Wird dem Untermieter, der nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses über eine Wohnung und Räumung durch den Hauptmieter die untergemieteten Wohnräume an den Eigentümer nicht herausgibt, eine gerichtliche Räumungsfrist gewährt, kann der Eigentümer von ihm nach den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses Schadensersatz jedenfalls in Höhe der von dem Hauptmieter bei Nichträumung geschuldeten Nutzungsentschädigung für die ganze Wohnung verlangen.

Der Anspruch der Eigentümerin auf Ersatz des durch die Vorenthaltung der ganzen Wohnung entstandenen Schadens folgt aus § 990 Abs. 2 i.V.m. § 280 Abs. 1 und 2, §§ 286, 249, 252 BGB.
Die Vorschriften der §§ 987 ff. BGB finden auf den Besitzer, dessen ursprüngliches Besitzrecht entfallen ist, und damit auch auf den infolge des Wegfalls des Hauptmietvertrags nicht mehr zum Besitz berechtigten Untermieter Anwendung1. Der zur Herausgabe verpflichtete Besitzer haftet im Fall des Verzugs gemäß § 990 Abs. 2 BGB i.V.m. § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB (auch) auf Ersatz des durch die Verzögerung der Herausgabe entstehenden Schadens, wenn er bei Erwerb des Besitzes bösgläubig war oder von dem Mangel im Besitzrecht später erfahren hat2. Die zweite Voraussetzung liegen im hier entschiedenen Fall vor.
Das gilt unabhängig davon, ob, was vom Bundesgerichtshof im hier entschiedenen Fall mangels gegenteiliger Feststellungen zu Gunsten des Untermieters unterstellt wurde, der (frühere) Eigentümer der Untervermietung zugestimmt hatte. Die Erlaubnis zur Untervermietung gemäß § 540 BGB gibt dem Untermieter ein von dem Hauptmieter abgeleitetes Besitzrecht gemäß § 986 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB. Dieses entfällt mit der Beendigung des Hauptmietverhältnisses3. Ob es dafür zusätzlich eines Räumungsverlangens des Eigentümers gegenüber dem Untermieter bedarf4, kann dahinstehen. Denn ein solches Räumungsverlangen ist hier im Dezember 2014 erfolgt.
Die dem Untermieter gewährte Räumungsfrist nach § 721 ZPO ändert daran nichts, denn sie ist verfahrensrechtlicher Natur und hat – anders als kraft der Sonderregelung des § 571 Abs. 2 BGB für Wohnraum keine materielle Bedeutung5. Sie beseitigte den Verzug des Untermieters mit der Herausgabe nicht6.
Für den Anspruch nach § 990 Abs. 2, § 286 BGB ist unerheblich, ob der Untermieter die gesamte Wohnung oder, was er geltend macht, nur die an ihn untervermietete Kammer in Besitz hatte. Der Untermieter ist zwar durch das gegen ihn ergangene Räumungsurteil nicht daran gehindert, einen Besitz an sämtlichen Räumen in Abrede zu stellen. Durch die Rechtskraft des Räumungsurteils steht nämlich nicht fest, in welchem Umfang er Besitz an den herauszugebenden Räumen hatte7. Darauf kommt es für den Schadensersatzanspruch nach § 990 Abs. 2 BGB – anders als bei der Herausgabe von Nutzungen (§§ 987, 990 Abs. 1 BGB) – aber nicht an. Gibt ein unmittelbarer Besitzer eines Raums einer Wohnung diesen nicht heraus und ist es dem Eigentümer nicht zumutbar, nur Teile der Wohnung zu vermieten, so setzt der unmittelbare Besitzer des Raums die Ursache dafür, dass die gesamte Wohnung nicht vermietet werden kann und daher ein entsprechender Mietausfallschaden entsteht (§ 252 BGB)8. So ist es auch hier, weil davon auszugehen ist, dass der Vermieter die Wohnung im Regelfall nur als Einheit weitervermieten kann und Anhaltspunkte dafür, dass es dem Erblasser ausnahmsweise möglich und zumutbar war, die Wohnung in Teilen zurückzunehmen und zum Teil weiterzuvermieten, nicht bestehen.
