Mieterschutz durch unwirksame Vermieter-AGBs

Ist der Vermieter nach den von ihm gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur fristlosen Kündigung eines Gewerberaummietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs nur nach vorheriger Mahnung berechtigt, darf sich der Mieter auf die Einhaltung dieser Voraussetzung auch dann verlassen, wenn die Klausel einer Inhaltskontrolle deshalb nicht standhält, weil sie den Mieter im Übrigen (kein Verschuldenserfordernis, Rückstand mit nur einer Monatsmiete) unangemessen benachteiligt.

Mieterschutz durch unwirksame Vermieter-AGBs

In dem hier vom Oberlandesgericht Celle entschiedenen Fall haben die Parteien in § 3 Nr. 3 des Pachtvertrags die Voraussetzungen, nach denen eine außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses durch den Verpächter möglich sein sollte, vertraglich geregelt. In dieser vertraglichen Regelung ist eine abschließende Vereinbarung der Parteien über die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses nebst Vereinbarung von verschiedenen Kündigungstatbeständen zu sehen. Die Aufzählung dieser Kündigungstatbestände hat dabei abschließenden Charakter, da weder ausdrücklich noch mittelbar (z.B. durch das Wort „insbesondere“) auf etwaige daneben zusätzlich geltende gesetzliche Kündigungstatbestände, wie § 543 Abs. 2 BGB, Bezug genommen wurde.

Die Regelung des § 3 Nr. 3 a) des Pachtvertrags verdrängt damit die gesetzliche Norm des § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) und b) BGB über eine außerordentliche fristlose Kündigung bei Zahlungsverzug. Danach bedarf es als Voraussetzung einer wirksamen Kündigung neben dem (einmonatigen) Zahlungsrückstand vorab einer Mahnung hinsichtlich des Zahlungsrückstandes.

Da der Kläger die Klausel in § 3 Nr. 3 a) des Pachtvertrags als Verwender gestellt hat, müsste er überdies nach § 305 c Abs. 2 BGB bereits eine Unklarheit bezüglich der Frage des abschließenden Charakters der Aufzählung in § 3 Nr. 3 des Vertrags gegen sich geltend lassen.

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Die nach § 3 Nr. 3 a) des Pachtvertrags erforderliche Mahnung vor einer außerordentlichen Kündigung ist unstreitig nicht erfolgt, so dass die Kündigungsvoraussetzungen bei Kündigung am 7.02.2013 nicht gegeben waren. Eine Mahnung nebst erneuter Kündigung ist auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht nachgeholt worden. Insoweit genügte Verzug mit der Pachtzinszahlung – welcher unstreitig vorlag – als Kündigungsvoraussetzung nicht, wenn die Parteien vereinbart haben, dass der Kündigung eine formelle schriftliche Zahlungsaufforderung voranzugehen hat1.

Der Kläger dürfte an die Regelung des § 3 Nr. 3 des Pachtvertrags auch dann gebunden sein, wenn es sich bei der Regelung bezüglich des Kündigungsrechts bei Zahlungsverzug bereits bei einem Rückstand von einer Monatsmiete (oder weniger) um eine unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung handeln sollte.

Nach § 3 Nr. 3 a) des Pachtvertrags ist der Verpächter zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, wenn der Pächter mit der Zahlung mindestens einer Pachtzinsrate ganz oder teilweise länger als einen Monat nach Mahnung im Rückstand ist. Diese Klausel dürfte nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sein, da sie den Pächter unangemessen benachteiligt. Die Klausel weicht von dem gesetzlichen Leitbild des § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) und b)) BGB dahingehend ab, dass sie die fristlose Kündigung bereits ermöglicht, wenn nur eine Pachtzinsrate Rückstand gegeben ist, und zwar auch dann, wenn der Rückstand nur teilweise oder nur unerheblich ist; auch lässt sie den unverschuldeten Zahlungsrückstand genügen. Damit steht die Klausel im Gegensatz zu dem Zweck der Regelung des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB dem Schutz des Mieters/Pächters vor fristloser Vertragsbeendigung bei nur geringfügigen oder ganz kurzfristigen Zahlungsrückstand, so dass die Klausel als unangemessen anzusehen ist. Dies wird auch nicht dadurch ausgeglichen, dass die Klausel andererseits die fristlose Kündigung des Verpächters an gegenüber § 543 Abs. 2 BGB erschwerte Voraussetzungen, nämlich eine Mahnung, knüpft2.

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Der Kläger dürfe sich aber an dem von ihm selbst durch den Formularvertrag eingeführten geregelten Verfahren für die außerordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs festhalten lassen müssen, obwohl die Klausel unwirksam ist und damit das Gesetz an seine Stelle tritt. Der Beklagte durfte sich auf die Einhaltung dieses Verfahrens, das seinem Schutz dient, nach § 242 BGB verlassen3.

Dies dürfte erst Recht gelten, wenn es sich um eine Individualvereinbarung zwischen den Parteien handeln sollte.

Oberlandesgericht Celle – Beschluss vom 21. November2013 – 2 U 179/13

  1. vgl. BGH WM 1972, 1250-1251; Bub/Treier a.a.O.; Staudinger/Emmerich, II § 535-562, 2000, § 543 Rn. 55[]
  2. vgl. BGH NJW 1987, 2506 – 2508[]
  3. BGH a.a.O. m.w.N.; AG Oberndorf WuM 1991, 44; Bub/Treier/Grapentin, 3. Aufl., IV Rn. 177 a.E.[]

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