Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein schutzwürdiges rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung zu bejahen, wenn einem subjektiven Recht des Klägers eine gegenwärtige Gefahr oder Ungewissheit droht und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. Eine solche Gefahr ist im Falle einer negativen Feststellungsklage jedenfalls dann zu bejahen, wenn sich der Beklagte eines Anspruchs gegen den Kläger berühmt1.

Gemäß § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage unter anderem auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein schutzwürdiges rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung zu bejahen, wenn einem subjektiven Recht des Klägers eine gegenwärtige Gefahr oder Ungewissheit droht und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. Eine solche Gefahr ist im Falle einer negativen Feststellungsklage jedenfalls dann zu bejahen, wenn sich der Beklagte eines Anspruchs gegen den Kläger berühmt2.
Diese Voraussetzung liegt in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall vor. Das in der Vorinstanz tätige Oberlandesgericht Frankfurt am Main3 hat zu Recht angenommen, dass diese die Klägerin unter Fristsetzung zur Zahlung von Verzugszinsen entsprechend der Aufstellung vom 05.04.2017 aufgefordert und sich damit mehrerer Ansprüche auf Zahlung von Verzugszinsen berühmt hat. Daran ändert auch nichts, dass die Beklagte in den Tatsacheninstanzen eingewandt hat, es handele sich bei der Aufstellung um eine Momentaufnahme, die von ihr aufgrund später erfolgter Einigungen der Parteien über Nachtragsforderungen laufend angepasst und korrigiert werde. Denn die Beklagte hat die darin aufgelisteten Zinsforderungen nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht nachträglich fallen gelassen, sondern auf der Bezahlung der in Rechnung gestellten Zinsforderungen beharrt.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist das Vorliegen eines Feststellungsinteresses gemäß § 256 Abs. 1 ZPO für eine negative Feststellungsklage nicht zusätzlich davon abhängig, dass eine stattgebende Entscheidung hinsichtlich des Feststellungsantrags den zwischen den Parteien bestehenden Streit insgesamt beendet. Maßgeblicher Bezugspunkt für das rechtliche Interesse des Klägers im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO ist das Rechtsverhältnis, das Gegenstand des Feststellungsbegehrens ist. Im vorliegenden Fall geht es der Klägerin um die Feststellung, nicht zur Zahlung von Verzugszinsen entsprechend der Forderungsaufstellung im Schreiben vom 05.04.2017 verpflichtet zu sein. Der Umstand, dass die Entscheidung über die negative Feststellungsklage rechtlich davon abhängig ist, ob die zugrundeliegenden Abschlagsforderungen berechtigt sind oder nicht, rechtfertigt nicht die Annahme, das rechtliche Interesse der Klägerin sei darauf gerichtet, die Begründetheit der von der Beklagten gestellten und den Zinsforderungen zugrundeliegenden Abschlagsrechnungen zur Überprüfung zu stellen. Insoweit handelt es sich bei den Ansprüchen auf Abschlagszahlungen um eigene Rechtsverhältnisse, die ebenfalls Gegenstand einer von der Klägerin zu erhebenden negativen Feststellungsklage sein könnten. Dem Begehren der Klägerin auf Feststellung des Nichtbestehens von geltend gemachten Zinsansprüchen kann dagegen nicht der Sinn beigelegt werden, es gehe eigentlich um die zugrundeliegenden Hauptforderungen. Die Erwägungen des Berufungsgerichts, mit der vorliegenden Feststellungsklage könne der Streit der Parteien nicht abschließend entschieden werden, weil die Beurteilung hinsichtlich der Berechtigung der zugrundeliegenden Abschlagsforderungen nicht in Rechtskraft erwachse und über die Abschlagsforderungen daher abermals mit demselben prozessualen Aufwand prozessiert werden müsse, verfehlen daher den maßgeblichen Gesichtspunkt.
Soweit die Beklagte für ihre Auffassung, die Rechtskraft der Entscheidung über die negative Feststellungsklage müsse weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen, zahlreiche höchstrichterliche Entscheidungen anführt4, betreffen diese ganz überwiegend die Frage, wann ein Feststellungsinteresse für eine positive Feststellungsklage zu bejahen ist. Darum geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht.
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.02.20205 betrifft eine Klage auf Feststellung, dass der Vertrag nicht durch eine näher bezeichnete Kündigung beendet worden ist. Dies ist mit der vorliegenden Fallgestaltung nicht vergleichbar. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.02.20186 betrifft zwar einen negativ gefassten Feststellungsantrag. Letztlich geht es aber auch dort um die (positive) Feststellung, dass auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis bestimmte Regelungen – hier einer Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeitgestaltung – keine Anwendung finden, und damit ebenfalls nicht um die – hier in Rede stehende – Feststellung, dass ein konkreter Anspruch, dessen sich der Prozessgegner berühmt, nicht besteht.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar, § 561 ZPO.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es sei nicht zu vertiefen, dass der Klageantrag hinsichtlich des Teils „und im Zusammenhang mit“ auch als zu unbestimmt anzusehen sei. Soweit das Berufungsgericht davon ausgeht, der Klageantrag sei aus diesem Grund jedenfalls teilweise als unzulässig abzuweisen, rügt die Revision mit Recht, dass das Berufungsgericht gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO verpflichtet war, die Klägerin auf Bedenken zur Unzulässigkeit des Klageantrags in dieser Hinsicht hinzuweisen und auf eine sachdienliche Antragstellung hinzuwirken, und die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensfehler beruht.
