Bei einem Wechsel des Sozialversicherungsträgers (hier: der Krankenkasse) gehen die vom zuerst verpflichteten Sozialversicherungsträger gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X erworbenen Ersatzansprüche des Geschädigten kraft Gesetzes auf den nun zuständigen Sozialversicherungsträger über, sofern die geschuldeten VersicherungsleistunfBGBgen sachlich und zeitlich kongruent sind. Der nachfolgende Sozialversicherungsträger erwirbt die Ersatzforderung – auch was einen beim zuerst verpflichteten Sozialversicherungsträger eingetretenen Verjährungsbeginn anbelangt – so, wie sie sich bei dem Rechtsübergang befindet.

Zugunsten des Rechtsnachfolgers wirkt nur die bei seinem Rechtsvorgänger durch Verhandlungen gemäß § 203 BGB bis zum Rechtsübergang bewirkte Verjährungshemmung; ob eine Hemmung der Verjährung beim Rechtsnachfolger eintritt, hängt hingegen davon ab, ob Hemmungsgründe in seiner Person vorliegen. Verjährungsverzichtserklärung, die der Schuldner nur im Verhältnis zum Rechtsvorgänger abgegeben hat, wirken grundsätzlich nicht zugunsten des Rechtsnachfolgers.
Legalzession bei Entstehen des Schadensersatzanspruchs
Gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X geht ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens auf den Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. Bei einem Sozialversicherungsträger wie der AOK B. findet der Anspruchsübergang in aller Regel bereits im Zeitpunkt des schadenstiftenden Ereignisses statt, da aufgrund des zwischen dem Geschädigten und dem Sozialversicherungsträger bestehenden Sozialversicherungsverhältnisses von vornherein eine Leistungspflicht in Betracht kommt. Es handelt sich um einen Anspruchsübergang dem Grunde nach, der den Sozialversicherungsträger vor Verfügungen des Geschädigten schützt1.
Verjährung von Schadensersatzansprüchen bei ärztlichen Kunstfehlern
Die zunächst auf die Krankenkasse übergegangenen Ersatzansprüche des Geschädigten unterliegen einer dreijährigen Verjährungsfrist.
Die Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung unterliegen der dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB. Dies folgt aus Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB. Ist die Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der seit dem 1.01.2002 geltenden Fassung kürzer als nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung, so wird nach dieser Vorschrift die kürzere Frist von dem 1.01.2002 an berechnet. Die Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung unterlagen nach altem Recht der dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. Nach neuem Verjährungsrecht unterliegen sie hingegen gemäß § 195 BGB n.F. der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren und damit einer kürzeren Frist.
Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB begann gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB am 1.01.2002. Nach den getroffenen Feststellungen waren bei der Regressabteilung der AOK B. zu diesem Zeitpunkt die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB gegeben. Darauf kommt es an, weil in Überleitungsfällen der Fristbeginn gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB unter Einbeziehung der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 BGB zu berechnen ist, wenn sich die Verjährung nach der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB richtet2.
Die deliktischen Ansprüche unterliegen ebenfalls einer dreijährigen Verjährungsfrist. Diese begann am 14.08.2001. Der Verjährungsbeginn bestimmt sich insoweit gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB nach § 852 Abs. 1 Fall 1 BGB in der bis zum 31.12 2001 geltenden Fassung und nicht nach § 199 Abs. 1 BGB n.F. („Schluss des Jahres“). Die nach § 852 Abs. 1 Fall 1 BGB a.F. erforderliche Kenntnis von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen lag nach den getroffenen Feststellungen spätestens am 14.08.2001 bei der Regressabteilung der AOK B. vor. Für die Verjährungsfrist als solche kommt gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB die Vorschrift des § 195 BGB n.F. zur Anwendung. Denn die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 Fall 1 BGB a.F. entspricht der Frist des § 195 BGB n.F., so dass Art. 229 § 6 Abs. 3 und § 6 Abs. 4 EGBGB nicht einschlägig sind3.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schließt die Ungewissheit über den Umfang und die Höhe des Schadens den Beginn der Verjährung nicht aus. Vielmehr genügt die allgemeine Kenntnis vom Eintritt eines Schadens; wer diese erlangt hat, dem gelten auch solche Schadensfolgen als bekannt, die im Zeitpunkt der Kenntniserlangung nur als möglich voraussehbar waren4.
