Rechtsmittelbegründung ohne Rechtsausführungen – und die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde

Der in § 90 Abs. 2 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde verlangt, dass Beschwerdeführer alle nach Lage der Dinge zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung schon im fachgerichtlichen Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen1.

Rechtsmittelbegründung ohne Rechtsausführungen – und die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde

Der Subsidiaritätsgrundsatz soll vor allem sichern, dass durch eine umfassende fachgerichtliche Vorprüfung der Beschwerdepunkte dem Bundesverfassungsgericht ein bereits gerichtlich geprüftes Tatsachenmaterial unterbereitet und ihm dazu auch die Fallanschauung und Rechtsauffassung der Fachgerichte vermittelt werden. Dem Beschwerdeführer obliegt danach bereits im fachgerichtlichen Verfahren, seine Angriffe gegen den beanstandeten Hoheitsakt so deutlich vorzutragen, dass ihre Prüfung in diesem Verfahren gewährleistet ist, unabhängig davon, ob dieses der Parteimaxime oder dem Amtsermittlungsgrundsatz unterliegt2.

Die Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens sind allerdings grundsätzlich nicht gehalten, Rechtsausführungen zu machen, sofern nicht das einfache Verfahrensrecht3 rechtliche Darlegungen verlangt.

Nach § 569 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 571 Abs. 1 ZPO muss eine Beschwerdeschrift, welche lediglich begründet werden soll, nur die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde. Eine bestimmte Form oder einen Mindestinhalt der Begründung sieht das Gesetz damit insbesondere nicht vor.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 29. Juli 2022 – 2 BvR 1154/21

  1. vgl. BVerfGE 134, 242 <285 Rn. 150>[]
  2. vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.06.2011 – 1 BvR 759/08, Rn. 25[]
  3. beispielsweise die Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 544 Abs. 4 Satz 3 ZPO, vgl. BVerfGK 19, 467 <472>[]
Weiterlesen:
Mietminderung - und die Feststellungsklage des Mieters

Bildnachweis: