Rechtsmittelbelehrung als Zulassung der Rechtsbeschwerde?

Schweigen sowohl der Ausspruch als auch die Gründe einer Beschwerdeentscheidung zur Frage der Zulassung der Rechtsbeschwerde, liegt in der Beifügung einer Rechtsmittelbelehrung keine Zulassung.

Rechtsmittelbelehrung als Zulassung der Rechtsbeschwerde?

Nachdem die Vorschrift des § 7 InsO durch das Gesetz zur Änderung des § 522 der Zivilprozessordnung vom 21.10.20111 mit Wirkung zum 27.10.2011 aufgehoben worden ist, findet die Rechtsbeschwerde gegen Beschwerdeentscheidungen in Verfahren nach der Insolvenzordnung nur statt, wenn sie durch das Beschwerdegericht zugelassen worden ist. Gemäß Art. 103f Satz 1 EGInsO ist die Neuregelung auf die Rechtsbeschwerde gegen solche Beschwerdeentscheidungen anzuwenden, die wie vorliegend nach Inkrafttreten des neuen Rechts erlassen worden sind2.

Gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO ist die Rechtsbeschwerde in dem Beschluss über die sofortige Beschwerde zuzulassen. Das Beschwerdegericht, das mit dem Sachverhalt und den entscheidungserheblichen Rechtsfragen bereits vertraut ist, hat neben der Zulässigkeit und gegebenenfalls Begründetheit des ersten Rechtsmittels daher auch zu prüfen, ob einer der in § 574 Abs. 2 ZPO genannten Zulassungsgründe für die Rechtsbeschwerde vorliegt. Gegebenenfalls ist die Zulassung auszusprechen (§ 574 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

Die Zulassungsentscheidung ist eine gebundene Willensbetätigung des Beschwerdegerichts, der eine Prüfung der Zulassungsgründe vorauszugehen hat. Im Sinne der Rechtsmittelklarheit3 ist es wünschenswert, dass die Zulassung der Rechtsbeschwerde in den Ausspruch des Beschlusses aufgenommen wird. Zwingend ist dies jedoch nicht. Es reicht aus, wenn sich die Zulassung mit hinreichender Deutlichkeit aus den Gründen der Beschwerdeentscheidung ergibt4. Letzteres wird etwa dann der Fall sein, wenn sich das Beschwerdegericht in den Gründen seiner Entscheidung zu den Zulassungsgründen des § 574 Abs. 2 ZPO verhält und einen oder mehrere annimmt5.

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Eine Rechtsbehelfsbelehrung vermag diesen Anforderungen grundsätzlich selbst dann nicht zu genügen, wenn ihr die Unterschriften der entscheidenden Richter nachfolgen. In diesem Fall wird sie zwar formal ein Bestandteil der Entscheidung. Als Belehrung über die nach (fehlerhafter) Ansicht des Beschwerdegerichts gegebenen Rechtsmittel stellt sie jedoch regelmäßig nur eine Wissenserklärung dar und bringt als solche keinen Zulassungswillen zum Ausdruck. Nur ausnahmsweise kann deshalb allein aus der Rechtsbehelfsbelehrung auf eine Zulassung des in dieser genannten Rechtsmittels geschlossen werden6.

Danach kann auch in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Streitfall von einer Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht ausgegangen werden. Weder hat das Landgericht die Zulassung im Ausspruch erklärt noch ergibt sich der Zulassungswille aus den Gründen des Beschlusses, die hierzu schweigen. Auch aus der Rechtsbehelfsbelehrung kann nicht mit der erforderlichen Gewissheit auf eine Zulassung der Rechtsbeschwerde geschlossen werden. Diese erschöpft sich in einer bloßen Wissenserklärung. Dabei verhält sie sich erkennbar nur zur Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde aufgrund gesetzlicher Regelung (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und bringt auch deshalb keinen Zulassungswillen zum Ausdruck. Zutage tritt vielmehr die rechtsfehlerhafte Ansicht des Landgerichts, die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ergebe sich (noch) aus dem Gesetz.

Die rechtsfehlerhafte Ansicht des Landgerichts, die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ergebe sich (noch) aus dem Gesetz, vermag ebenfalls nicht zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde zu führen. Enthält eine Beschwerdeentscheidung keine Ausführungen über die Zulassung der Rechtsbeschwerde, ist der Rechtsweg erschöpft. Der Bundesgerichtshof kann mit der Sache nicht mehr in statthafter Weise befasst werden. Dies gilt unabhängig davon, welche Erwägungen das Beschwerdegericht dazu veranlasst haben, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen und auch dann, wenn das Beschwerdegericht rechtsirrig davon ausgegangen ist, die Rechtsbeschwerde sei kraft Gesetzes zulässig7.

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Der Gesetzgeber hat bewusst von der Möglichkeit einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde abgesehen8. Es widerspräche der gesetzlichen Unanfechtbarkeit auch der Entscheidung über die (Nicht)Zulassung, wenn diese im Rechtsmittelweg daraufhin überprüft werden könnte, ob das Beschwerdegericht die ihm obliegende Verantwortung für die Zulassungsentscheidung erkannt hat9.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13. März 2014 – IX ZB 48/13

  1. BGBl. I S.2082[]
  2. BGH, Beschluss vom 10.05.2012 – IX ZB 295/11, ZIP 2012, 1146 Rn. 9 mwN[]
  3. vgl. BVerfGE 87, 48, 65[]
  4. BGH, Beschluss vom 19.05.2004 – IXa ZB 182/03, NJW 2004, 2529; vgl. auch BGH, Urteil vom 15.11.2007 – RiZ (R) 4/07, NJW 2008, 1448 Rn. 16 zu § 80 DRiG; Beschluss vom 20.07.2011 – XII ZB 445/10, NJW-RR 2011, 1569 Rn. 15 zu § 70 Abs. 1 FamFG; vom 28.03.2013 – AnwZ (Brfg) 44/12, nv Rn. 4 zu § 112e BRAO[]
  5. vgl. BGH, Beschluss vom 23.10.2012 – V ZA 25/12; vom 28.03.2013, aaO[]
  6. vgl. BGH, Urteil vom 15.11.2007, aaO Rn. 16 zu § 80 Abs. 2 DRiG; BVerwGE 71, 73, 75 f mwN; BFH/NV 2004, 1291[]
  7. BGH, Beschluss vom 10.05.2012 – IX ZB 295/11, ZIP 2012, 1146 Rn. 15 mwN[]
  8. BT-Drs. 14/4722 S. 69, 116[]
  9. BGH, Beschluss vom 10.05.2012, aaO Rn. 16; vom 19.07.2012 – IX ZB 31/12, nv Rn. 2[]
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