hätten, dass diese nicht erschöpfte Waren geliefert hätten12.
Im Streitfall besteht zwar nicht die tatsächliche Gefahr einer künstlichen Abschottung der nationalen Märkte. Die titulierte Auskunftspflicht der Schuldner erstreckt sich dessen ungeachtet aus Gründen der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich nicht auf die Erteilung einer Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der von ihnen unter der Marke „L. “ in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen, zu denen sie auch nach zumutbaren Nachforschungen über keine Anhaltspunkte verfügen, dass sie nicht von der Markeninhaberin, einem hierzu ermächtigten Lizenznehmer oder einem autorisierten Distributor im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind.
Der Anspruch des Inhabers einer Gemeinschaftsmarke gegen den Verletzer nach Art. 102 Abs. 2 GMV, § 125b Nr. 2, § 19 Abs. 1 MarkenG auf Auskunftserteilung über die Herkunft und den Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Waren, der auch den hier in Rede stehenden Vertrieb nicht erschöpfter Originalware erfasst13, ist gemäß § 19 Abs. 4 MarkenG ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Der auch in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums niedergelegte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet im vorliegenden Fall eine Abwägung zwischen dem durch das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf (Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) und das Recht des geistigen Eigentums (Art. 17 Abs. 2 der Charta) geschützten Interesse der Gläubigerin als Markeninhaberin an der Erlangung der Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg rechtsverletzender Waren einerseits und dem durch das Recht auf unternehmerische Freiheit (Art. 16 der Charta) und das Recht des Eigentums (Art. 17 Abs. 1 der Charta) geschützten Recht der Schuldner als Auskunftspflichtigen an der Wahrung ihrer Berufs- und Geschäftsgeheimnisse andererseits14.
Bei dieser Abwägung ist zu berücksichtigen, dass der aus der Markenverletzung folgende Auskunftsanspruch zeitlich nicht durch die von der Gläubigerin nachgewiesene erste Verletzungshandlung begrenzt ist15. Für die Schuldner kann die Aufklärung, ob und inwieweit sie bereits vor der nachgewiesenen ersten Verletzungshandlung Waren in Verkehr gebracht haben, die ohne Zustimmung der Markeninhaberin unter der Marke „L. “ in Verkehr gebracht worden sind, im Hinblick auf den Zeitablauf besondere Schwierigkeiten bereiten. Das Beschwerdegericht hat nicht geprüft, ob es im Streitfall unverhältnismäßig ist, von den Schuldnern zur Erfüllung der Auskunftspflicht unterschiedslos die Auskunftserteilung über sämtliche von ihnen jemals unter der Marke „L. “ in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen zu verlangen, bezüglich derer sie nicht über den Nachweis verfügen, dass sie von der Markeninhaberin, einem hierzu ermächtigten Lizenznehmer oder einem autorisierten Distributor im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind.
Bei der Abwägung der betroffenen Interessen ist ferner zu berücksichtigen, dass die Schuldner wegen des Inverkehrbringens von mit der Marke „L. “ gekennzeichneten Tonerkartuschen zur Auskunftserteilung verpflich- tet worden sind, die zwar nicht mit Zustimmung der Markeninhaberin im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht, aber von der Markeninhaberin hergestellt worden sind. Da die Schuldner die mit der Marke versehene Originalware von im Europäischen Wirtschaftsraum ansässigen Lieferanten bezogen haben, mussten sie nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass die Markeninhaberin einem Inverkehrbringen der Waren im Europäischen Wirtschaftsraum nicht zugestimmt hat und das Recht aus der Marke daher nicht erschöpft ist. Darüber hinaus sind die Interessen der Markeninhaberin weniger stark beeinträchtigt, wenn unter der Marke ohne seine Zustimmung – wie hier – keine Produktfälschungen, sondern Originalmarkenwaren vertrieben worden sind16.
