Reduziert der in erster Instanz voll unterlegene Kläger in seiner Berufung den Gesamtumfang der Klageforderung ohne anzugeben, wie sich der reduzierte Gesamtbetrag auf seine mehreren erstinstanzlich gestellten Klageanträge verteilt, so steht dies nicht der Zulässigkeit der Berufung, sondern allein der Zulässigkeit der Klage entgegen und betrifft somit einen Mangel, der auch noch nach dem Ablauf der Berufungsbegründungsfrist, nämlich bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz, behoben werden kann1.

Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO muss die Berufungsbegründung die Erklärung enthalten, inwieweit das erstinstanzliche Urteil angefochten wird und welche Abänderungen beantragt werden. Diese Erklärung muss nicht notwendig in einem bestimmten Antrag niedergelegt werden. Die Vorschrift verlangt lediglich, dass die Begründungsschrift ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig erkennen lässt, in welchem Umfang und mit welchem Ziel das Urteil der ersten Instanz angefochten werden soll2.
Diesen Anforderungen wurde die Berufungsbegründung in dem hier vom Bundesgerichtshof beurteilten Fall gerecht: Die Klägerin hat mit ihrem angekündigten Berufungsantrag hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie das erstinstanzliche Urteil in einem Umfang von 5.100 € anfechten möchte. Damit war das Ziel des Rechtsmittels in bestimmter Weise erkennbar. Die unterbliebene Aufteilung des noch verlangten (Gesamt)Betrags auf die einzelnen erstinstanzlich gestellten Klageanträge hindert entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht die Zulässigkeit der Berufung, sondern allein die Zulässigkeit der Klage (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) und betrifft somit einen Mangel, der auch noch nach dem Ablauf der Berufungsbegründungsfrist, nämlich bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz, behoben werden kann3. Dies steht in Einklang damit, dass der Berufungskläger sein Rechtsmittel noch bis zum Schluss der Berufungsverhandlung erweitern kann, soweit die fristgerecht vorgetragenen Berufungsgründe die Antragserweiterung decken4.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 1. Juni 2017 – III ZB 77/16
- Anschluss an BGH, Urteil vom 18.09.1986 – III ZR 124/85, VersR 1987, 101 f sowie BGH, Beschlüsse vom 15.03.1956 – II ZB 19/55, BGHZ 20, 219, 220 f; und vom 27.03.1985 – IVb ZB 20/85, FamRZ 1985, 631[↩]
- s. etwa BGH, Beschlüsse vom 15.12 2009 – XI ZB 36/09, NJW-RR 2010, 424 Rn. 9; vom 31.08.2010 – VIII ZB 13/10, WuM 2011, 48 Rn. 7; und vom 19.11.2014 – XII ZB 522/14, NJW-RR 2015, 188 Rn. 10[↩]
- s. BGH, Urteil vom 18.09.1986 – III ZR 124/85, VersR 1987, 101 f sowie BGH, Beschlüsse vom 15.03.1956 – II ZB 19/55, BGHZ 20, 219, 220 f; und vom 27.03.1985 – IVb ZB 20/85, FamRZ 1985, 631; vgl. auch BGH, Urteil vom 03.12 1953 – III ZR 66/52, BGHZ 11, 192, 193 ff; aA MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, 5. Aufl., § 520 Rn. 27 mwN[↩]
- s. etwa BGH, Beschluss vom 27.03.1985 aaO; Urteil vom 28.09.2000 – IX ZR 6/99, NJW 2001, 146 [insoweit nicht in BGHZ 145, 256 mit abgedruckt] und Beschluss vom 27.03.2012 – VI ZB 74/11, NJW-RR 2012, 662 f Rn. 7 f[↩]
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