Parkett in der Eigentumswohnung – und der Schallschutz

Wird der in einer Eigentumswohnung vorhandene Bodenbelag (hier: Teppichboden) durch einen anderen (hier: Parkett) ersetzt, richtet sich der zu gewährende Schallschutz grundsätzlich nach der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Ausgabe der DIN 4109; ein höheres einzuhaltendes Schallschutzniveau kann sich zwar aus der Gemeinschaftsordnung ergeben, nicht aber aus einem besonderen Gepräge der Wohnanlage. Seine entgegenstehende Rechtsprechung1 hat der Bundesgerichtshof aufgegeben.

Parkett in der Eigentumswohnung – und der Schallschutz

Rechtlicher Maßstab für die zwischen den Wohnungseigentümern hinsichtlich des Schallschutzes bestehenden Pflichten ist § 14 Nr. 1 WEG. Danach ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen – wozu nach allgemeiner Auffassung auch der Oberbodenbelag gehört2 – nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Ein in diesem Sinne nachteilig betroffener Wohnungseigentümer kann sowohl nach § 15 Abs. 3 WEG als auch nach § 1004 Abs. 1 BGB die Unterlassung oder Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen3. Ob ein Nachteil vorliegt, überprüft das Revisionsgericht nur im Hinblick darauf, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff zutreffend erfasst und ausgelegt, alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt sowie die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet hat4.

Wird ein vorhandener Bodenbelag durch einen anderen ersetzt und dabei – wie hier – nicht in den unter dem Belag befindlichen Estrich und die Geschoßdecke eingegriffen, richtet sich der zu gewährende Schallschutz grundsätzlich nach der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Ausgabe der DIN 4109, hier also der von dem Berufungsgericht herangezogenen Ausgabe von 19625. Dem Umstand, dass in der Wohnung des den Bodenbelag ändernden Wohnungseigentümers über einen langen Zeitraum ein Teppichboden mit einem höheren Schallschutz verlegt war, hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 01.06.2012 für den künftig einzuhaltenden Schallschutz keine Bedeutung beigemessen; einen allgemeinen Anspruch auf Beibehaltung eines vorhandenen Trittschallschutzes hat er verneint6. Dem lag eine Fallkonstellation zugrunde, bei der erst zu einem Zeitpunkt nach Errichtung des Gebäudes Teppichboden verlegt wurde und der nach Änderung dieses Bodenbelags erzeugte Luftschall die Werte der maßgeblichen DIN 4109 in der Ausgabe von 1962 nur geringfügig überstieg.

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Da im vorliegenden Fall die Werte der DIN 4109 in der Ausgabe von 1962 auch nach der Änderung des Bodenbelags eingehalten werden, ist entscheidend, ob besondere Umstände das einzuhaltende Schallschutzniveau erhöhen. Dies verneint der Bundesgerichtshof:

Ein höheres Schallschutzniveau kann sich daraus ergeben, dass die Gemeinschaftsordnung (hinreichend bestimmte) Regelungen zum Schallschutz vorsieht, die über den Mindeststandard hinausgehen7. Daran fehlt es hier. Insbesondere ist die Baubeschreibung, der das Berufungsgericht erhöhte Schallschutzanforderungen entnimmt, nicht Teil der Gemeinschaftsordnung. Sie betrifft vielmehr die zwischen dem Bauträger und den Ersterwerbern geschlossenen Erwerbsverträge und legt die insoweit geschuldeten Leistungen fest. Ob solche Vertragsbestandteile zugleich Gegenstand einer stillschweigenden Vereinbarung der Wohnungseigentümer werden können – was einen entsprechenden Rechtsbindungswillen voraussetzte8 , kann dahinstehen. Denn jedenfalls die Beklagten, die ihr Wohnungserbbaurecht erst 2006 erworben haben, müssten sich eine solche aus dem Grundbuch nicht ersichtliche Vereinbarung gemäß § 10 Abs. 3 WEG nicht entgegenhalten lassen.

In seinem Urteil vom 01.06.2012 hat der Bundesgerichtshof ferner eine Erhöhung des Schallschutzniveaus gegenüber der maßgeblichen Ausgabe der DIN 4109 aufgrund eines besonderen Gepräges der Wohnanlage für möglich gehalten, das sich aus tatsächlichen Umständen wie etwa der bei der Errichtung vorhandenen Ausstattung oder dem Wohnumfeld ergeben könne9. An diesen – nicht entscheidungserheblichen – Ausführungen hält der Bundesgerichtshof nicht fest.