Übergang auf eine neue Krankenkasse
Mit dem Krankenkassenwechsel des Geschädigten sind seine Schadensersatzansprüche dem Grunde nach von der alten auf die neue Krankenkasse übergegangen, soweit sie auf Ersatz von Behandlungskosten ab dem Tag des Krankenkassenwechsels gerichtet sind.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehen bei einem Wechsel der versicherungsrechtlichen Leistungszuständigkeit nach dem Forderungsübergang die vom zuerst verpflichteten Sozialversicherungsträger gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X erworbenen Ersatzansprüche kraft Gesetzes auf den nun zuständigen Sozialversicherungsträger über, sofern die geschuldeten Versicherungsleistungen – wie im Streitfall – gleichartig sind5. Bezüglich des Ersatzanspruchs tritt der nächste Sozialleistungsträger die Rechtsnachfolge des bisherigen Trägers an6.
Bei Rechtsnachfolge erfolgt der Anspruchsübergang auf den zweiten Sozialleistungsträger, wenn dieser zuständig wird7. Der nachfolgende Sozialleistungsträger muss die Ersatzforderung in dem Zustand hinnehmen, in dem sie sich bei dem Rechtsübergang befindet8. Der Gläubigerwechsel, der sich ohne Willen des Schuldners vollzieht, darf dessen Stellung grundsätzlich nicht verschlechtern (§§ 404, 412 BGB)9. Eine sofortige Rechtsverfolgung würde die schwebenden Verhandlungen gefährden10.
In persönlicher Hinsicht beschränkt sich auch die Hemmung gemäß § 203 BGB auf die Personen, in deren Verhältnis der Hemmungsgrund besteht. Sie wirkt insbesondere nicht zulasten anderer Gesamtschuldner oder zugunsten anderer Gesamtgläubiger, § 425 Abs. 2, § 429 Abs. 3 Satz 1 BGB. Zugunsten oder zulasten des Rechtsnachfolgers wirkt nur die bei seinem Rechtsvorgänger schon verstrichene Hemmung; ob die Hemmung bei ihm andauert, hängt hingegen davon ab, ob der Hemmungsgrund in seiner Person fortbesteht11. Dies ergibt sich auch aus dem Wortlaut des § 203 Satz 1 BGB, wonach Verhandlungen „zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger“ schweben müssen.
Die Verhandlungen zwischen der ehemaligen Krankenkasse und dem Haftpflichtversicherer des Schädigers sind der neuen Krankenkasse für die Zeit ab dem Forderungsübergang – d.h. ab dem Zeitpunkt des Krankenkassenwechsels – nicht mehr verjährungshemmend zuzurechnen.
Verhandlungen im Sinne des § 203 Satz 1 BGB können im Ausgangspunkt nur der Gläubiger und der Schuldner selbst führen. Verhandlungen durch Dritte setzen voraus, dass diese Verhandlungsvollmacht für Gläubiger bzw. Schuldner haben12. Die Verhandlungen eines Vertreters ohne Vertretungsmacht können auch nicht mit verjährungsrechtlicher Rückwirkung genehmigt werden13.
Für die ehemalige Krankenkasse ist nach dem Forderungsübergang auf die neue Krankenkasse auch keine die Ermächtigung verblieben sei, Schadensersatz für die von der neuen Krankenkasse erbrachten Leistungen zu fordern.
Die Gegenansicht stützt die vermeintliche Ermächtigung der ehemaligen Krankenkasse zur Geltendmachung des Schadensersatzes für die Klägerin auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach welcher der Geschädigte trotz des Übergangs seines Anspruchs auf den Sozialhilfeträger gegenüber dem Schädiger auch weiterhin zur Einforderung der Schadensersatzleistung befugt bleibt14.
