Zu verklagen sind nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG ausnahmslos sämtliche (übrigen) Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Zu verklagen sind nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG stets sämtliche übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft [1]. Da diese notwendige Streitgenossen nach § 62 Abs. 1 ZPO sind [2], muss sich sowohl die Klage wie auch die Berufung gegen sämtliche Streitgenossen richten. Die Vorschrift des § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs insoweit nicht einschränkend auszulegen.
Nach dem klaren und unzweideutigen Normtext ist die Anfechtungsklage gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten. Ausnahmen, die an die materiellrechtliche Betroffenheit anknüpfen, sieht die Regelung – anders als § 48 Abs. 1 Satz 1 WEG für die Beiladung – nicht vor.
Wie die Entstehungsgeschichte der Vorschrift belegt, beruht die Fassung des § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers [3]. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthielt zunächst keine Regelung des Anfechtungsgegners [4]. In der Begründung heißt es, es bestehe kein Regelungsbedürfnis; der Entwurf gehe davon aus, dass bei Beschlussanfechtungen alle Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Anfechtenden Beklagte seien [5]. Der Bundesrat bat sodann unter Hinweis auf abweichende Meinungen in der Literatur um die Klarstellung, gegen wen die Anfechtungsklage zu richten sei [6]. Die Bundesregierung kam dieser Bitte nach und fügte in § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG die Regelung ein, dass die Anfechtungsklage gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu erheben sei [7]. Diese Regelung wurde – mit einer weiteren Klarstellung hinsichtlich der Anfechtungsbefugnis des Verwalters – vom Rechtsausschuss dem Bundestag vorgelegt und schließlich gebilligt [8]. Ausnahmen wurden nicht vorgesehen, obwohl die Problematik der Mehrhausanlagen bekannt war [9]. Angesichts dieser klaren gesetzgeberischen Entscheidung ist bei der Bestimmung des Klagegegners für eine Anknüpfung an Kriterien materiellrechtlicher Betroffenheit kein Raum [10]. Schon deshalb kann dem – noch zum alten WEG-Recht ergangenen – BGH-Beschluss vom 2. Oktober 1991 [11] nichts Ausschlaggebendes für eine einschränkende Auslegung des nunmehrigen § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG entnommen werden. Das gilt umso mehr, als sich die Entscheidung lediglich zu der von dem Bundesgerichtshof verneinten Frage verhält, ob bei der Geltendmachung eines nur einem Wohnungseigentümer gegen den Verwalter zustehenden Schadensersatzanspruches in Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG aF auch die anderen Wohnungseigentümer zu beteiligen waren; um die Bestimmung des Gegners in Anfechtungsverfahren (§ 43 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 WEG aF) ging es nicht.
Schließlich untermauern Gründe der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit die aus der sprachlichen Fassung und der Entstehungsgeschichte der Norm gewonnene Auslegung. Bei der Bestimmung des richtigen Klagegegners ist darauf Bedacht zu nehmen, dass auch eine nicht anwaltlich vertretene Partei ohne komplizierte rechtliche Überlegungen ermitteln kann, gegen wen eine Anfechtungsklage zu richten ist. Dies schließt es aus, die Vorschrift unter Heranziehung von Kriterien einschränkend auszulegen, die – wie etwa die materiellrechtliche Betroffenheit – im Wortlaut der Vorschrift keine Stütze finden [12]. Es erscheint nicht sachgerecht, Anfechtungsklägern – zumal solchen ohne anwaltliche Vertretung – die Prüfung anzusinnen, ob eine von der Rechtsprechung bereits anerkannte Ausnahmekonstellation vorliegt, ob der in Rede stehende Streitfall dieser zumindest vergleichbar ist und ob eine einschränkende Auslegung des § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG je nach Sachlage daran scheitert, dass im konkreten Fall alle übrigen Wohnungseigentümer – etwa mit Blick auf die Regelung des § 10 Abs. 8 WEG – materiell betroffen sind. Vor diesem Hintergrund gilt daher auch dann nichts anderes, wenn durch die Gemeinschaftsordnung – anders als im hier entschiedenen Fall – Untergemeinschaften mit eigener Beschlusskompetenz gebildet worden sind.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. November 2011 – V ZR 45/11
- vgl. nur LG Köln, ZWE 2010, 191; Schultzky, ZMR 2011, 521, 522 f., Rüscher, JurisPR-MietR 17/2011, Anm. 5 unter C., ZfIR 2011, 369, 370 f. und ZWE 2011, 308, 315; Elzer, MietRB 2011, 218 f. und 257 f.; BeckOK WEG/Dötsch, Edition 10, § 10 Rn. 40a; BeckOK WEG/Elzer, Edition 10, § 46 Rn. 123; einschränkend LG München I, NJW-RR 2011, 448 f.; LG Düsseldorf, NZM 2010, 288[↩]
- vgl. nur BT-Drucks. 16/887 S. 73; Klein in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 46 Rn. 62; Bärmann/Pick, WEG, 19. Aufl., § 46 Rn. 2; vgl. auch Lüke, FS für Merle, 2010, S. 229, 233 f.[↩]
- vgl. auch Schultzky, ZMR 2011, 521, 522[↩]
- BT-Drucks. 16/887 S. 7[↩]
- BT-Drucks. 16/887 S. 38[↩]
- BT-Drucks. 16/887 S. 50 f.[↩]
- BT-Drucks. 16/887 S. 73[↩]
- BT-Drucks. 16/3843 S. 13 u. 28[↩]
- vgl. BT-Drucks. 16/887 S. 39 u. 51[↩]
- vgl. auch BGH, Beschluss vom 14.05.2009 – V ZB 172/08, NJW 2009, 2135, 2136 Rn. 13[↩]
- BGH, Beschluss vom 02.10.1991 – V ZB 9/91, BGHZ 115, 253, 255 f.[↩]
- vgl. auch BT-Drucks. 16/887 S. 51[↩]