In Verfahren, in denen ein bayerisches Berufungsgericht die Revision zulässt, hat dieses nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EGZPO gleichzeitig über die Zuständigkeit entweder des Bayerischen Obersten Landesgerichts oder des Bundesgerichtshofs für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel zu befinden.

Die versehentlich unterbliebene Entscheidung über das zuständige Revisionsgericht kann das Berufungsgericht mit Bindungswirkung durch Berichtigungsbeschluss gemäß § 319 Abs. 1 ZPO nachholen. Bestimmt das Berufungsgericht nachträglich das Bayerische Oberste Landesgericht als Revisionsgericht, ist diese Entscheidung auch für den Bundesgerichtshof gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 EGZPO bindend. Dieser erklärt sich entsprechend § 7 Abs. 2 Satz 2 EGZPO für unzuständig und übersendet die Prozessakten dem Bayerischen Obersten Landesgericht.
Gemäß Art. 11 Abs. 1 BayAGGVG tritt das Bayerische Oberste Landesgericht, das – nach seiner vorübergehenden Auflösung – mit Wirkung vom 15.09.2018 wieder errichtet worden ist, in dem durch § 8 Abs. 2 EGGVG abgesteckten Rahmen als Revisions- und Rechtsbeschwerdegericht an die Stelle des Bundesgerichtshofs, wenn im Wesentlichen Rechtsnormen zur Anwendung kommen, die im Landesrecht Bayerns enthalten sind. In Verfahren, in denen ein bayerisches Berufungsgericht die Revision zulässt, hat dieses daher nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EGZPO gleichzeitig über die Zuständigkeit entweder des Bayerischen Obersten Landesgerichts oder des Bundesgerichtshofs für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel zu befinden. Die Entscheidung ist für das gesamte weitere Verfahren gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 EGZPO bindend.
Solange eine solche Entscheidung, etwa versehentlich, von dem Berufungsgericht nicht getroffen worden ist, kann die zugelassene Revision nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz fristwahrend sowohl beim Bundesgerichthof als auch beim Bayerischen Obersten Landesgericht eingelegt (und begründet) werden1.
Dementsprechend konnte die Klägerin im vorliegenden Fall infolge zunächst unterbliebener Bestimmung des zuständigen Revisionsgerichts durch das Oberlandesgericht das Rechtsmittel innerhalb der Monatsfrist des § 548 ZPO bei beiden Revisionsgerichten einlegen. Die gegenüber einem der beiden Revisionsgerichte bis zur endgültigen Zuständigkeitsbestimmung vorgenommenen Prozesshandlungen behalten ihre Wirksamkeit auch dann, wenn nachträglich die Zuständigkeit des anderen Gerichts bestimmt wird2.
Die Entscheidung über das zuständige Revisionsgericht konnte das Berufungsgericht mit Bindungswirkung durch Berichtigungsbeschluss gemäß § 319 Abs. 1 ZPO nachholen. Bestimmt das Berufungsgericht – wie hier – nachträglich das Bayerische Oberste Landesgericht als Revisionsgericht, ist diese Entscheidung auch für den Bundesgerichtshof gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 EGZPO bindend. Dieser erklärt sich entsprechend § 7 Abs. 2 Satz 2 EGZPO für unzuständig und übersendet die Prozessakten dem Bayerischen Obersten Landesgericht3.