Der Streitfall ist aber anders gelagert als die Fälle, auf die sich die genannte Rechtsprechung bezieht. Diese Rechtsprechung beruht auf dem Zusammenspiel der Vorschriften des § 116 SGB X und des § 2 SGB XII (Nachrang der Sozialhilfe) (bis zum 31.12 2004: § 2 BSHG). Der Normzweck des § 116 Abs. 1 SGB X, durch den Regress beim Schädiger eine Entlastung der öffentlichen Kassen zu erzielen, und das an den Geschädigten gerichtete Anliegen des § 2 SGB XII, durch eigene Realisierung von Ansprüchen gegen Dritte eine Inanspruchnahme der öffentlichen Haushalte möglichst zu vermeiden, münden nach ihrer insoweit übereinstimmenden Zielsetzung in die Ermächtigung des Geschädigten, die Schadensersatzleistung vom Schädiger selbst einzufordern. Zu dem Zweck, Leistungen des Sozialhilfeträgers von vornherein unnötig zu machen, kommt dem Geschädigten somit ähnlich einem als Inkassoberechtigter des Neugläubigers handelnden Altgläubiger bei der Sicherungszession die Befugnis zu, den Schädiger in eigenem Namen auf die Ersatzleistung in Anspruch zu nehmen15.
Diese Erwägungen sind nicht auf den Streitfall übertragbar. Eine Einziehungsermächtigung der AOK B. für die Klägerin kann damit nicht begründet werden. Denn die genannte Rechtsprechung bezieht sich ausschließlich auf den Forderungsübergang auf einen Träger der Sozialhilfe, für dessen Leistungen der Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 SGB XII) gilt. An dem Forderungsübergang im Streitfall war jedoch kein Träger der Sozialhilfe beteiligt. Der Forderungsübergang erfolgte am 17.06.2003 zwischen der AOK B. und der Klägerin und damit zwischen zwei Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. § 4 SGB V). Die Leistungspflichten der Klägerin stehen auch nicht in einem Nachrangverhältnis zu den Leistungspflichten der AOK B., das eine Einziehungsermächtigung der AOK B. rechtfertigen könnte. Vielmehr sind die Leistungspflichten der AOK B. und die der Klägerin nach dem Krankenkassenwechsel des Geschädigten am 17.06.2003 zeitlich voneinander abzugrenzen16.
Die Auffassung, ebenso wie die Ermächtigung des Geschädigten die öffentlichen Kassen entlaste, bewirke auch eine Ermächtigung des „ersten“ Sozialversicherungsträgers eine Entlastung des späteren Sozialversicherungsträgers, trifft nicht zu. Da die Leistungspflichten der AOK B. und der Klägerin zeitlich voneinander abzugrenzen sind, gibt es grundsätzlich keine Überschneidungen, bei denen Leistungen der AOK B. die Klägerin entlasten. Allenfalls bei Leistungen, welche die AOK B. irrtümlich als nicht mehr zuständiger Krankenversicherungsträger erbracht hat, könnte eine Einziehungsermächtigung der AOK B. eine Entlastung der Klägerin gegenüber einem etwaigen Erstattungsanspruch der AOK B. nach § 105 SGB X bewirken17. Eine solche Fallgestaltung ist jedoch nicht gegeben.
Keine Hemmung entsprechend § 407 BGB
Die neue Krankenkasse kann sich auch nicht nach dem Rechtsgedanken des § 407 BGB auf die Verhandlungen der ehemaligen Krankenkasse mit dem Haftpflichtversicherer der Schädiger als verjährungshemmende Maßnahme berufen. Zwar ist § 407 BGB gemäß § 412 BGB auf den Forderungsübergang von der alten auf die neue Krankenkasse anwendbar18. Es handelt sich jedoch um eine Schutzvorschrift zugunsten des Schuldners19. Da es bei der Hemmung der Verjährung um Wirkungen zugunsten des Gläubigers und nicht um den von § 407 BGB intendierten Schuldnerschutz geht20, ist auch der Rechtsgedanke des § 407 BGB im Streitfall nicht einschlägig.
Verjährungsverzichtserklärung gegenüber der alten Krankenkasse
Die Verjährungsverzichtserklärungen, die der Haftpflichtversicherer der Schädiger in der Zeit nach dem Forderungsübergang vom 17.06.2003 gegenüber der alten Krankenkasse abgegeben hat, wirkt nicht zugunsten der neuen Klägerin.