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Dass ein besonderes Gepräge der Wohnanlage die Schallschutzanforderungen erhöhen kann, entspricht allerdings einer verbreiteten Auffassung10. Gestützt wird dies im Kern auf die Überlegung, dass ein im Zeitpunkt der Errichtung vorhandener Ausstattungsstandard nicht unterschritten werden dürfe und die maßgeblichen DIN-Normen daher nur ergänzend herangezogen werden könnten11. Eine in der Baubeschreibung vorgesehene Ausstattung mit Teppichböden könne das Gebäude prägen; anders liege es bei einer Ausstattung durch die einzelnen Eigentümer, selbst wenn diese zufällig einheitlich sei12. Teilweise wird dies insoweit eingeschränkt, als die Anlage nur durch solche Bau- oder Ausstattungsmaßnahmen geprägt werden könne, die nach der Baubeschreibung dem Schallschutz dienten. Daran fehle es, wenn ein Teppichbodenbelag dort als bloßes Ausstattungsmerkmal aufgeführt werde13.

Dagegen wird eingewendet, dass der Begriff des Gepräges ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit erzeuge; wann es anzunehmen sei – ob etwa eine besondere Ausstattung alle Wohnungen gleichermaßen erfassen müsse – sei unklar. Die mit der Feststellung der Erstausstattung verbundenen tatsächlichen Schwierigkeiten seien insbesondere bei älteren Gebäuden beträchtlich14; Hogenschurz, MDR 2008, 786, 788 f.)). Zudem fehle es an einer überzeugenden Begründung, warum eine viele Jahre zurückliegende Erstausstattung das Schallschutzniveau prägen solle, während eine auf den Wohnungseigentümer zurückgehende jahrelange Nutzung als „Zufallsausstattung“ unbeachtlich sei15.

Diese Kritik ist berechtigt. Ein besonderes Gepräge der Wohnanlage erhöht das von dem Wohnungseigentümer einzuhaltende Schallschutzniveau nicht. Ob die hiesige Baubeschreibung zwingend eine Ausstattung der Appartements der Parteien mit Teppichböden vorsah oder ob sich dies – wie die Beklagten meinen – nur auf die Hotelzimmer bezog, ist daher unerheblich.

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Im Ausgangspunkt geht es bei dem seitens der einzelnen Wohnungseigentümer einzuhaltenden Schallschutzniveau ausschließlich um die Gestaltung des Sondereigentums. Der Bodenbelag ist von wesentlicher Bedeutung für den optischen Eindruck der Wohnung; seine Auswahl steht gemäß § 13 Abs. 1 WEG im Belieben des Sondereigentümers, sofern die Gemeinschaftsordnung – wie hier – nichts Gegenteiliges vorsieht. Der Schallschutz muss in erster Linie durch die im Gemeinschaftseigentum stehenden Bauteile gewährleistet werden. Welcher Bodenbelag bei der Errichtung des Gebäudes vorhanden war, ob dieser durch den Bauträger oder durch die Ersterwerber bestimmt worden ist und ob er in allen Wohnungen einheitlich war oder nicht, sind keine geeigneten Kriterien für das über die gesamte Nutzungszeit des Gebäudes einzuhaltende Schallschutzniveau. Dies ergibt sich schon daraus, dass solche Umstände späteren Erwerbern in aller Regel unbekannt sind. Außerdem spricht gegen ein dauerhaftes Gepräge der Anlage, dass sich die geschmacklichen Vorlieben für bestimmte Bodenbeläge im Laufe der Zeit verändern.

Ein Rückgriff auf die bei der Gebäudeerrichtung erstellte Baubeschreibung erweist sich in mehrfacher Hinsicht als ungeeignet für die Bestimmung des Schallschutzniveaus. Zunächst entfaltet diese – wie bereits erörtert – keine Wirkungen im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander, sondern betrifft deren Vertragsverhältnis zu dem Bauträger. Erst recht gilt sie nicht im Verhältnis zu späteren Erwerbern. Im Hinblick auf die Ausstattung bei der Errichtung sind Abweichungen aufgrund von Sonderwünschen zudem gängige Praxis. Selbst Ersterwerber werden daher häufig keine zuverlässige Kenntnis von der Gestaltung des Bodenbelags in den weiteren Wohnungen haben. Im Hinblick auf den baulichen Standard als solchen gibt die Baubeschreibung nur den Sollzustand wieder16. Sie bietet auch dann keine Gewähr dafür, dass die in ihr enthaltenen Anforderungen an den Schallschutz in die Tat umgesetzt worden sind, wenn der Bauträger vertraglich den üblichen Qualitäts- und Komfortstandard und damit höhere Schallschutzwerte als in der DIN 4109 vorgesehen schuldet17.

