Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Mobilfunkanbieters, nach der für die Überlassung der SIM-Karte ein „Pfand“ in Höhe von 29,65 € erhoben wird, das als „pauschalierter Schadensersatz“ einbehalten wird, sofern der Kunde die Karte nicht innerhalb von drei Wochen nach Ablauf der Gültigkeitsdauer und Beendigung des Kundenverhältnisses in einwandfreiem Zustand zurücksendet, ist unwirksam.

Diese Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Mobilfunkanbieters verstößt gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil die darin enthaltene Regelung, dass die Beklagte ein SIM-Kartenpfand in Höhe von 29,65 € erhebt, ihre Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
Allerdings sind Klauseln, die die Gestellung von Sicherheiten für Forderungen des Verwenders beinhalten, nicht von vorneherein zu beanstanden1. Sie stellen jedoch eine unangemessene Benachteiligung des Gegners des Verwenders dar, wenn die Höhe der Sicherheit über das zu sichernde Interesse erheblich hinausgeht.
Dies ergibt sich nicht zuletzt aus einer Parallelwertung zu § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB. Danach ist die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung unwirksam, wenn die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt. Dies beruht auf dem allgemeinen Grundsatz, dass sich der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen für den Fall von Leistungsstörungen keine Vorteile auf Kosten seines Vertragspartners verschaffen darf, die sein Interesse an der vereinbarungsgemäßen Abwicklung des Rechtsverhältnisses erheblich übersteigen.
Das im hier entschiedenen Fall vom Mobilfunkanbieter erhobene Kartenpfand in Höhe von 29,65 € ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs durch ein anzus Interesse nicht gerechtfertigt. Die als Barkaution beanspruchten 29,65 € übersteigen den materiellen Wert der zurückzugebenden SIM-Karte bei weiten. Ausgangspunkt bei der Bemessung des Sicherungsinteresses kann dabei nicht der „Neuwert“ einer SIM-Karte, sondern allein der Materialwert (Recycling-Wert) einer gebrauchten und deaktivierten SIM-Karte sein.
Diesbezüglich ist die Erwägung, der Mobilfunkanbieter habe auch mit Rücksicht auf eine etwaige Wiederverwertung der in den zurückzusendenden Karten enthaltenen Rohstoffe („Kartenrecycling“) kein berechtigtes Interesse an dem seinem Kunden abverlangten Pfand, weil er die rücklaufenden Karten vernichten lässt, nicht zu beanstanden.
Unbegründet ist für den Bundesgerichtshof insoweit auch die vom Mobilfunkanbieter geäußerte Sorge, ihm werde es bei Rechtskraft der ohne zeitliche Beschränkung ausgesprochenen Verurteilung, die Verwendung der Klausel zu unterlassen, unmöglich gemacht, später die Wiederverwertung der deaktivierten Karten in Angriff zu nehmen, da die hierfür erforderliche Rücklaufquote deaktivierter Karten ohne das Pfand nicht gewährleistet sei. Sollte er die Wiederverwertung der Karten tatsächlich ernsthaft betreiben, würde sich der der Verurteilung zugrundeliegende, den Streitgegenstand und damit den Umfang der Rechtskraft bestimmende Sachverhalt2 ändern, so dass die Rechtslage neu zu prüfen wäre.
Auch hat der Mobilfunkanbieter kein das verlangte Pfand rechtfertigendes, schützenswertes Interesse dargetan, zur Vermeidung von rufschädigenden Datenschutzskandalen die deaktivierten SIM-Karten zurückzuerlangen.
Insbesondere hält sich die Erwägung, dass die Gefahr des unbefugten Auslesens von auf der Karte gespeicherten Daten in erster Linie auch schon während ihrer Nutzung bestehe, innerhalb des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums. Sie steht nicht im Widerspruch zu dem vom Mobilfunkanbieter behaupteten Erfahrungssatz, der durchschnittliche Mobilfunkkunde werde der Sicherheit seiner – insbesondere noch in seinem Mobilfunkgerät befindlichen – aktivierten SIM-Karte größere Aufmerksamkeit schenken, als dem Verbleib einer bereits deaktivierten und deshalb vermeintlich nutzlosen Karte. Dies mag richtig sein, schließt aber nicht aus, dass für potentielle „Datenspione“ eine aktive SIM-Karte mit mutmaßlich aktuellen Daten interessanter ist als eine nicht mehr nutzbare. Hinzu tritt, dass eine in einem Mobilfunkgerät eingelegte, aktive Karte leichter aufzufinden ist als eine solche, die nach ihrer Deaktivierung aus dem Gerät entfernt und irgendwo abgelegt ist oder weggeworfen wird.