Allerdings kann der Schuldner nach neuem Verjährungsrecht durch einseitige Erklärung auf die Einrede der Verjährung unabhängig von deren Eintritt verzichten21. Im Streitfall ist gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB neues Verjährungsrecht anwendbar, weil die streitgegenständlichen Ansprüche am 1.01.2002 bestanden, aber noch nicht verjährt waren22.
Die nach dem Forderungsübergang gegenüber der alten Krankenkasse abgegebenen Verjährungsverzichtserklärungen wirkten jedoch schon ihrem Inhalt nach nicht zugunsten der neuen Krankenkasse als der neuen Gläubigerin. Die bei der alten Krankenkasse verbliebenen und die auf die neue Krankenkasse übergegangenen Anspruchsteile standen sich trotz Gleichheit des Ursprungs und der Rechtsnatur als selbständige Forderungen – weil durch die Person der Gläubiger geschieden – gegenüber, die selbständig verjährten23. Ein Verjährungsverzicht kann, sofern darin nicht die Absicht zum Ausdruck kommt, den Verzicht weiteren Personen gegenüber auszusprechen, grundsätzlich nur auf den Adressaten – hier die alte Krankenkasse. – bezogen werden24.
Außerdem hat der Haftpflichtversicherer die nach Forderungsübergang erklärten Verjährungsverzichte ausschließlich gegenüber der alten Krankenkasse abgegeben hat, die dabei nicht stellvertretend für die neue Krankenkasse aufgetreten ist.
Zurechnung des Verjährungsbeginns bei der alten Krankenkasse
Die neue Krankenkasse muss sich den bei der alten eingetretenen Verjährungsbeginn zurechnen lassen. Geht der Ersatzanspruch von einem Sozialleistungsträger auf einen anderen über, gilt in dieser Hinsicht nichts anderes als bei dem Forderungsübergang vom Geschädigten auf den Sozialleistungsträger gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X25. Für den Beginn der Verjährungsfrist ist ausreichend, dass der ursprüngliche Gläubiger die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB bzw. des § 852 Abs. 1 Fall 1 BGB a.F. erfüllt hat. Dann geht der Anspruch mit in Gang gesetzter Verjährung über, auch wenn die Kenntnis vielleicht gerade durch den Rechtsübergang verloren geht26.
Treu und Glauben
Den Schädigern ist auch nicht nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwehrt, sich gegenüber der neuen Krankenkasse auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Die Berufung auf die Einrede der Verjährung kann zwar treuwidrig sein, wenn der Schuldner bei dem Gläubiger den Eindruck erweckt oder aufrechterhalten hat, dessen Ansprüche befriedigen oder doch nur mit sachlichen Einwendungen bekämpfen zu wollen, und den Gläubiger dadurch von der rechtzeitigen Erhebung einer Klage abgehalten hat27. Eine solche Fallgestaltung ist jedoch nicht gegeben. Es ist gerade nicht festgestellt, dass die neue Krankenkasse von den Verzichtserklärungen des Haftpflichtversicherers gegenüber der AOK B. erfahren hat und dadurch in ihrem Verhalten beeinflusst wurde.
Der Umstand, dass der Haftpflichtversicherer der Schädiger gegenüber der alten Krankenkasse – jeweils befristet – auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat, die Schädiger sich jedoch gegenüber der neuen Krankenkasse auf die in dieser Zeit eingetretene Verjährung berufen, stellt auch keinen Rechtsmissbrauch durch widersprüchliches Verhalten dar. Selbst wenn ein widersprüchliches Verhalten vorläge, wäre es nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand entstanden wäre oder besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen ließen28. Da nicht festgestellt ist, dass die neue Krankenkasse von den Verzichtserklärungen des Haftpflichtversicherers gegenüber der alten erfahren hat, ist kein Vertrauenstatbestand anzunehmen. In dem Verhalten der Schädiger liegt auch kein „unlösbarer Widerspruch“, der ihr Verhalten ausnahmsweise unabhängig von einem Vertrauenstatbestand als rechtsmissbräuchlich erscheinen ließe29. Es ist nicht festgestellt, dass die Schädiger oder ihr Haftpflichtversicherer von dem Forderungsübergang auf die neue Krankenkasse wussten, als sie die Verzichtserklärungen gegenüber der alten Krankenkasse abgaben. Die Beklagten waren daher durch die Verzichtserklärungen nicht gehindert, sich gegenüber der neuen Krankenkasse auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Dass die Schädiger die Verzichtserklärungen möglicherweise bei Kenntnis von dem Forderungsübergang auf Anforderung auch gegenüber der neuen Krankenkasse abgegeben hätten, vermag eine Treuwidrigkeit allein nicht zu begründen.
