Nach § 39 Abs. 1 GKG werden die Werte mehrerer Streitgegenstände in demselben Verfahren und Rechtszug zusammengerechnet. Die Frage, ob die Zusammenrechnung der Streitgegenstandswerte dabei eine (zumindest vorübergehende) gleichzeitige Anhängigkeit erfordert oder auch bei nacheinander verfolgten Streitgegenständen eine Addition zu erfolgen hat, ist in der Rechtsprechung und Literatur umstritten1.

Die Befürworter der zwingend gleichzeitig geltend gemachten Streitgegenstände stützen sich im Wesentlichen auf die Entstehungsgeschichte des § 39 GKG, nach welcher nur gleichzeitig Vorhandenes zusammengerechnet werden könne2. Die Gegenansicht sieht in § 39 Abs. 1 GKG den Grundsatz der Streitwertaddition innerhalb eines Verfahrens und Rechtszugs, ohne dass ein gesetzgeberischer Wille zu erkennen sei, die Vorschrift wie die des § 5 Hs. 1 ZPO auszulegen3. Auch seien die Funktionen von Zuständigkeitsstreitwert (§ 5 ZPO) und Gebührenstreitwert (§§ 63, 39 ff. GKG) gänzlich unterschiedlich4.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe schließt sich nunmehr der zuletzt genannten Rechtsauffassung an. Es kann insoweit auf die überzeugenden Ausführungen in der Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 13.12.2022 – 19 W 6/22, Rn. 18 ff. verwiesen werden. Insbesondere erscheint es aus Sicht des Oberlandesgerichts widersprüchlich, dass der Gebührenstreitwert bei einer (Teil-)Rücknahme der Klage unverändert bleibt und eine gesonderte Klage einen neuen Streitwert auslöst, dem entgegen aber bei (Teil-)Rücknahme und gleichzeitiger bzw. anschließender Geltendmachung des neuen Klagebegehrens im Rahmen einer (zulässigen) Klageänderung der vormalige Klagestreitwert unberücksichtigt bleiben soll. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts gibt es für diese kostenrechtliche Bevorzugung desjenigen, der statt zweier selbstständiger Klagen zu erheben, in ein Verfahren nacheinander mehrere Streitgegenstände einführt, keinen Grund.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 29. September 2023 – 7 W 30/23
- vgl. Überblick bei: BeckOK KostR/Schindler, 42. Ed.01.07.2023, GKG § 39 Rn. 26; Toussaint/Elzer, 53. Aufl.2023, GKG § 39 Rn. 13; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13.12.2022 – 19 W 6/22, Rn. 13 ff.[↩]
- vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 28.02.2012 – 17 W 1/12, Rn. 3, juris m.w.N.[↩]
- OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13.12.2022 – 19 W 6/22, Rn. 17 ff., juris m.w.N.[↩]
- OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13.12.2022 – 19 W 6/22, Rn.20 ff.[↩]
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