Pflichtverletzungen in der Kapitalanlageberatung – und die Verjährungshemmung durch Güteantrag

Ein Güteantrag kann die Hemmung der Verjährung nicht nur für die eigens darin erwähnten Pflichtverletzungsvorwürfe bewirken.

Pflichtverletzungen in der Kapitalanlageberatung – und die Verjährungshemmung durch Güteantrag

Zwar ist die Verjährung mehrerer eigenständiger und hinreichend deutlich voneinander abgrenzbarer Pflichtverletzungsvorwürfe in Anlageberatungsfällen materiellrechtlich selbständig zu beurteilen. Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB berechnet sich für jeden dieser Beratungsfehler gesondert, so dass die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für jede Pflichtverletzung getrennt zu prüfen sind1.

Die Reichweite der Hemmungswirkung von Rechtsverfolgungsmaßnahmen gemäß § 204 Abs. 1 BGB beurteilt sich jedoch – ebenso wie die materielle Rechtskraft nach § 322 Abs. 1 ZPO – nicht nach dem einzelnen materiellrechtlichen Anspruch, sondern nach dem den Streitgegenstand bildenden prozessualen Anspruch.

Dieser erfasst alle materiellrechtlichen Ansprüche, die sich im Rahmen des Rechtsschutzbegehrens aus dem zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalt herleiten lassen, in Anlageberatungsfällen folglich sämtliche Pflichtverletzungen eines zu einer Anlageentscheidung führenden Beratungsvorgangs, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob diese Pflichtverletzungen vorgetragen worden sind oder vorgetragen hätten werden können2.

Dementsprechend wird die Verjährung der Ansprüche für jeden einer Anlageentscheidung zugrunde liegenden Beratungsfehler gehemmt, wenn in unverjährter Zeit wegen eines oder mehrerer Beratungsfehler Klage erhoben oder ein Mahn- oder Güteverfahren eingeleitet wird3.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 3. Dezember 2015 – III ZR 231/14

  1. siehe nur BGH, Urteil vom 18.06.2015 – III ZR 198/14, NJW 2015, 2407, 2408 Rn. 14 mwN[]
  2. BGH, Beschluss vom 26.02.2015 – III ZR 53/14, BKR 2015, 216, 217 Rn. 1; BGH, Urteile vom 18.06.2015 – III ZR 198/14 aaO Rn. 15 und – III ZR 303/14, NJW 2015, 2411 f Rn. 8 ff sowie vom 16.07.2015 – III ZR 238/14, WM 2015, 1559, 1560 f Rn. 15; so auch BGH, Urteil vom 22.10.2013 – XI ZR 42/12, BGHZ 198, 294, 298 ff Rn. 15 ff sowie Beschluss vom 21.10.2014 – XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1, 59 ff Rn. 142 ff[]
  3. BGH, Urteile vom 18.06.2015 – III ZR 198/14 aaO; vom 16.07.2015 aaO; vom 03.09.2015 – III ZR 347/14, BeckRS 2015, 16019 Rn. 14; und vom 15.10.2015 – III ZR 170/14, BeckRS 2015, 18338 Rn. 15, jeweils mwN; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 25.06.2015 – III ZR 173/14, BeckRS 2015, 13523 Rn. 3 f; vom 16.07.2015 – III ZR 302/14, BeckRS 2015, 13231 Rn. 3; vom 13.08.2015 – III ZR 380/14, BeckRS 2015, 15051 Rn. 9 sowie BGH, Urteile vom 18.06.2015 – III ZR 303/14 aaO; und vom 20.08.2015 – III ZR 373/14, WM 2015, 1807, 1809 Rn.20; BGH, Beschluss vom 21.10.2014 aaO S. 60 f Rn. 145 f[]
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