Zwar steht die neue Krankenkasse damit schlechter, als sie gestanden hätte, wenn sie schon zum Zeitpunkt des Schadensereignisses gesetzliche Krankenversicherung des Geschädigten gewesen wäre, weil die Verjährung dann erst mit Kenntnis oder grobfahrlässiger Unkenntnis der Mitarbeiter der Regressabteilung der neuen Krankenkasse begonnen hätte30. Auch der gebotene Schutz der Sozialversicherungsträger und deren anerkanntes Interesse an effektiven Rückgriffsmöglichkeiten rechtfertigen jedoch keine andere Beurteilung. Der Gesetzgeber hat – ausgehend von dem Grundgedanken, dass die Rechtsposition des Schuldners durch einen Forderungsübergang nicht verschlechtert werden darf – in §§ 404, 412 BGB bestimmt, dass dem Schuldner die bestehenden Gegenrechte gegenüber dem Zessionar erhalten bleiben. Davon hat der Gesetzgeber für den Forderungsübergang nach § 116 SGB X keine Ausnahme vorgesehen. Den Gerichten ist es daher verwehrt, die Gesetzesanwendung nach dem Schutzbedürfnis der Sozialversicherungsträger auszurichten, selbst wenn sie dieses Schutzbedürfnis höher bewerten wollten als den Schutz des Schuldners31.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 1. Juli 2014 – VI ZR 391/13
- vgl. BGH, Urteile vom 30.11.1955 – VI ZR 211/54, BGHZ 19, 177, 178; vom 08.07.2003 – VI ZR 274/02, BGHZ 155, 342, 346; vom 17.06.2008 – VI ZR 197/07, VersR 2008, 1350 Rn. 12; vom 12.04.2011 – VI ZR 158/10, BGHZ 189, 158 Rn. 8, 23; vom 24.04.2012 – VI ZR 329/10, VersR 2012, 924 Rn. 9; BGH, Urteil vom 10.07.1967 – III ZR 78/66, BGHZ 48, 181, 184 ff.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 10.11.2009 – VI ZR 247/08, VersR 2010, 214 Rn. 10; BGH, Urteile vom 23.01.2007 – XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1 Rn.19 ff.; vom 24.07.2012 – II ZR 117/10, WM 2012, 1777 Rn. 25 mwN; NK-BGB/Budzikiewicz, 2. Aufl., Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 63[↩]
- vgl. NK-BGB/Budzikiewicz, 2. Aufl., Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 42; MünchKomm-BGB/Grothe, 5. Aufl., Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 9; siehe auch Staudinger/Peters, BGB, Neubearb.2003, Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 13[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 15.03.2011 – VI ZR 162/10, VersR 2011, 682 Rn. 8; vom 24.04.2012 – VI ZR 329/10, VersR 2012, 924 Rn.19, jeweils mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 07.12 1982 – VI ZR 9/81, VersR 1983, 262, 263; vom 04.11.1997 – VI ZR 375/96, VersR 1998, 124, 125; vom 08.12 1998 – VI ZR 318/97, VersR 1999, 382, 383; vom 13.03.2001 – VI ZR 290/00, VersR 2001, 1005 f.; vom 03.12 2002 – VI ZR 142/02, VersR 2003, 267, 268 f.; vom 12.04.2011 – VI ZR 158/10, BGHZ 189, 158 Rn. 26; vom 24.04.2012 – VI ZR 329/10, VersR 2012, 924 Rn. 17; KassKomm/Kater, Sozialversicherungsrecht, § 116 SGB X Rn. 155 [Stand: Juni 2013]; Wussow/Schneider, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl., Kap. 75 Rn. 2[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 09.07.1985 – VI ZR 219/83, VersR 1985, 1083, 1084; vom 04.11.1997 – VI ZR 375/96, aaO; vom 08.12 1998 – VI ZR 318/97, aaO; vom 24.04.2012 – VI ZR 329/10, aaO; KassKomm/Kater, aaO[↩]
