Steht in einer Veröffentlichung nicht die Diffamierung des Betroffenen als Person des öffentlichen Lebens im Vordergrund, sondern (in diesem Fall) sein Verhältnis zu Journalisten, dann ist die Grenze zur verbotenen Schmähkritik noch nicht überschritten.

Mit dieser Begründung hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Beschwerde des Dr. Thilo Sarrazin zurückgewiesen, die dieser gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die „taz“ eingelegt hatte. Die Berliner Tageszeitung „taz“ hat am 18. Juni 2012 einen Artikel über den Antragsteller veröffentlicht, in dem es u.a. heißt, der Antragsteller „…wird inzwischen von Journalisten benutzt wie eine alte Hure, die zwar billig ist, aber für ihre Zwecke immer noch ganz brauchbar, wenn man sie auch etwas aufhübschen muss … fragt sich nur, wer da Hure und wer Drübersteiger ist?“ Der Antragsteller meint, dass es sich bei dieser Äußerung um eine unzulässige Schmähkritik handele, die er nicht hinzunehmen brauche. Mit einer einstweiligen Verfügung versuchte er daher, der Zeitschrift verbieten zu lassen, die Äußerung weiterhin zu veröffentlichen oder zu verbreiten, scheiterte jedoch vor dem zunächst angerufenen Landgericht Frankfurt am Main1, das den Unterlassungsantrag mit Beschluss vom 24. Juli 2012 zurückwies. Dagegen ist Beschwerde eingelegt worden.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main sei die Grenze zur verbotenen Schmähkritik mit der Äußerung über den Antragsteller noch nicht überschritten. Schmähkritik sei dadurch gekennzeichnet, dass nicht mehr die Auseinandersetzung mit der Sache, sondern die Diffamierung einer Person im Vordergrund stehe. Dabei müssten sich Personen des öffentlichen Lebens weitergehende Einschränkungen ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts gefallen lassen als Privatleute. In der beanstandeten Veröffentlichung stehe nicht die Diffamierung des Antragstellers als Person des öffentlichen Lebens im Vordergrund, sondern sein Verhältnis zu Journalisten. Unschädlich sei, dass die „taz“ dabei auch überzogene Formulierungen verwende, da auch polemische oder überspitzte Kritik von der Meinungs- und Pressefreiheit gedeckt sei.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 12. September 2012 – 16 W 36/12
- LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 24.07.2012 – 2-3 O 276/12[↩]