Im hier entschiedenen Fall ist auch der Schadensersatzanspruch aus § 990 Abs. 2 i.V.m. § 280 Abs. 1 und 2, §§ 286, 249, 252 BGB in der geltend gemachten Höhe nicht nach § 571 Abs. 2 BGB ausgeschlossen:
Nach § 571 Abs. 2 BGB ist der Mieter, dem nach § 721 oder § 794a ZPO eine Räumungsfrist gewährt wird, für die Zeit von der Beendigung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Räumungsfrist zum Ersatz eines weiteren Schadens nicht verpflichtet. Die Norm beschränkt die Ansprüche des Vermieters auf die ihm nach § 546a Abs. 1 BGB für die Zeit der Vorenthaltung zustehende Nutzungsentschädigung und befreit den Mieter von einer Haftung für weitere durch die Ausnutzung der gerichtlichen Räumungsfrist entstehende Schäden; insbesondere für einen dem Vermieter in Folge des Verzuges mit der Wohnungsherausgabe entstehenden Schaden hat der Mieter für den Zeitraum der ihm vom Gericht gewährten Räumungsfrist nach § 721 oder § 794a ZPO nicht einzustehen9.
Unmittelbar anwendbar ist § 571 Abs. 2 BGB hier schon deshalb nicht, weil der Untermieter nur Untermieter gewesen ist. Zwar kann auch dem Untermieter eine Räumungsfrist nach § 721 ZPO gewährt werden10. Dafür kommt es nämlich allein auf die tatsächliche Nutzung des Raums zum Wohnen und nicht auf den Rechtsgrund des Innehabens des Wohnraums an11. Die Vorschrift des § 571 Abs. 2 BGB gilt unmittelbar aber nur im Verhältnis zwischen Eigentümer und Mieter, da sie systematisch an die Regelung des § 546a BGB anknüpft und wie diese das Bestehen eines (beendeten) Mietverhältnisses voraussetzt12. Daran fehlt es im Verhältnis zwischen Eigentümer und Untermieter.
Eine Begrenzung des Anspruchs der Eigentümerin auf die Nutzungsentschädigung für die von dem Untermieter genutzte Kammer lässt sich auch nicht aus einer analogen Anwendung von § 571 Abs. 2 BGB herleiten.
Die Frage, ob § 571 Abs. 2 BGB auf den Untermieter von Wohnraum entsprechend anwendbar ist, wird allerdings unterschiedlich beurteilt. Das Landgericht Stuttgart hat das für das gewerbliche Zwischenmietverhältnis bejaht13, und dem hat sich ein Teil des Schrifttums angeschlossen14. Die überwiegende Ansicht lehnt eine entsprechende Anwendung von § 571 Abs. 2 BGB auf den Untermieter dagegen ab15.
Ob § 571 Abs. 2 BGB auf den Untermieter von Wohnraum entsprechend anzuwenden ist, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Jedenfalls hätte eine analoge Anwendung der Vorschrift entgegen der Auffassung des Untermieters nicht zur Folge, dass sich der Schadensersatzanspruch des Eigentümers auf eine Nutzungsentschädigung für die untergemieteten Räume beschränkte.
Der Zweck des § 571 Abs. 2 BGB spricht allerdings für eine analoge Anwendung der Vorschrift auf den Untermieter von Wohnraum, dem eine Räumungsfrist gewährt worden ist. Er ist darin zu sehen, dass der Wohnraummieter sich nicht aus Sorge vor Schadensersatzansprüchen des Vermieters davon abhalten lassen soll, eine Räumungsfrist zu beantragen und zu nutzen16. Daher begrenzt § 571 Abs. 2 BGB die Haftung des Mieters, dem eine Räumungsfrist gewährt worden ist, auf die vereinbarte bzw. ortsübliche Miete (vgl. § 546 Abs. 1 BGB); für weitere Schäden (vgl. § 546 Abs. 2 BGB) haftet er dagegen nicht17. Der Untermieter von Wohnraum, dem eine Räumungsfrist nach § 721 oder § 794a ZPO gewährt worden ist, befindet sich in einer vergleichbaren Situation. Müsste er bei Ausnutzung der Räumungsfrist unbegrenzte Schadensersatzansprüche des Eigentümers wegen Verzuges (§ 990 Abs. 2 BGB) gewärtigen, hätte dies entweder zur Folge, dass er, obwohl darauf angewiesen, keinen Räumungsschutz in Anspruch nimmt, oder dass er nach Nutzung der Räumungsfrist unter Umständen erheblichen Schadensersatzansprüchen des Eigentümers ausgesetzt ist. Beides soll durch die Regelung des § 571 Abs. 2 BGB bei einem (früheren) Mieter verhindert werden.