- vgl. Wussow/Schneider, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl., Kap. 75 Rn. 6; BGH, Urteile vom 19.03.1985 – VI ZR 163/83, VersR 1985, 732, 733; vom 12.04.2011 – VI ZR 158/10, BGHZ 189, 158 Rn. 26[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 02.03.1982 – VI ZR 245/79, VersR 1982, 546, 547 f., insoweit in BGHZ 83, 162 nicht abgedruckt; vom 09.07.1985 – VI ZR 219/83, VersR 1985, 1083, 1084; Wussow/Schneider, aaO, Kap. 75 Rn. 2[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 19.03.1985 – VI ZR 163/83, VersR 1985, 732, 733; vom 04.11.1997 – VI ZR 375/96, VersR 1998, 124, 125; Wussow/Schneider, aaO, Kap. 75 Rn. 2; KassKomm/Kater, aaO Rn.190 a; für den erstmaligen Forderungsübergang BGH, Urteile vom 30.11.1955 – VI ZR 211/54, BGHZ 19, 177, 179; vom 24.04.2012 – VI ZR 329/10, VersR 2012, 924 Rn. 18 mwN). Dementsprechend erwarb die Klägerin von der AOK B. Schadensersatzansprüche des Geschädigten, für die die Verjährung an sich am 1.01.2002 (vertragliche Ansprüche) bzw. am 14.08.2001 (deliktische Ansprüche) begonnen hatte, bis zum Rechtsübergang am 17.06.2013 aber Verjährungshemmung eingetreten war.
Keine Hemmung wegen schwebender Verhandlungen gegenüber der neuen Krankenkasse
In der Person der neuen Krankenkasse ist der Hemmungstatbestand des § 203 BGB nicht gegeben. Sie selbst führt keine Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände mit den Schädiger oder deren Haftpflichtversicherer, die eine (weitere) Hemmung der Verjährung zu ihren Gunsten hätte bewirken können.
Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gemäß § 203 Satz 1 BGB gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert.
Bei dem Verhandeln handelt es sich – anders als beim Verzicht auf die Einrede der Verjährung – nicht um eine Verfügung des Schuldners über die Einrede. Vielmehr tritt die Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen von Gesetzes wegen ein. Die den früheren Rechtsgedanken der § 639 Abs. 2, § 651g Abs. 2 Satz 3 und § 852 Abs. 2 BGB a.F. verallgemeinernde Regelung des § 203 BGB verfolgt den Zweck, Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Verhandlungen zwischen Gläubiger und Schuldner sollen nicht unter den Druck einer ablaufenden Verjährungsfrist gestellt werden. Zugleich soll dem verhandlungsbereiten Schuldner die Einrede der Verjährung vorbehalten bleiben, während der Gläubiger von der Verwirklichung anderer verjährungshemmender oder unterbrechender Tatbestände, insbesondere von der Einleitung gerichtlicher Verfahren, abgehalten werden soll ((vgl. BGH, Urteil vom 14.07.2009 – XI ZR 18/08, BGHZ 182, 76 Rn. 22; BT-Drs. 14/6040, S. 111 f.; 14/7052, S. 180; MünchKomm-BGB/Grothe, 6. Aufl., § 203 Rn. 3 f.; Peters/Jacoby in Staudinger, BGB, Neubearb.2009, § 203 Rn. 1, 4[↩]