Die Schuldner haben unter diesen Umständen ihre durch die einstweiligen Verfügung titulierte Auskunftspflicht bereits durch die Erklärung erfüllt, keine Kenntnis von weiteren Lieferungen nicht erschöpfter Waren zu haben, wenn sie konkret darlegen und soweit erforderlich beweisen, dass sie ohne Erfolg alle zumutbaren Nachforschungen angestellt haben, um festzustellen, ob die von ihnen im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union unter der Marke „L. “ in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen nicht von der Markenin- haberin, einem hierzu ermächtigten Lizenznehmer oder einem autorisierten Distributor im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind. Anderenfalls sind die Schuldner zur uneingeschränkten Auskunftserteilung über die Herkunft und den Vertriebsweg der von ihnen im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union unter der Marke „L. “ in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen verpflichtet. Eine solche Auskunftserteilung ist dann unter Abwägung der betroffenen Interessen im Blick auf die ungenügenden Nachforschungen der Schuldner nicht unverhältnismäßig.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 5. März 2015 – I ZB 74/14
- vgl. BGH, Beschluss vom 03.07.2008 – I ZB 87/06, NJW 2008, 2919 Rn. 8[↩]
- zur Berücksichtigung des Erfüllungseinwands im Zwangsvollstreckungsverfahren nach §§ 887, 888 ZPO vgl. BGH, Beschluss vom 06.06.2013 – I ZB 56/12, NJW-RR 2013, 1336 Rn. 9 und 10, mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 24.03.1994 – I ZR 42/93, BGHZ 125, 322, 326 – Cartier-Armreif; Urteil vom 17.05.2001 – I ZR 291/98, BGHZ 148, 26, 36 – Entfernung der Herstellungsnummer II[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 30.01.2014 – I ZR 19/13, GRUR 2014, 794 Rn. 12 = WRP 2014, 1322 – Gebundener Versicherungsvermittler, mwN[↩]
- BGH, Beschluss vom 06.02.2013 – I ZB 79/11, GRUR 2013, 1071 Rn. 14 = WRP 2013, 1485 Umsatzangaben; Beschluss vom 25.02.2014 – X ZB 2/13, GRUR 2014, 605 Rn. 18 – Flexitanks II[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 26.11.2009 – VII ZB 42/08, NJW 2010, 2137 Rn. 11[↩]
- BGH, GRUR 2014, 605 Rn. 18 – Flexitanks II[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 23.10.2003 – I ZB 45/02, BGHZ 156, 335, 339 Euro-Einführungsrabatt; BGH, NJW 2010, 2137 Rn. 12[↩]
- OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.06.2014 – I20 W 133/12[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 15.03.2012 – I ZR 52/10, GRUR 2012, 626 Rn. 30 f. = WRP 2012, 81 – CONVERSE I; Urteil vom 15.03.2012 – I ZR 137/10, GRUR 2012, 630 Rn. 29 f. = WRP 2012, 824 – CONVERSE II, jeweils mwN[↩]
- BGH, Urteil vom 23.02.2006 – I ZR 27/03, BGHZ 166, 233[↩]
- vgl. BGHZ 166, 233 Rn. 40 – Parfümtestkäufe[↩]
- vgl. BGHZ 166, 233 Rn. 33 – Parfümtestkäufe[↩]
- zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vgl. BGHZ 166, 233 Rn. 39 – Parfümtestkäufe; zur Abwägung mit dem Recht auf den Schutz personenbezogener Daten nach Art. 8 der Charta vgl. BGH, Beschluss vom 17.10.2013 – I ZR 51/12, GRUR 2013, 1237 Rn. 25 = WRP 2013, 1611 Davidoff Hot Water[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 19.07.2007 – I ZR 93/04, BGHZ 173, 269 Rn. 24 und 25 – Windsor Estate[↩]
- vgl. BGHZ 166, 233 Rn. 40 – Parfümtestkäufe; zu den Begriffen Originalmarkenware und Produktfälschung vgl. BGH, GRUR 2012, 626 Rn. 21 – CONVERSE I[↩]