Gerichtliche Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör. Das Gericht hat nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO insbesondere dahin zu wirken, dass die Parteien sachdienliche Anträge stellen. Das rechtliche Gehör vor Gericht zum Streitgegenstand einer Klage bezieht sich danach nicht allein auf den Sachverhalt und seinen Vortrag, sondern ebenso auf die sachdienliche Fassung der Klageanträge, mit denen eine Partei vor Gericht verhandelt7. Will das Berufungsgericht einem solchen Antrag abweichend von einer naheliegenden Auslegung eine engere Bedeutung beimessen, die zur Klageabweisung führt, so muss es die Partei auf die beabsichtigte Auslegung ihres Klageantrages hin- weisen. Die betroffene Partei muss Gelegenheit erhalten, ihren Sachantrag klarzustellen und gegebenenfalls den Bedenken des Gerichts anzupassen8.
Der nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO gebotene Hinweis ist in diesem Fall nicht deshalb entbehrlich gewesen, weil die betroffene Partei von der Gegenseite die nötige Unterrichtung erhalten hat9. Die ergänzende Formulierung „und im Zusammenhang mit“ deutet bei objektivem Verständnis nicht zwingend auf eine Erweiterung der Feststellung in Bezug auf außerhalb der Aufstellung im Schreiben vom 05.04.2017 liegende weitere Forderungen der Beklagten hin. Ohne einen entsprechenden Hinweis des Berufungsgerichts gegenüber der Klägerin, dass es dieser Formulierung im Klageantrag eine eigenständige Bedeutung beimessen wolle und diesen daher teilweise für nicht hinreichend bestimmt halte, musste die Klägerin ihren Feststellungsantrag im Hinblick auf die beanstandete Formulierung nicht abändern.
Der Einwand der Beklagten, der Klageantrag sei auch deswegen zu unbestimmt, weil nicht ersichtlich sei, welche Forderungen Gegenstand des anderweit beim Landgericht Wiesbaden anhängigen Rechtsstreits zwischen den Parteien gewesen und daher von dem gestellten Feststellungsbegehren ausgenommen seien, greift ebenfalls nicht durch. Aus dem Klagevorbringen, das zur Auslegung des Klageantrags mit heranzuziehen ist10, ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass lediglich die Position Nr. 6 der Abrechnung vom 05.04.2017 hinsichtlich eines Teilbetrags in Höhe von 299.961,86 € des dort genannten Forderungsbetrags in Höhe von 504.778,49 € von der begehrten Feststellung ausgenommen worden ist.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 22. Juli 2021 – VII ZR 113/20
- vgl. BGH, Urteil vom 12.03.2020 – I ZR 126/18, BGHZ 225, 59; Urteil vom 09.05.2019 – VII ZR 154/18, BauR 2019, 1648 = NZBau 2019, 572[↩]
- st. Rspr.: BGH, Urteil vom 12.03.2020 – I ZR 126/18 Rn. 96, BGHZ 225, 59; Urteil vom 09.05.2019 – VII ZR 154/18 Rn. 30, BauR 2019, 1648 = NZBau 2019, 572; Urteil vom 02.03.2017 – I ZR 45/16 Rn. 13, GRUR 2017, 894; Urteil vom 12.07.2011 – X ZR 56/09 Rn. 15, WRP 2011, 1628; Urteil vom 13.01.2010 – VIII ZR 351/08 Rn. 12, 19, NJW 2010, 1877; Urteil vom 22.03.1995 – XII ZR 20/94, NJW 1995, 2032 9, jeweils m.w.N.[↩]
- OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 15.06.2020 – 29 U 81/19[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 12.07.2006 – IV ZR 173/05 Rn. 10, NJW-RR 2006, 1620; Urteil vom 08.02.2006 – IV ZR 131/05 Rn. 14, NJW-RR 2006, 678; Urteil vom 07.07.1994 – I ZR 63/92, BGHZ 126, 368 28; Urteil vom 23.09.1987 – IVa ZR 59/86, NJW 1988, 774 11; BAG, Urteil vom 26.08.2020 – 7 AZR 345/18 Rn. 21, NZA-RR 2021, 206; Urteil vom 16.07.2020 – 6 AZR 321/19 Rn. 16, ZTR 2020, 696; Urteil vom 13.02.2020 – 6 AZR 208/19 Rn. 24, NZA 2020, 1108 – Parallelentscheidung zu 6 AZR 146/19, BAGE 169, 362; Urteil vom 03.12.2019 – 9 AZR 54/19 Rn. 12, NJW 2020, 1613; Urteil vom 07.02.2019 – 6 AZR 84/18 Rn. 15, NJW 2019, 1833; Urteil vom 20.02.2018 – 1 AZR 361/16 Rn. 9, NJW 2018, 1629; Urteil vom 27.08.2014 – 4 AZR 518/12 Rn. 15, NZA-RR 2015, 211 und BGH, Urteil vom 12.07.2006 – VIII ZR 235/04 Rn. 16, NJW-RR 2006, 1485[↩]
- BAG, Urteil vom 13.02.2020 – 6 AZR 208/19 Rn. 24, NZA 2020, 1108 – Parallelentscheidung zu 6 AZR 146/19, BAGE 169, 362[↩]
- BAG, Urteil vom 20.02.2018 – 1 AZR 361/16 Rn. 9, NJW 2018, 1629[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 23.04.2009 – IX ZR 95/06 Rn. 5, NJW-RR 2010, 70[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 10.03.2016 – VII ZR 47/13 Rn. 11, BauR 2016, 1211 = NZBau 2016, 431; Beschluss vom 06.07.2010 – VI ZR 177/09 Rn. 3, NJW-RR 2010, 1363[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 23.04.2009 – IX ZR 95/06 Rn. 6, NJW-RR 2010, 70[↩]
- st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 18.06.2019 – XI ZR 768/17 Rn.19, BGHZ 222, 240; Urteil vom 02.03.2017 – I ZR 41/16 Rn. 11, NJW-RR 2017, 1190[↩]