- vgl. Peters/Jacoby, aaO, § 209 Rn. 1[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 17.06.2008 – VI ZR 197/07, VersR 2008, 1350 Rn. 23; NK-BGB/Mansel/Budzikiewicz, 2. Aufl., § 209 Rn. 5; Peters/Jacoby in Staudinger, BGB, Neubearb.2009, § 209 Rn. 4; siehe zur verstrichenen Hemmung BGH, Urteil vom 02.03.1982 – VI ZR 245/79, VersR 1982, 546, 547, insoweit in BGHZ 83, 162 nicht abgedruckt[↩]
- vgl. LG Nürnberg-Fürth, MedR 2008, 744, 745; NK-BGB/Mansel/Budzikiewicz, 2. Aufl., § 203 Rn.20 mwN; Peters/Jacoby in Staudinger, BGB, Neubearb.2009, § 203 Rn. 9; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 13. Aufl., § 203 Rn. 8; BeckOK BGB/Spindler, § 203 Rn. 6 [Stand: 1.11.2013]; siehe auch BGH, Urteil vom 18.01.1994 – VI ZR 190/93, VersR 1994, 491, 492; BGH, Urteil vom 13.03.2008 – I ZR 116/06, VersR 2008, 1669 Rn. 23 f.[↩]
- vgl. Peters/Jacoby in Staudinger, BGB, Neubearb.2009, § 203 Rn. 9; siehe zur Genehmigung einer Klageerhebung BGH, Urteil vom 11.12 2003 – IX ZR 109/00, WM 2004, 1792, 1794 mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 12.12 1995 – VI ZR 271/94, BGHZ 131, 274, 283 ff.; vom 25.06.1996 – VI ZR 117/95, BGHZ 133, 129, 135; vom 05.03.2002 – VI ZR 442/00, BGHZ 150, 94, 99; vom 02.12 2003 – VI ZR 243/02, VersR 2004, 492, 493; vom 27.06.2006 – VI ZR 337/04, VersR 2006, 1383 Rn. 14; BGH, Urteile vom 08.11.2001 – IX ZR 64/01, WM 2001, 2455, 2457; vom 10.10.2002 – III ZR 205/01, NJW 2002, 3769, 3770; Geigel/Plagemann, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 30 Rn. 38, 43; KassKomm/Kater, Sozialversicherungsrecht, § 116 SGB X Rn.191 [Stand: Juni 2013][↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 12.12 1995 – VI ZR 271/94, BGHZ 131, 274, 283 f.; vom 27.06.2006 – VI ZR 337/04, VersR 2006, 1383 Rn. 14 mwN[↩]
- vgl. BSGE 99, 102 Rn. 11 ff. mwN; BSGE 108, 206 Rn. 9 ff.; Mack in jurisPK-SGB V, 2. Aufl., § 19 SGB V Rn. 87 ff. mwN; Fahlbusch in jurisPK-SGB V, 2. Aufl., § 27 SGB V Rn. 23 ff.[↩]
- vgl. dazu Kass-Komm/Kater, Sozialversicherungsrecht, § 105 SGB X Rn. 49 [Stand: Dezember 2013]; siehe aber auch BGH, Urteil vom 08.07.2003 – VI ZR 274/02, BGHZ 155, 342, 347 ff.; Waltermann in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl., § 116 SGB X Rn. 28[↩]
- vgl. Staudinger/Busche, BGB, Neubearb.2012, § 407 Rn. 3[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 28.05.1969 – V ZR 46/66, BGHZ 52, 150, 152 ff.; vom 17.03.1975 – VIII ZR 245/73, BGHZ 64, 122, 127; vom 19.10.1987 – II ZR 9/87, BGHZ 102, 68, 71; vom 03.05.2005 – XI ZR 287/04, BGHZ 163, 59, 63; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 407 Rn. 1, 11; Staudinger/Busche, aaO, § 407 Rn. 1 f., 20[↩]
