Schafft der berechtigte Besitzer eines bei einem Verkehrsunfall total beschädigten, sicherungsübereigneten Fahrzeugs ein Ersatzfahrzeug an, ist ihm von Schädiger die dabei angefallene Umsatzsteuer zu erstatten.

Dem berechtigten Mitbesitzer ist vom Schädiger der Schaden zu ersetzen, der durch den Eingriff in das Recht zum Besitz verursacht worden ist. Dazu gehört die Entziehung der Sachnutzung. Dieser Nutzungsschaden besteht – in gleicher Weise wie bei der Eigentumsverletzung – in den Aufwendungen für die Wiederbeschaffung eines dem beschädigten Fahrzeug gleichwertigen Ersatzes [1].
Der Besitzerin stand damit ein eigener Anspruch gegen die Unfallverursacherin auf Ersatz des Wiederbeschaffungsaufwandes für den bei dem streitgegenständlichen Unfall total beschädigten VW-Touran zu. (Wegen der bestehenden konkurrierenden Ersatzansprüche der Bank als Sicherungseigentümerin wäre auf diesen Anspruch § 432 BGB entsprechend anzuwenden [2]).
Sofern sie selbst eine eigene Ersatzbeschaffung veranlasst hätte, stünde ihr deshalb gem. § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB auch ein Anspruch auf Erstattung der dabei angefallenen Umsatzsteuer zu.
Allerdings ist im vorliegenden Fall unstreitig der Erwerb des Ersatzfahrzeuges nicht durch die Klägerin erfolgt, sondern durch ihren Ehemann. Nachdem ihr selbst kein eigener Ersatzbeschaffungsaufwand entstanden ist, fehlt es insoweit an einem in ihrer Person entstandenen eigenen Schaden. Soweit die Klage auf ein eigenes Recht der Klägerin gestützt ist, war sie deshalb unbegründet.
Nachdem der geltend gemachte Schadensersatzanspruch aber zugleich auch hilfsweise auf ein abgetretenes Recht des Ehemannes der Klägerin gestützt worden ist, hat das Landgericht der Klage wegen des streitigen Umsatzsteueranteils im Ergebnis mit Recht stattgegeben. Denn dem Ehemann der Klägerin stand ein dahingehender eigener Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 1 BGB, § 7 Abs. 1 StVG i. V. m. § 115 Abs. 1 VVG zu. Dabei kann letztlich dahinstehen, ob der Ehemann – insoweit entgegen dem eigenen Sachvortrag der Klägerin – zum Zeitpunkt des Unfalls Anwartschaftsberechtigter an dem streitgegenständlichen VW-Touran war. Hierfür sprechen allerdings die im Rechtsstreit vorgelegten Urkunden, weil der Ehemann das Fahrzeug beim Verkäufer erworben und sein erworbenes Eigentum auf die Bank sicherungsübereignet hat. Die im Kaufvertrag getroffene Regelung, dass zur Erlangung der staatlichen Abwrackprämie die Zulassung des erworbenen Neufahrzeuges unmittelbar auf die Klägerin erfolgen sollte, führt nicht dazu, dass diese deshalb auch Fahrzeugeigentümerin geworden ist. Denn die Zulassung ist für sich genommen kein Beleg für das Eigentum an einem Fahrzeug.
Allerdings kann die Eigentumsfrage im Ergebnis dahinstehen. Denn der Ehemann der Klägerin war jedenfalls zum Unfallzeitpunkt zugleich – dauerhaft – berechtigter Mitbesitzer des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Das ergibt sich daraus, dass er den (als Familienfahrzeug angeschafften) Pkw führte und unstreitig die Darlehensraten zahlte. Auch ihm ist deshalb – entsprechend den vorstehenden Ausführungen – ein eigener Nutzungsschaden entstanden, der in den Aufwendungen für die Wiederbeschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeuges besteht. Aufgrund der von der Bank erklärten Freigabe durfte der Ehemann der Klägerin diese Schadensposition gegenüber der Beklagten insgesamt in vollem Umfang allein durchsetzen. Nachdem er zugleich selbst die notwendige Ersatzbeschaffung durchgeführt hat, umfasst der bei ihm eingetretene ersatzfähige Schaden der Höhe nach auch den streitgegenständlichen Umsatzsteueranteil.
Auf die Frage, ob der Bank – wenn sie eine Ersatzbeschaffung veranlasst hätte – ein Recht zum Vorsteuerabzug zugestanden hätte oder nicht, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Denn die Bank hat den Ersatzbeschaffungsvorgang weder veranlasst noch durchgeführt. Dies war nach Sinn und Zweck der Sicherungsübereignung auch nie vorgesehen. Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage in Fällen der Sicherungsübereignung von derjenigen beim Finanzierungsleasing. Abgesehen davon ist auch beim Finanzierungsleasingvertrag nach zutreffender Auffassung in Bezug auf die auf den Wiederbeschaffungsaufwand anfallende Mehrwertsteuer auf die Verhältnisse beim Leasingnehmer abzustellen, wenn er die Ersatzbeschaffung durchführt [3].
Unabhängig davon – und ohne dass es für die Entscheidung des Senats entscheidend darauf ankäme – erweisen sich die Überlegungen der Beklagten zur Vorsteuerabzugsberechtigung der Bank allerdings ohnehin nicht als tragfähig. Denn nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 17.07.1980 [4] kommt es zu einem umsatzsteuerpflichtigen Lieferungsvorgang im Rahmen eines Sicherungsübereignungsgeschäftes nur und erst dann, wenn der Gläubiger das Sicherungsgut nach Eintritt der Verwertungsreife an Dritte veräußert. Die bloße Sicherungsübereignung unter Begründung eines Besitzermittlungsverhältnisses stellt sich hingegen noch nicht als umsatzsteuerauslösendes Geschäft dar. Eine Vorsteuerabzugsberechtigung der Sicherungsgeberin konnte deshalb bei dem hier in Frage stehenden Ersatzbeschaffungsvorgang von vornherein nicht zum Tragen kommen.
Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 9. Oktober 2013 – 14 U 55/13
- vgl. dazu z. B. Geigel, der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 3, Rdnr. 124; Nugel, ZfS 2008, 4/4; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearbeitung 2005, § 249 Rdnr. 236; Riedmeyer, DAR-Extra 2012, 742/743; BGH, BGHZ 116, 22: Anspruch auf Ersatz des Wiederbeschaffungswertes bei Entziehung der Sachnutzung[↩]
- Geigel, a. a. O., Rdnr. 124 a. E.[↩]
- vgl. Geigel, a. a. O., Rdnr. 124 m. w. N.; Riedmeyer, a. a. O., S. 747 f. m. w. N.; ebenso auch OLG Celle, NJW-RR 2012, 423[↩]
- BFH, NJW 1980, 2728[↩]