Im vorliegenden Fall fehlt dem Berichtigungsbeschluss nicht ausnahmsweise die Bindungswirkung. Es trifft zwar zu, dass Berichtigungsbeschlüsse, die erkennbar keine gesetzliche Grundlage haben, nicht bindend sind4. So liegt der Fall hier aber nicht. Aus den Gründen seines Urteils ergibt sich eindeutig, dass das Berufungsgericht die Entscheidung maßgeblich auf Bestimmungen des bayerischen Heilberufe-Kammergesetzes sowie auf die Auslegung der von der Bayerischen Landesärztekammer nach Art. 35 Abs. 1 HKaG als Satzung erlassenen Weiterbildungsordnung gestützt hat. Der landesrechtliche Rechtsstoff bildet somit den Schwerpunkt des Rechtsstreits und überwiegt im Sinne des § 8 Abs. 2 EGGVG. Zudem hat das Berufungsgericht im Rahmen der Entscheidung über die Zulassung der Revision die Bedeutung der Auslegung des § 2 der Weiterbildungsordnung für die Ärzte Bayerns „hinsichtlich der für die Gebietskonformität fachärztlicher Tätigkeit maßgeblichen Kriterien“ hervorgehoben. Jedenfalls vor diesem Hintergrund war es zulässig, den Urteilstenor hinsichtlich der versehentlich unterbliebenen Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 319 Abs. 1 ZPO mit Bindungswirkung für den Bundesgerichtshof und das Bayerische Oberste Landesgericht zu berichtigen5. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Bestimmung des zuständigen Revisionsgerichts auch durch Urteilsergänzung nach § 321 ZPO nachgeholt werden kann6.
Indem die Klägerin im vorliegenden Fall die Revision sowohl beim Bundesgerichtshof als auch beim Bayerischen Obersten Landesgericht eingelegt hat, hat sie zwar zwei Verfahren eingeleitet; es liegt jedoch nur ein einheitliches Rechtsmittel vor, über das einheitlich zu entscheiden ist. Die zeitgleich anhängigen Rechtsmittelverfahren müssen durch die angerufenen Gerichte koordiniert werden7. Im Fall einer bindenden nachträglichen Zuständigkeitsbestimmung (§ 7 Abs. 1 EGZPO) sind die beiden Revisionsverfahren dadurch zusammenzuführen, dass das nunmehr unzuständige Revisionsgericht entsprechend § 7 Abs. 2 Satz 2 EGZPO verfährt, das heißt seine Unzuständigkeit erklärt und die Sache unter Übersendung der Prozessakten an das zuständige Revisionsgericht abgibt. Insoweit kommen entgegen der Ansicht des Beklagten weder die Erledigterklärung des Rechtsmittels noch dessen Verwerfung als unzulässig in Betracht.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18. Februar 2021 – III ZR 79/20
- BGH, Beschluss vom 06.06.2019 – III ZB 98/18, NJW 2020, 691 Rn. 6; BGH, Urteile vom 08.10.1980 – IVb ZR 505/80 8, insoweit in NJW 1981, 172 nicht abgedruckt; vom 20.01.1994 – I ZR 250/91, NJW 1994, 1224; und vom 14.01.2005 – V ZR 99/04, NJW-RR 2005, 716, 717; Beschlüsse vom 26.11.1980 – IVb ZR 592/80, NJW 1981, 576, 577; vom 19.08.1998 – XII ZB 43/97, NJW 1998, 3571; und vom 04.05.2005 – XII ZR 217/04, NJW-RR 2005, 1230[↩]
- BGH, Urteil vom 08.10.1980 aaO Rn. 9; Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl., § 7 EGZPO Rn. 4[↩]
- vgl. Zöller/Heßler aaO Rn. 4 für den Fall einer gänzlich unterbliebenen Zuständigkeitsentscheidung[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 09.12.1987 – IVa ZR 155/86, NJW-RR 1988, 407, 408; und vom 25.02.2000 – V ZR 206/99, NJW-RR 2001, 61[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 08.10.1980 aaO Rn. 7, 9; vom 20.01.1994 aaO; vom 14.01.2005 aaO; und vom 17.12.2020 – I ZR 158/19, BeckRS 2020 39398 Rn. 7; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 41. Aufl., § 8 EGZPO Rn. 4; Zöller/Heßler aaO[↩]
- vgl. BGH, Beschlüsse vom 19.08.1998 aaO und 4.05.2005 aaO; BLHAG/Schmidt, ZPO, 79. Aufl., § 7 EGZPO Rn. 2; Zöller/Heßler aaO[↩]
- BGH, Beschluss vom 26.11.2020 – V ZB 151/19, BeckRS 2020, 36581 Rn. 10 f; siehe auch Urteil vom 15.02.2005 – XI ZR 171/04, NJW-RR 2005, 780 und Beschluss vom 29.09.2011 – V ZB 157/11, NJW-RR 2012, 141 Rn. 5[↩]