Für die Haftungsbegründung des Tierhalters muss die von dem Tier ausgehende Gefahr nicht die einzige Ursache des eingetretenen Unfalls sein. Die Mitverursachung oder bloß mittelbare Verursachung ist ausreichend.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs äußert sich eine typische Tiergefahr in einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbständigen Verhalten des Tieres1. Führt das Scheuen eines Pferdes zu einer Schädigung, hat sich eine typische Tiergefahr ausgewirkt2. Das tierische Verhalten muss nicht die einzige Ursache des eingetretenen Unfalles sein. Es genügt vielmehr, wenn das Verhalten des Tieres für die Entstehung des Schadens adäquat mitursächlich geworden ist3.
Nach diesen Grundsätzen konnte im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall die Haftung des Tierhalters nicht mit der Begründung verneint werden, der Unfall sei konkret durch das Pony verursacht worden und keines der Ponys sei dem Geschädigten S. so nahe gekommen, dass sein tierisches Verhalten den Sturz konkret verursacht habe.
Auch bei der Tierhalterhaftung reicht die Mitverursachung oder bloß mittelbare Verursachung für die Haftungsbegründung aus.
Vorliegend sind alle fünf Ponys vor dem Sturz des Geschädigten im Kreuzungsbereich „gemeinschaftlich“ durchgegangen, ins Galoppieren verfallen und nach rechts in den Feldweg eingebogen, auf dem ihnen der Geschädigte S. mit einem Mountainbike entgegenkam, worauf dieser stürzte. Auf der Grundlage dieser Feststellungen können alle Ponys jedenfalls mittelbar zu dem Sturz des Geschädigten beigetragen haben. Demzufolge kann die von allen fünf Ponys ausgehende Tiergefahr adäquat kausal für dessen Sturz gewesen sein.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 27. Januar 2015 – VI ZR 467/13
- vgl. grundlegend BGH, Urteil vom 06.07.1976 – VI ZR 177/75, BGHZ 67, 129, 132 f. sowie Urteile vom 13.07.1976 – VI ZR 99/75, VersR 1976, 1175, 1176; vom 14.07.1977 – VI ZR 234/75, VersR 1977, 864, 865; vom 12.01.1982 – VI ZR 188/80, VersR 1982, 366, 367; vom 06.03.1990 – VI ZR 246/89, VersR 1990, 796, 797; vom 19.11.1991 – VI ZR 69/91, VersR 1992, 371, 372; vom 09.06.1992 – VI ZR 49/91, VersR 1992, 1145, 1146; vom 06.07.1999 – VI ZR 170/98, VersR 1999, 1291, 1292; und vom 20.12 2005 – VI ZR 225/04, VersR 2006, 416 Rn. 7[↩]
- BGH, Urteil vom 24.06.1986 – VI ZR 202/85, VersR 1986, 1206[↩]
- BGH, Urteil vom 20.12 2005 – VI ZR 225/04, aaO; OLG Nürnberg, OLGZ 1965, 153 ff.; vgl. auch OLG Hamm, NJW-RR 2001, 19; OLG Oldenburg, VersR 2002, 1166; Geigel/Haag, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 18 Rn. 9; MünchKomm-BGB/Wagner, 6. Aufl., § 833 Rn. 7; Soergel/Krause, BGB, 13. Aufl., § 833 Rn. 5; Erman/Schiemann, BGB, 14. Aufl., § 833 Rn. 5; Wussow/Rüge, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl., Kap. 11, Rn. 3 f., jeweils mwN[↩]