Wenn im Rechtsstreit vorgelegte Vergleichsangebote anderer Vermieter mit der tatsächlichen Anmietsituation nicht vergleichbar sind, ist kein Sachverständigengutachten zur Ermittlung der auf den konkreten Fall bezogenen Marktsituation einzuholen. Vielmehr können dann die nach einem Verkehrsunfall als Normaltarif zu erstattenden Mietwagenkosten gemäß § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO nach dem arithmetischen Mittelwert aus Schwacke-Liste und Fraunhofer-Tabelle geschätzt werden.

Einer Beweisaufnahme zur Höhe des Normaltarifs bedarf es in einem solchen Fall nicht, weil darüber im Wege der Schadensschätzung gemäß § 287 Abs. 1 S. 2 ZPO auf der Grundlage der einschlägigen Tabellenwerke von Schwacke und Fraunhofer entschieden werden kann. Die von der Klägerin verweigerte Einzahlung des vom Landgericht zur Einholung eines Sachverständigengutachtens über die konkrete Höhe des Normaltarifs in den hier maßgeblichen Anmietzeiträumen angeforderten Auslagenvorschusses rechtfertigt deshalb die Klagabweisung nicht.
Zum einen ist bereits das betreffende Bestreiten der Beklagten (Haftpflichtversicherung der Unfallverursacher) ohne hinreichende Substanz. Denn die von ihr vorgelegten Internet-Angebote spiegeln jeweils die tatsächliche Anmietsituation nicht zutreffend wieder.
Das gilt schon deshalb, weil für alle vier Fälle die im Rahmen der Vollkaskoversicherung des jeweiligen Mietfahrzeugs anfallende Selbstbeteiligung entweder überhaupt nicht (Angebote der Vermieter AVIS und Hertz) oder mit einem höheren als dem ausweislich des betreffenden Mietvertrages vereinbarten Betrag (Angebote der Vermieter Europcar und Sixt) angegeben ist.
Eine hinreichende Vergleichbarkeit mit den Angebotsausdrucken fehlt zudem auch deswegen, weil sich den Internet-Angeboten nicht entnehmen lässt, dass die tatsächlich jeweils vereinbarte Verbringung und Abholung des Mietfahrzeugs an bzw. von einem anderen Ort als der jeweiligen Vermietstation möglich gewesen wäre und was dies gegebenenfalls zusätzlich gekostet hätte.
Der klägerische Vortrag zu den Verbringungskosten war insoweit ausreichend. Denn in den von den Geschädigten unterschriebenen Mietverträgen war jeweils ausdrücklich eine Zustellung und Abholung des Mietwagens vorgesehen, und die Verbringung wurde anschließend in den zugehörigen Rechnungen auch abgerechnet, wobei dort zugleich die Länge der betreffenden Verbringungsstrecke konkret aufgeschlüsselt war. In allen drei Fällen ergibt sich zudem aus den jeweiligen zeitgleich mit den Mietverträgen unterzeichneten Sicherungsabtretungen (die ebenfalls von den Kunden unterschrieben sind), dass sich die betreffenden Unfallfahrzeuge zum fraglichen Zeitpunkt in einer Werkstatt befanden. Insgesamt besteht deshalb kein durchgreifender Zweifel daran, dass jeweils eine Verbringung des Mietwagens vereinbart und auch tatsächlich durchgeführt worden ist. Das lediglich pauschale Bestreiten dieser Umstände durch die Beklagte reicht vor diesem Hintergrund nicht aus [1].
Die Vergleichbarkeit der von der Beklagten vorgelegten Internet-Angebote scheitert darüber hinaus auch daran, dass sie sich auf einen vorab vom Kunden zu bestimmenden Zeitraum der Anmietung beziehen; eine solche Festlegung ist aber den Geschädigten im Regelfall vorab wegen der Ungewissheit der Zeitdauer bis zum Vorliegen des Schadensgutachtens und der sich daran anschließenden Reparaturdauer bzw. Ersatzbeschaffung nicht hinreichend sicher möglich. Dass die in den Internet-Ausdrucken genannten Preise auch gewährt werden, wenn zunächst das Ende der Anmietung offen bleibt, ist weder von der Beklagten vortragen worden noch sonst ersichtlich [2].
Hinzu kommt, dass die vorgelegten Internet-Angebote einen anderen Zeitraum betreffen als in den zu entscheidenden Streitfällen. Die Behauptung der Beklagten, trotzdem sei der sich aus den Internet-Angeboten ergebende Preis auf dem gleichem Niveau wie in den Vorjahren, erfolgt ersichtlich ins Blaue hinein. Das ergibt sich schon aus den Erläuterungen im Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2009 des Fraunhofer Instituts. Denn danach haben sich je nach Mietzeitraum und Klassenkategorie durchaus im Vergleich der Jahre 2008 und 2009 auch Preissenkungen ergeben. Dem von der Beklagten angebotenen Sachverständigenbeweis für die Behauptung, das Preisniveau sei in den Jahren 2007 und 2011 dennoch im Ergebnis gleich geblieben, war deshalb nicht nachzugehen. Im Übrigen würde die Einholung eines solchen Gutachtens letztlich eine reine Ausforschung darstellen.