- siehe auch Peters/Jacoby in Staudinger, BGB, Neubearb.2009, § 204 Rn. 10[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 18.09.2007 – XI ZR 447/06, WM 2007, 2230 Rn. 15 mwN; vom 16.03.2009 – II ZR 32/08, WM 2009, 955 Rn. 22; vom 15.04.2010 – III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 17; vom 06.12 2012 – VII ZR 15/12, VersR 2013, 911 Rn. 13; KG, KGR Berlin 2008, 809, 810; Wenzel/Jahnke, Der Arzthaftungsprozess, 2012, Kap. 2 Rn. 3366 f.; siehe auch § 202 Abs. 2 BGB; zum früheren Verjährungsrecht vgl. BGH, Urteile vom 04.11.1997 – VI ZR 375/96, VersR 1998, 124, 125 mwN; vom 17.06.2008 – VI ZR 197/07, VersR 2008, 1350 Rn. 28; NK-BGB/Mansel/Stürner, 2. Aufl., § 202 Rn. 45[↩]
- siehe auch Wenzel/Jahnke, aaO[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 15.01.1957 – VI ZR 317/55, VersR 1957, 231, 232; vom 18.01.1966 – VI ZR 147/64, BGHZ 44, 382, 388 f.; vom 02.12 2008 – VI ZR 312/07, VersR 2009, 230 Rn. 17, für den Forderungsübergang vom Geschädigten auf den Sozialversicherungsträger[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 07.05.1957 – VI ZR 16/56, VersR 1957, 452, 453; Wussow/Schmitt, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl., Kap. 58 Rn. 14[↩]
- vgl. KassKomm/Kater, Sozialversicherungsrecht, § 116 SGB X Rn.190a; BGB-RGRK/Kreft, 12. Aufl., § 852 Rn. 38; siehe auch BGH, Urteile vom 02.03.1982 – VI ZR 245/79, VersR 1982, 546, 547 f., insoweit in BGHZ 83, 162 nicht abgedruckt; vom 24.02.1983 – VI ZR 243/80, VersR 1983, 536, 537[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 30.01.1973 – VI ZR 4/72, VersR 1973, 371 f.; vom 04.10.1983 – VI ZR 194/81, VersR 1984, 136, 137; vom 04.11.1997 – VI ZR 375/96, VersR 1998, 124, 125; Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Aufl., § 199 Rn. 26; Palandt/Grüneberg, aaO, § 404 Rn. 5; Peters/Jacoby in Staudinger, BGB, Neubearb.2009, § 199 Rn. 56; MünchKomm-BGB/Roth, 6. Aufl., § 404 Rn. 10; siehe auch BGH, Urteil vom 10.07.1967 – III ZR 78/66, BGHZ 48, 181, 183[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 12.12 1978 – VI ZR 159/77, VersR 1979, 284 f.; vom 04.11.1997 – VI ZR 375/96, VersR 1998, 124, 125; vom 17.06.2008 – VI ZR 197/07, VersR 2008, 1350 Rn. 28, 31; BGH, Urteile vom 03.02.1953 – I ZR 61/52, BGHZ 9, 1, 5 f.; vom 14.11.2013 – IX ZR 215/12, DB 2014, 479 Rn. 15 jeweils mwN; Looschelders/Olzen in Staudinger, BGB, Neubearb.2009, § 242 Rn. 533 ff., 549 ff.; MünchKomm-BGB/Roth/Schubert, 6. Aufl., § 242 Rn. 286, jeweils mwN[↩]
- vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 242 Rn. 55 ff.; siehe auch Looschelders/Olzen in Staudinger, BGB, Neubearb.2009, § 242 Rn. 286 ff.[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 20.03.1986 – III ZR 236/84, NJW 1986, 2104, 2107; vom 20.09.1995 – VIII ZR 52/94, BGHZ 130, 371, 375 mwN; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 242 Rn. 59; Looschelders/Olzen, in Staudinger, BGB, Neubearb.2009, § 242 Rn. 298 ff.; Münch-KommBGB/Roth/Schubert, 6. Aufl., § 242 Rn. 319 ff.[↩]
- siehe dazu BGH, Urteil vom 17.04.2012 – VI ZR 108/11, BGHZ 193, 67 Rn. 10 mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 04.10.1983 – VI ZR 194/81, VersR 1984, 136, 137 zu § 1542 RVO; vom 24.04.2012 – VI ZR 329/10, VersR 2012, 924 Rn. 21[↩]