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Aus denselben Gründen lässt auch das Wohnumfeld keine tragfähigen Rückschlüsse auf den bei der Errichtung erzielten Schallschutz zu. Abgesehen davon, dass sich auch ein Wohnumfeld im Laufe der Jahre verändern kann, besagt auch ein gehobenes Umfeld weder etwas über die bei der Errichtung vorhandene Ausstattung noch über die konkrete Bauausführung.

Nicht zu prüfen ist bei einer Wohnnutzung dagegen, ob ein Nachteil der übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG durch die besondere Lästigkeit von Geräuschen begründet sein kann18. Das Schallschutzniveau bestimmt sich grundsätzlich nach den Werten der maßgeblichen DIN 4109 und nicht nach der Lästigkeit der Geräusche19. Wird es eingehalten, kann der geltend gemachte Anspruch auf Auswechslung des Bodenbelags nicht auf die Erzeugung von besonders lästigen Geräuschen gestützt werden; nur die Unterlassung solcher Beeinträchtigungen könnte verlangt werden20; Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 14 Rn. 23; Hogenschurz, MDR 2012, 944, 946; vgl. auch BGH, Urteil vom 15.01.2010 – V ZR 72/09, NJW 2010, 3093 Rn. 23; vom 12.11.2010 – V ZR 78/10, ZMR 2011, 396 Rn. 6)). Dies kommt jedoch nur bei einer übermäßigen oder ungewöhnlichen Wohnnutzung in Betracht und scheidet bei solchen Geräuschen, die – wie hier – durch die übliche Nutzung einer Wohnung verursacht werden, von vornherein aus.

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Bundesgerichtshof, Urteil vom 27. Februar 2015 – V ZR 73/14

  1. BGH, Urteil vom 01.06.2012 – V ZR 195/11, NJW 2012, 2725 Rn. 14[]
  2. BGH, Urteil vom 01.06.2012 – V ZR 195/11, NJW 2012, 2725 Rn. 5 mwN[]
  3. BGH, Urteil vom 01.06.2012 – V ZR 195/11, aaO Rn. 6 mwN[]
  4. BGH, Urteil vom 01.06.2012 – V ZR 195/11, aaO Rn. 7 mwN[]
  5. ausführlich BGH, Urteil vom 01.06.2012 – V ZR 195/11, aaO Rn. 9 ff. mwN[]
  6. BGH, Urteil vom 01.06.2012 – V ZR 195/11, aaO Rn. 15[]
  7. vgl. BGH, Urteil vom 01.06.2012 – V ZR 195/11, aaO Rn. 14[]
  8. näher Klein in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 10 Rn. 67[]
  9. BGH, Urteil vom 01.06.2012 – V ZR 195/11, aaO Rn. 14[]
  10. OLG München, NZM 2005, 509, 510; NJW 2008, 592 f.; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2008, 681, 682; OLG Schleswig, OLGR 2007, 935 f.; Klein in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 14 Rn. 13; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl., § 21 Rn. 110; Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 14 Rn. 22; Riecke/Schmid/Ambramenko, WEG, 4. Aufl., § 14 Rn. 10[]
  11. so etwa OLG München, NZM 2005, 509 f.; NJW 2008, 592, 593; OLG Schleswig, OLGR 2007, 935 f.[]
  12. so im Ausgangspunkt OLG Düsseldorf, NJW-RR 2008, 681, 682[]
  13. LG Lüneburg, ZWE 2014, 49, 50; jurisPK-Lafontaine, 7. Aufl., § 14 WEG Rn. 16; ähnlich OLG Brandenburg, ZWE 2010, 272, 273[]
  14. Spielbauer in Spielbauer, WEG, 2. Aufl., § 14 Rn. 15 unter b[]
  15. Hogenschurz in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 22 Rn. 106b; ders., MDR 2012, 944, 945[]
  16. zutreffend Hogenschurz in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 22 Rn. 106b[]
  17. vgl. hierzu BGH, Urteil vom 04.06.2009 – VII ZR 54/07, BGHZ 181, 225 ff.[]
  18. vgl. BGH, Urteil vom 01.06.2012 – V ZR 195/11, aaO Rn. 16[]
  19. aA OLG München, NZM 2005, 509, 510; OLG Köln, ZMR 2004, 462, 463[]
  20. Spielbauer in Spielbauer, WEG, 2. Aufl., § 14 Rn. 15 unter a[]
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