Das gilt umso mehr, als die Beklagte selbst vorgetragen hat, dass ein vom Gericht mit der Ermittlung des örtlichen Normaltarifs beauftragter Sachverständiger bei anonymer Ermittlung (d. h. ohne Offenlegung des Erhebungszwecks) nicht etwa die aus den von ihr vorgelegten Internet-Angeboten ersichtlichen Preise, sondern stattdessen vergleichbare Tarife wie die Fraunhofer-Tabelle ermitteln würde (die aber nach der eigenen Zusammenstellung der Beklagten im selben Schriftsatz durchweg höher als der Durchschnitt der Preise aus den vorgelegten Internet-Angeboten liegen).
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18. Dezember 2012 [3] steht dieser Beurteilung nicht entgegen.
Zum einen hat der Bundesgerichtshof das angefochtene Urteil in jenem Fall nur deshalb aufgehoben, weil sich das Berufungsgericht dort mit dem konkreten Sachvortrag des beklagten Versicherers zu einer unzureichenden Abbildung des Preisniveaus des maßgebenden Normaltarifs durch den Schwacke-Mietpreis-spiegel überhaupt nicht näher auseinandergesetzt hatte. Diese Auseinandersetzung hat hingegen das Oberlandesgericht Celle im vorliegenden Fall vorgenommen.
Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung abschließend ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Tatrichter bei der Frage, wie er etwaigem ausreichend konkreten Sachvortrag der beklagten Partei zum maßgeblichen Niveau des Normalpreises zum Zeitpunkt der Anmietung Rechnung trägt, durch § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO freier gestellt ist. Anstatt eine Beweisaufnahme durchzuführen, kann der Tatrichter danach etwaigen Zweifeln daran, dass es sich bei den in einer Liste ausgewiesenen Mietpreisen um den im Einzelfall maßgeblichen Normalpreis handelt, beispielsweise auch durch Zu- oder Abschläge Rechnung tragen.
Nachdem die Beklagte die Fraunhofer-Tabelle ausdrücklich als geeignete Schätzungsgrundlage akzeptiert und sich ihre Einwendungen nur gegen das in den Schwacke-Listen abgebildete Preisniveau richten, hält es der Senat nach wie vor für angemessen, den bestehenden Zweifeln an der richtigen Ausweisung des Normalpreises in den Schwacke-Listen dadurch Rechnung zu tragen, indem der erstattungsfähige Normaltarif im Regelfall nach dem arithmetischen Mittelwert aus Schwacke-Liste und Fraunhofer-Tabelle geschätzt wird. Denn auch dies stellt eine Form des vom BGH ausdrücklich gebilligten „Abschlages“ dar.
Das Oberlandesgericht hält in diesem Zusammenhang weiterhin an seiner bereits in dem Urteil vom 29. Februar 2012 [4] näher begründeten Einschätzung fest, dass sich die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht als geeignetes Beweismittel für die tatsächliche Verfügbarkeit der vorgelegten Internet-Angebote in realen – zurückliegenden – Anmietzeiträumen darstellt.
Die Beklagte hat im vorliegenden Rechtsstreit auch keinerlei Umstände vorgetragen, die Anlass zu einer abweichenden Bewertung geben könnten. Insbesondere hat sie keinen konkreten Sachverständigen namhaft gemacht, der in dem hier maßgeblichen räumlichen Bereich im Umkreis von W. und D. aus unmittelbarer eigener Sachkenntnis aufgrund entsprechender zeitnaher Markterkundungen über detaillierte Kenntnisse über das normale Mietpreisniveau im Herbst 2007 für Fahrzeuge der hier in Rede stehenden Fahrzeuggruppen verfügen würde. Der vom Landgericht dazu benannte hannoversche Sachverständige hat derartige Kenntnisse jedenfalls ersichtlich nicht. Insgesamt sieht der Senat deshalb nach wie vor keine Anknüpfungspunkte dafür, dass die einem Sachverständigen üblicherweise zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel den Erhebungsmethoden, die den bei der Schätzung herangezogenen Listen von Fraunhofer und Schwacke zugrunde liegen, grundsätzlich überlegen wären und zu genaueren Ergebnissen führen könnten [5].
Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 9. Oktober 2013 – 14 U 51/13
- Festhaltung an den Grundsätzen in OLG Celle, Urteil vom 29.02.2012 – 14 U 49/11[↩]
- ebenso OLG Köln, Urteil vom 26.02.2013 – 3 U 141/12, m.w.N.; und OLG Koblenz, MRW 2012, 33; so im Ergebnis ferner auch OLG Stuttgart, MRW 2013, 28, Leitsätze 3 und 4[↩]
- BGH, Urteil vom 18.12.2012 – VI ZR 316/11, VersR 2013, 330[↩]
- OLG Celle, Urteil vom 29.02.2012 – 14 U 49/12[↩]
- ebenso auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 01.02.2013 – 1 U 130/12[↩]