Aus der Unwirksamkeit der Pfandbestimmung in den AGB folgt zugleich, dass auch die dort ebenfalls enthaltene Schadensersatzbestimmung keinen Bestand haben kann, wonach bei einem Verstoß des Kunden gegen die zuvor statuierte Rücksendepflicht das Pfand von 29,65 € als pauschalierter Schadensersatz einbehalten wird. Diese Schadensersatzregelung knüpft sprachlich und inhaltlich an die aus den vorstehenden Gründen unwirksame Klausel über die Erhebung des Kartenpfands an. Bei Streichung des hierauf bezogenen Satzteils („behält D. Telecom das Pfand in Höhe von 29,65 € inkl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer … ein“) ergibt die Klausel inhaltlich und sprachlich keinen Sinn mehr. Auf die weiteren Erwägungen zur Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1, § 309 Nr. 4 und 5 Buchst. a BGB kommt es nicht mehr an, da nur inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung sein können. Die Trennbarkeit einer Klausel und damit ihre Zerlegung in einen inhaltlich zulässigen und einen inhaltlich unzulässigen Teil ist nur dann gegeben, wenn der unwirksame Teil der Klausel gestrichen werden kann, ohne dass der Sinn des anderen Teils darunter leidet (sog. bluepenciltest)3, was hier nicht der Fall ist.
Auch die AGBmäßig bestimmte dreiwöchige Rücksendefrist für die SIM-Karte ist wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Es kann dabei auf sich beruhen, ob die Bestimmung, nach der die SIM-Karten nach Beendigung des Vertragsverhältnisses binnen drei Wochen in einwandfreiem Zustand an die Beklagte zurückzusenden sind, für sich genommen zu beanstanden ist. Die Unwirksamkeit der Pfand- und Schadensersatzregelung erstreckt auch dann auf die Regelung der Rücksendefrist, wenn diese Bestimmung – bei Hinwegdenken der AGB-Regelungen zu Pfand und pauschalem Schadensersatz – für sich genommen unbedenklich ist. Ist eine von mehreren Bestimmungen Allgemeiner Geschäftsbedingungen schon für sich gesehen unwirksam und steht sie mit einer anderen, bei isolierter Betrachtung unbedenklichen Klausel in einem inneren Zusammenhang, kann sich die Unwirksamkeit der Gesamtregelung ergeben4.Denn der Verwender einer aus mehreren Teilen bestehenden Klausel, deren einer Teil nur Bestand haben kann, wenn der andere Teil unwirksam ist, kann sich wegen des Gebotes der Transparenz vorformulierter Vertragsbedingungen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) nicht zu seinen Gunsten auf die Unwirksamkeit des anderen Klauselteils berufen. Nichts anderes kann bei äußerlich getrennten Klauseln gelten, die inhaltlich aufeinander bezogen sind5.
So liegt der Fall hier. Die AGB-Bestimmung zur Rücksendefrist trifft Vorkehrungen zur Sicherung der in den AGB geregelten Rücksendeverpflichtung des Kunden, eine weitere AGB-Bestimmung bestimmt die Rechtsfolgen für den Fall des Verstoßes gegen diese Pflicht. Sämtliche drei Bestimmungen sind damit inhaltlich miteinander verwoben und stellen ein Gesamtregelungspaket dar. Die (mögliche) Unbedenklichkeit der Rücksendefrist ergibt sich nur infolge der Unwirksamkeit der Sätze 3 und 5. Aus Gründen des Klarheitsgebots des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich der Mobilfunkanbieter aber zu nicht seinen Gunsten auf die Unwirksamkeit dieser von ihm selbst gestellten Regelungen berufen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 9. Oktober 2014 – III ZR 32/14
- vgl. z. B. BGH, Urteile vom 14.07.1987 – X ZR 38/86, BGHZ 101, 307, 315; und vom 08.10.1986 – VIII ZR 342/85, BGHZ 98, 303, 308[↩]
- vgl. hierzu BGH, Urteile vom 23.02.2006 – I ZR 272/02, BGHZ 166, 253 Rn. 23 ff, 29 f; und vom 14.07.1995 – V ZR 171/94, NJW 1995, 2993, 2994[↩]
- st. Rspr. z.B. BGH, Urteil vom 10.10.2013 – III ZR 325/12, NJW 2014, 141 Rn. 14 mwN[↩]
- BGH, Urteile vom 25.06.2003 – VIII ZR 335/02, NJW 2003, 3192 f; vom 14.05.2003 – VIII ZR 308/02, NJW 2003, 2234, 2235; und vom 26.10.1994 – VIII ARZ 3/94, BGHZ 127, 245, 253 f; siehe auch Urteil vom 12.09.2007 – VIII ZR 316/06, WM 2007, 2336 Rn. 15[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 25.06.2003, 14.05.2003 und 26.10.1994 jew. aaO[↩]