Wegen einer Insolvenzstraftat, für die – isoliert betrachtet – die Löschungsvoraussetzungen vorliegen, kann die Restschuldbefreiung nicht versagt werden; die Verlängerung der Löschungsfrist durch das Hinzutreten anderer Verurteilungen, die keine Insolvenzstraftaten betreffen, ist, wie der Bundesgerichtshof jetzt entschied, insolvenzrechtlich unbeachtlich.

Die Versagung der Restschuldbefreiung wegen einer Insolvenzstraftat setzt, wie der Bundesgerichtshof bereits früher entschieden hat, nicht voraus, dass die Straftat in einem Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren steht, in dem die Restschuldbefreiung beantragt wird1. Verurteilungen des Schuldners sind nach dieser Entscheidung jedenfalls innerhalb der fünfjährigen Tilgungsfrist des § 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG zu berücksichtigen. Wie die Frist im Einzelnen zu berechnen ist, innerhalb derer dem Schuldner die Restschuldbefreiung aufgrund der Verurteilung wegen einer Insolvenzstraftat versagt werden kann, ist in der früheren Entscheidung des Bundesgerichtshofs offen geblieben.
In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und im Schrifttum ist umstritten, ob es für die Berücksichtigung einer Verurteilung wegen einer Insolvenzstraftat rein formal auf deren Eintragung im Bundeszentralregister ankommt, oder ob Eintragungen dann nicht mehr zu berücksichtigen sind, wenn sie bei isolierter Betrachtung im Hinblick auf die Fristen des § 46 BZRG als tilgungsreif angesehen werden müssen.
Nach teilweise vertretener Auffassung richtet sich die Verwertbarkeit einer Verurteilung allein nach den Tilgungs- und Verwertungsregeln der §§ 45 ff, 51 BZRG2.
Überwiegend wird die Ansicht vertreten, es komme nicht nur auf die Frage an, ob die Verurteilung noch im Registerauszug enthalten ist. Vielmehr sei bei einer Verurteilung wegen mehrerer Straftaten allein die aufgrund des Insolvenzdelikts verhängte Strafe maßgebend. Hier müsse die Einzelstrafe herangezogen werden, die im Hinblick auf einen der Tatbestände der §§ 283 bis 283c StGB verhängt worden sei3. Nach dieser Auffassung sind entsprechend der ausdrücklichen Beschränkung des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO auf Verurteilungen wegen Insolvenzstraftaten Bestrafungen wegen anderer Delikte nicht zu berücksichtigen. Zur Begründung wird ausgeführt, würde man allein das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG für entscheidend halten, könnten Insolvenzstraftaten dem Schuldner auch dann noch vorgehalten werden, wenn diese für sich gesehen längst tilgungsreif wären.
Die zuletzt dargestellte Auffassung ist, so der Bundesgerichtshof nun in seiner neuen Entscheidung, richtig. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Regelung des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO, die ihrem Wortlaut nach keine zeitliche Beschränkung enthält, nur tragbar, wenn eine zeitliche Begrenzung eingeführt wird, die anhand der Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes bestimmt wird4. Deshalb hat man sich an der Tilgungsfrist zu orientieren, die für die jeweilige Insolvenzstraftat maßgeblich ist. Die Berücksichtigung anderer Verurteilungen hätte zur Folge, dass nicht nur Verurteilungen wegen Insolvenzstraftaten, sondern auch solche wegen anderer Delikte zumindest mittelbar zur Versagung der Restschuldbefreiung führen könnten. Dies ist mit der Absicht des Gesetzgebers nicht zu vereinbaren.
Danach soll die scharfe Sanktion der Versagung der Restschuldbefreiung nur bei der Begehung von Insolvenzstraftaten greifen, weil ein Schuldner, der solche Handlungen zum eigenen Vorteil und zum Nachteil der Gläubiger vornimmt, nach dem Grundgedanken der Regelung keine Restschuldbefreiung beanspruchen kann5. Andere Straftatbestände – seien es auch Eigentums- und Vermögensdelikte – weisen diesen gerade auf das Insolvenzverfahren bezogenen Unwertgehalt nicht auf. Eine Gesamtstrafenbildung, bei der neben der Insolvenzstraftat andere Tatbestände einfließen, kann deshalb für die Dauer des Ausschlusses des Schuldners von der Restschuldbefreiung auch nicht (mit-)entscheidend sein. Es kann nicht allein darauf ankommen, ob eine Tilgung im Bundeszentralregister nach § 47 Abs. 3 BZRG aufgrund neuer Verurteilungen ausscheidet. Ist die für die isoliert betrachtete Insolvenzstraftat nach § 46 BZRG maßgebliche Tilgungsfrist verstrichen, darf sie bei der Versagung der Restschuldbefreiung nicht mehr berücksichtigt werden.
Dies entspricht auch dem Ausschluss eines Geschäftsführers oder des Vorstands einer Aktiengesellschaft von dieser Tätigkeit aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung. In diesen Fällen enthält das Gesetz in § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 GmbHG, § 76 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AktG jeweils eine feste Frist für den Ausschluss von der Bestellung zum Geschäftsführer oder Vorstand aufgrund einer Verurteilung wegen bestimmter Straftaten, die fünf Jahre seit Rechtskraft des Urteils beträgt.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18. Februar 2010 – IX ZB 180/09
- BGH, Beschluss vom 18.12.2002 – IX ZB 121/02, NJW 2003, 974[↩]
- vgl. AG Duisburg NZI 2001, 669; AG München ZVI 2004, 129; AG Dresden ZVI 2009, 330[↩]
- OLG Celle ZInsO 2001, 414, 416 f; LG Düsseldorf NZI 2002, 674; AG Stuttgart NZI 2005, 641; Braun/Lang, InsO 3. Aufl. § 290 Rn. 9; FK-InsO/ Ahrens, 5. Aufl. § 290 Rn. 15; HK-InsO/Landfermann, 5. Aufl. § 290 Rn. 7; HmbKomm-InsO/Streck, 3. Aufl. § 290 Rn. 10; MünchKomm-InsO/Stephan, 2. Aufl. § 290 Rn. 27; Römermann in Nerlich/Römermann, InsO § 290 Rn. 34; Uhlenbruck/Vallender, InsO 12. Aufl. § 290 Rn. 26; Wenzel in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 290 Rn. 9; Pape in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insol-venzverwaltung 8. Aufl. § 17 Rn. 57; Fuchs EWiR 2001, 736; Hergenröder DZWiR 2001, 342, 344; Röhm DZWiR 2003, 143, 147[↩]
- BGH, aaO S. 975[↩]
- BT-Drs. 12/2443, S. 190[↩]