Für den Vermieter wäre es jedoch unzumutbar, wenn die dem in der Wohnung verbliebenen Untermieter gewährte Räumungsfrist dazu führte, dass er trotz Vorenthaltung der gesamten Wohnung eine Nutzungsentschädigung nur in Höhe des Untermietzinses bzw. der ortsüblichen Miete für die untervermieteten Teile der Wohnung erhielte. Er stünde dann schlechter als im Verhältnis zum Hauptmieter, der nach § 546a Abs. 1 BGB während der Räumungsfrist die Nutzungsentschädigung in voller Höhe schuldet.
Ein solches Ergebnis ließe sich nicht mit dem Schutzzweck des § 571 Abs. 2 BGB rechtfertigen. Die Vorschrift schützt zwar das Interesse des Mieters, eine ihm gewährte Räumungsfrist zu nutzen; das Gesetz bringt es aber in einen Ausgleich mit den Interessen des Vermieters an der baldigen Rückerlangung der Wohnung nach Ende des Mietverhältnisses, indem § 546a Abs. 1 BGB dem Vermieter einen Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung in Höhe der vereinbarten bzw. ortsüblichen Miete für diesen Zeitraum zuerkennt. Ein solcher Anspruch muss dem Vermieter auch dann verbleiben, wenn § 571 Abs. 2 BGB analog auf einen Untermieter anzuwenden sein sollte; denn der Untermieter steht dem Vermieter schon mangels vertraglicher Beziehungen ferner als Hauptmieter.
Dass der Untermieter den ihm gewährten Räumungsschutz nur um den Preis einer Nutzungsentschädigung für die ganze Wohnung in Anspruch nehmen kann, ist dagegen hinzuzunehmen. Darin setzt sich lediglich fort, dass der Untermieter zu keiner Zeit in einem vertraglichen Verhältnis zu dem Eigentümer stand, sondern sein Besitzrecht von dem Hauptmieter ableitete. Soweit die mietrechtliche Vorschrift des § 571 Abs. 2 BGB überhaupt geeignet ist, Rechte des Eigentümers im Verhältnis zum Untermieter einzuschränken, kann eine solche Beschränkung nicht über das hinausgehen, was zwischen den (ursprünglichen) Hauptmietparteien gelten würde. Wird dem Untermieter, der nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses über eine Wohnung und Räumung durch den Hauptmieter die untergemieteten Wohnräume an den Eigentümer nicht herausgibt, eine gerichtliche Räumungsfrist gewährt, kann der Eigentümer deshalb von ihm nach den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses Schadensersatz jedenfalls in Höhe der von dem Hauptmieter bei Nichträumung geschuldeten Nutzungsentschädigung für die ganze Wohnung verlangen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. Dezember 2020 – V ZR 26/20
- vgl. BGH, Urteil vom 14.03.2014 – V ZR 218/13, WM 2014, 1445 Rn. 6; BGH, Urteil vom 31.01.2001 – XII ZR 221/98, NJOZ 2001, 282, 285; jeweils mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 12.11.1992 – V ZR 230/91, BGHZ 120, 204, 214; Urteil vom 19.09.2003 – V ZR 360/02, BGHZ 156, 170, 171; BGH, Urteil 30.09.1964 – VIII ZR 302/62, NJW 1964, 2414[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 06.11.1968 – V ZR 85/65, WM 1968, 1370, 1371; BGH, Rechtsentscheid in Mietsachen vom 21.04.1982 – VIII ARZ 16/81, BGHZ 79, 232, 235; Urteil vom 31.01.2001 – XII ZR 221/98, NJOZ 2001, 282, 285[↩]
