Mit dem Kopf durch die Wand – aber bitte ohne Notanwalt

Die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Notanwalts sind nicht erfüllt, wenn die Beiordnung allein zu dem Zweck erfolgen soll, das eingelegte Rechtsmittel entgegen dem Rat des Prozessbevollmächtigten durchzuführen und hierbei die rechtlichen Überlegungen der Partei zur Grundlage eines Begründungsschriftsatzes zu machen.

Mit dem Kopf durch die Wand – aber  bitte  ohne Notanwalt

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatte der Beklagte rechtzeitig innerhalb der Rechtsmittelbegründungsfrist den Beiordnungsantrag gestellt und nachgewiesen, dass es ihm trotz zumutbarer Anstrengungen nicht gelungen ist, einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt zu finden. Dennoch konnte mit dem vom Beklagten angestrebten Ziel, die von seinem bisherigen Rechtsanwalt für nicht erfolgversprechend erachtete Nichtzulassungsbeschwerde durchzuführen, die Beiordnung eines Notanwalts nach § 78b Abs. 1 ZPO nicht gerechtfertigt werden:

Die Nichtzulassungsbeschwerde darf nach den gesetzlichen Vorschriften nur durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt begründet werden; er trägt die Verantwortung für ihre Fassung. Die Beiordnung eines postulationsfähigen Rechtsanwalts allein zu dem Zweck, das eingelegte Rechtsmittel entgegen dem Rat des Prozessbevollmächtigten durchzuführen und hierbei die rechtlichen Überlegungen der Partei zur Grundlage eines Begründungsschriftsatzes zu machen, liefe dem Sinn und Zweck des Anwaltszwangs zuwider, der darin besteht, die Rechtspflege durch eine leistungsfähige Anwaltschaft zu stärken, die Rechtsuchenden kompetent zu beraten und die Gerichte von unzulässigen oder aussichtslosen Rechtsmitteln zu entlasten. Auch stünde eine solche Beiordnung i m Widerspruch zur Eigenverantwortung des Rechtsanwalts1. Scheitert mithin die Einreichung einer Nichtzulassungsbeschwerdebegründung daran, dass der ursprünglich beauftragte, postulationsfähige Rechtsanwalt nach Prüfung der Sachund Rechtslage nicht bereit ist, den rechtlichen Überlegungen der Partei zu folgen und diese Überlegungen zur Grundlage eines Begründungsschriftsatzes zu m achen, rechtfertigt dies für sich genommen nicht die Beiordnung eines Notanwalts2.

Weiterlesen:
Der Fristenschriftsatz und die Telefaxnummer aus der Akte

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. Oktober 2019 – IV ZR 138/19

  1. vgl. BGH, Beschlüsse vom 10.10.2018 – IV ZR 161/18 4; vom 15.11.2017 – IV ZR 131/17 5 m.w.N.; BGH, Beschlüsse vom 18.12 2012 – VIII ZR 239/12, NJW 2013, 1011 Rn. 4; vom 20.11.2012 – VIII ZR 175/12 2; vom 20.06.2006 – VI ZR 255/05, VersR 2007, 132 Rn. 3; vom 22.11.1994 – XI ZR 96/94, NJW 1995, 537 2][]
  2. BGH, Beschlüsse vom 10.10.2018 aaO; vom 15.11.2017 aaO[]

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