Mit entsprechenden Geltung der Voraussetzungen von § 301 ZPO wegen der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen hatte sich jetzt der Bundesgerichtshof für den Fall zu befassen, dass der Kläger mehrere Ansprüche geltend macht, die sämtlich voraussetzen, dass der Kläger Eigentümer bestimmter Waren geworden ist, und das Berufungsgericht nur einen Teil der Ansprüche für entscheidungsreif erachtet, während es hinsichtlich des anderen Teils die Entscheidungsreife verneint und die Sache in diesem Umfang an das erstinstanzliche Gericht zurückverweist.

Der Bundesgerichtshof bejahte in diesem Fall die Anwendbarkeit der Grundsätze des § 301 ZPO:
Bei dem Berufungsurteil handelt es sich zwar nicht um ein Teilurteil im Sinne des § 301 ZPO, da sich die Urteilsformel ungeachtet der Zurückverweisung der Sache an das Landgericht hinsichtlich des mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachten Herausgabeanspruchs auf den gesamten in der Berufungsinstanz anhängigen Streitgegenstand erstreckt. Denn auch die Entscheidung über die Zurückverweisung der Sache an das Ausgangsgericht ergeht durch Endurteil, das das Verfahren für die zurückverweisende Instanz erledigt1.
Allerdings kann die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen nicht nur im Fall eines Teilurteils, sondern auch dann bestehen, wenn das Berufungsgericht wie hier einen Teil der Ansprüche für entscheidungsreif erachtet und hinsichtlich des anderen Teils die Entscheidungsreife verneint und die Sache in diesem Umfang an das Landgericht zurückverweist2. Ein solches Urteil kommt in seinen Wirkungen einem Teilurteil gleich und darf daher nur unter Beachtung der Voraussetzungen des § 301 ZPO erlassen werden3. Wird dies nicht beachtet, ist das Berufungsurteil wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels von Amts wegen aufzuheben4.
Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ist dann gegeben, wenn in einem Teilurteil oder, wie hier, in einem Urteil, das in seinen Wirkungen einem Teilurteil gleich kommt, eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann5. Das gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden6. Es genügt die Gefahr durch die abweichende Beurteilung eines Rechtsmittelgerichts im Instanzenzug7.
Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht im vorliegenden Fall rechtsfehlerhaft außer Acht gelassen: Es hat bei seiner stattgebenden Entscheidung über den Feststellungsantrag nicht berücksichtigt, dass nach Erteilung der Auskunft durch die Beklagte im Rahmen der Prüfung des mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachten Herausgabeanspruchs erneut über die Frage zu befinden sein wird, ob die Klägerin aufgrund der Vereinbarung vom 13./20.04.2011 Eigentümerin der streitgegenständlichen Waren geworden ist. Insoweit besteht die Gefahr, dass diese Vorfrage in einem späteren Urteil sei es auf Grund neuen Vortrags, sei es auf Grund geänderter Rechtsauffassung anders als im Berufungsurteil bezüglich des Schadensersatzanspruchs entschieden werden wird, da hinsichtlich der genannten Vorfrage die den Klageanträgen zu 1) und 3) stattgebende Entscheidung des Berufungsgerichts keine Bindungswirkung entfaltet.
Denn im Fall einer Stufenklage im Sinne von § 254 ZPO, die hier mit den Klageanträgen zu 1) und 2) erhoben wurde, erwächst die zur Auskunft verurteilende Entscheidung, soweit darin der Grund des Hauptanspruchs bejaht wird, bezüglich dieses Grundes weder in Rechtskraft noch entfaltet sie insoweit Bindungswirkung im Sinne von § 318 ZPO8.
Auch die Rechtskraft der Feststellung der Pflicht der Beklagten zum Schadensersatz beschränkt sich nach § 322 Abs. 1 ZPO auf die im Tenor ausgesprochene Rechtsfolge und erstreckt sich nicht auf die Feststellung zugrunde liegender präjudizieller Rechtsverhältnisse und sonstiger Vorfragen, aus denen der Richter den Schluss auf das Bestehen oder Nichtbestehen der von der Klagepartei beanspruchten Rechtsfolge zieht9.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 12. April 2016 – XI ZR 305/14
- Althammer in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. § 538 Rn. 49; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl., § 538 Rn. 23[↩]
- BGH, Urteil vom 13.07.2011 – VIII ZR 342/09, NJW 2011, 2800 Rn. 26[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 13.07.2011 – VIII ZR 342/09, NJW 2011, 2800 Rn. 26, 32; vom 09.11.2011 – IV ZR 171/10, NJW-RR 2012, 101 Rn. 28; und vom 01.03.2016 – VI ZR 437/14 32[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2011 – VIII ZR 342/09, NJW 2011, 2800 Rn. 31 f.[↩]
- BGH, Urteile vom 11.05.2011 – VIII ZR 42/10, BGHZ 189, 356 Rn. 13 mwN; und vom 09.11.2011 – IV ZR 171/10, NJW-RR 2012, 101 Rn. 29 mwN[↩]
- BGH, Urteile vom 11.05.2011, aaO Rn. 13 mwN; vom 09.11.2011, aaO Rn. 29; und vom 17.06.2015 XII ZR 98/13, NJW 2015, 2648 Rn. 25[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 11.01.2012 XII ZR 40/10, WM 2012, 1094 Rn.19; und vom 17.06.2015 XII ZR 98/13, NJW 2015, 2648 Rn. 25[↩]
- BGH, Urteile vom 26.04.1989 IVb ZR 48/88, BGHZ 107, 236, 242; vom 16.06.2010 – VIII ZR 62/09, WM 2011, 328 Rn. 24; und vom 29.03.2011 – VI ZR 117/10, BGHZ 189, 79 Rn. 17[↩]
- st. Rspr., BGH, Urteile vom 07.07.1993 – VIII ZR 103/92, BGHZ 123, 137, 140 mwN; und vom 12.05.2011 – III ZR 107/10, WM 2011, 1524 Rn. 38[↩]