- so LG Köln, NJW-RR 1990, 1231, 1232 unter Hinweis auf RGZ 156, 150, 153 f. zu § 556 Abs. 3 BGB aF; aA OLG Hamburg, NZM 1999, 1052 f.; LG Düsseldorf, WuM 1988, 163; offen gelassen in BGH, Urteil vom 06.11.1968 – V ZR 85/65, WM 1968, 1370[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 29.04.1987 – VIII ZR 258/86, NJW-RR 1987, 907 zu § 557 Abs. 3 BGB mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 06.11.1968 – V ZR 85/65, WM 1968, 1370, 1371[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 27.06.1953 – VI ZR 235/52, NJW 1951, 1586, 1587; Schuschke/Walker/Kessen/Tholen/Braun, ZPO, 7. Aufl., § 721 Rn. 17[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 14.03.2014 – V ZR 218/13, WuM 2014, 347 Rn. 10[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 06.11.1968 – V ZR 85/65, WM 1968, 1370, 1371; Urteil vom 14.03.2014 – V ZR 218/13, aaO Rn. 9[↩]
- vgl. LG Berlin, Grundeigentum 2017, 538; MünchKomm-BGB/Häublein, 8. Aufl., § 571 Rn. 10; Staudinger/Rolfs, BGB [2018], § 571 Rn. 10, 11[↩]
- vgl. OLG Köln, WuM 1997, 336; LG Stuttgart, NJW-RR 1990, 654; LG Stade, WuM 1987, 62[↩]
- MünchKomm-ZPO/Götz, 5. Aufl., § 721 Rn. 2; Musielak/Lackmann, ZPO, 17. Aufl., § 721 Rn. 3; Zöller/Seibel, ZPO, 33. Aufl., § 721 Rn. 2; zur Vorschrift des § 794a ZPO vgl. Schmidt/Futterer/Lehmann-Richter, Mietrecht, 14. Aufl., § 794a ZPO Rn. 4[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 31.01.2001 – XII ZR 221/98, NJOZ 2001, 282, 284 zu § 557 BGB aF betreffend Vereinsräume; BeckOK MietR/Klotz-Hörlin [1.08.2020], § 571 BGB Rn. 5; MünchKomm-BGB/Bieber, 8. Aufl., § 546a Rn. 3; Staudinger/Rolfs, BGB [2018], § 546a Rn. 10, 12; Blank/Börstinghaus/Blank, Miete, 5. Aufl., § 546a Rn. 5; Gramlich, Mietrecht, 15. Aufl., § 546a Rn. 1; Schmidt/Futterer/Streyl, Mietrecht, 14. Aufl., § 546a Rn. 5, § 571 Rn. 1, 3; Greiner, ZMR 1998, 403, 404 f.[↩]
- LG Stuttgart, NJW-RR 1990, 654 f.[↩]
- vgl. BeckOK BGB/Wöstmann [1.08.2020], § 571 Rn. 9; jurisPKBGB/Tiedemann, 9. Aufl., § 571 BGB Rn. 41[↩]
- LG Kiel, WuM 1995, 540; BeckOGK/Gelb, BGB [1.07.2020], § 571 Rn. 4; BeckOK MietR/Klotz-Hörlin [1.08.2020], § 571 BGB Rn. 5; NK-BGB/Hinz, 3. Aufl., § 571 Rn. 7; RGRK/Gelhaar, BGB, 12. Aufl. § 557 Rn. 24; Staudinger/Rolfs, BGB [2018], § 571 Rn. 10; Emmerich in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 5. Aufl., Kap. – V Rn. 184; Emmerich/Sonnenschein, Miete, 11. Aufl., § 571 Rn. 7; Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 14. Aufl., § 571 BGB Rn. 3; Ettl in Spielbauer/Schneider, Mietrecht, 2. Aufl., § 571 BGB Rn. 9[↩]
- vgl. BT-Drs. – IV 806, 11 zu § 557 BGB aF; Ausschussbericht zu BT-Drs. IV/2195, 5 zu § 557 aF[↩]
- vgl. Staudinger/Rolfs, BGB [2018], § 571 Rn. 12; Blank/Börstinghaus/Blank, 5. Aufl., § 571 Rn. 1; Herrlein in Herrlein/Kandelhard, ZAP-Praxiskommentar Mietrecht, 4. Aufl., § 571 BGB Rn. 2; Lammel, Wohnraummietrecht, 3. Aufl., § 571 BGB Rn. 2[↩]