Übersteigt das in Lebensversicherungen investierte Vermögen für die Abdeckung der Altersversorgung das Schonvermögen nach § 1 Abs. 1 lit. b der Verordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII, so sind diese das Schonvermögen übersteigenden Beträge für die Prozesskosten einzusetzen, wenn dem Kläger noch genügend Zeit für den Aufbau einer ausreichenden Altersversorgung bleibt und kein Härtefall vorliegt. Ein Zinsverlust ist bei der Auflösung einer Kapitallebensversicherung nicht zu berücksichtigen.

Der Rückkaufswert der Versicherungen ist als einzusetzendes Vermögen gemäß § 115 Abs. 3 ZPO zu berücksichtigen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Verwertung von Lebensversicherungen durch Kündigung bzw. Verkauf nicht generell unzumutbar. Genereller Prüfungsmaßstab ist § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO i. V. m. § 90 Abs. 1 SGB XII. Die Frage, ob der Einsatz einer Lebensversicherung unzumutbar ist und eine Härte im Sinne von § 115 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 90 Abs. 3 SGB XII darstellt, ist jeweils anhand der Umstände des Einzelfalles zu beantworten1. Abgesehen von bereits nach § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO i. V. m. § 90 Abs. 2 Satz 2 ZPO geschütztem Kapital und seiner Erträge ist eine Lebensversicherung grundsätzlich für die Prozesskosten zu verwerten, soweit ihr durch Kündigung, Verkauf und Beleihung erzielbarer Wert das Schonvermögen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 lit. b der VO zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII übersteigt2. Der generelle Ausschluss der Verwertung von Lebensversicherungen wird solchen Fällen nicht gerecht, in denen bereits eine anderweitige angemessene Altersversorgung vorhanden ist. Denn für PKH als Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege gilt der Maßstab des § 90 Abs. 1 SGB XII, wonach grundsätzlich alles Vermögen einzusetzen ist. Dies gilt auch, obwohl Lebensversicherungsbeiträge vom Einkommen abziehbar sind. Lebensversicherungen sind daher nicht per se, sondern nur in den engen Freibetragsgrenzen Schonvermögen. Es bleibt auch dann beim Grundsatz der Verwertbarkeit, wenn die selbständig tätige Partei, die keine oder nur eine geringe Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu erwarten hat, die Lebensversicherung für ihre Altersversorgung abgeschlossen hat. Insoweit ist zu berücksichtigen, ob die Partei noch ausreichend Zeit zum Aufbau einer Altersversorgung hat3.
Nur in Härtefällen i. S. v. § 90 Abs. 3 Satz 2 SGB XII kann die Verwertbarkeit ausnahmsweise unzumutbar sein, zum Beispiel, wenn diese unwirtschaftlich ist oder die Verwertbarkeit eine angemessene Alterssicherung wesentlich erschweren würde. Die Umstände, die eine Härte begründen, sind vom Antragsteller darzulegen4. Ein eintretender Zinsverlust ist regelmäßig hinzunehmen, ebenso hat der Antragsteller darzulegen, dass eine Beleihung der Versicherung nicht möglich ist, da damit die Altersversorgung nicht aufgelöst, sondern nur verringert wird5.
Soweit der Kläger auf seine Negativsalden verweist, sind diese nicht mit seinen Vermögenswerten zu verrechnen. Diese Negativsalden führen lediglich dazu, dass der Kläger Prozesskosten ohne Ratenzahlung erhalten hätte, weil kein einsatzbares Vermögen vorhanden ist. Der Kläger beruft sich jedoch gerade darauf, dass er sein in Lebensversicherungen investiertes Vermögen nicht auflösen muss, um die Prozesskosten zu zahlen.
Landesarbeitsgericht Schleswig -Holstein, Beschluss vom 3. Januar 2019 – 2 Ta 144/18
- BGH NJW 2010, 2887 unter Verweis auf OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 1917; OLG Stuttgart FamRZ 2009, 1850[↩]
- Groß, Beratungshilfe, Prozesskostenhilfe, 14. Aufl., § 115 ZPO Rn. 86[↩]
- OLG Düsseldorf, Urt. V. 12.06.2012 – II – 3 WF 96/12, MDR 2012, 1249[↩]
- BGH NJW 2010, 2887[↩]
- Groß, a. a. O., Rn. 86[↩]
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