Aktuell hatte sich der Bundesgerichtshof mit dem Ausgleichsanspruch des Unfallgegners gegen den haltenden Nichteigentümer (Leasingnehmer) und den Fahrer nach Regulierung der Schadensersatzansprüche des Leasinggebers wegen der Verletzung seines Eigentums an dem Fahrzeug zu befassen:

Ein Anspruch der Haftpflichtversicherung auf Innenausgleich gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB scheidet aus. Es fehlt an dem für einen Ausgleichsanspruch erforderlichen Gesamtschuldverhältnis zwischen den Parteien. Gemäß § 421 Satz 1 BGB haften mehrere Schuldner als Gesamtschuldner, wenn jeder von ihnen die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger die Leistung aber nur einmal zu fordern berechtigt ist. Erste Voraussetzung für die Annahme einer Gesamtschuld ist dementsprechend, dass sich der Anspruch des Gläubigers gegen verschiedene Personen richtet. Bereits hieran fehlt es in einem solchen Leasingfall.
Zwar stand der Leasinggeberin gegen die Haftpflichtversicherung ein Schadensersatzanspruch aus § 7 StVG, § 115 VVG wegen der Verletzung ihres Eigentums am Pkw zu. Dieser Anspruch bestand auch in voller Höhe. Die Leasinggeberin musste sich insbesondere nicht die Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs anspruchsmindernd zurechnen lassen. Eine Zurechnung der Betriebsgefahr gemäß § 17 Abs. 2 StVG kommt nicht in Betracht. Diese Vorschrift regelt nur die Haftungsverteilung der Halter untereinander. Eine Erstreckung ihres Anwendungsbereichs auf den nicht haltenden Eigentümer – wie die Leasinggeberin im Streitfall – ist angesichts ihres eindeutigen Wortlauts ausgeschlossen1. Auch § 9 StVG in Verbindung mit § 254 BGB scheidet als Zurechnungsnorm aus. Denn § 9 StVG setzt ein Verschulden des Geschädigten bzw. Inhabers der tatsächlichen Gewalt über das Fahrzeug voraus2, was im Streitfall nicht festgestellt werden konnte.
DHalter und Fahrer sind der Leasinggeberin aber nicht zum Schadensersatz verpflichtet.
Insoweit verneint der Bundesgerichtshof zunächst eine Haftung der Halterin aus § 7 Abs. 1 StVG. Nach dem Schutzzweck dieser Norm erstreckt sich die Haftung des Halters nicht auf das von ihm gehaltene Fahrzeug selbst. Unter der „Sache“, für deren Beschädigung er bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG im Übrigen haftet, ist nur eine vom Fahrzeug verschiedene Sache zu verstehen, nicht dagegen das Fahrzeug selbst3. Die verschärfte Haftung des Kraftfahrzeughalters bezweckt nur, Dritte vor den ihnen aufgezwungenen Gefahren des Kraftfahrzeugbetriebs zu schützen. Von diesem Schutzzweck wird die Verletzung des Eigentums des Leasinggebers an dem dem Leasingnehmer überlassenen Fahrzeug bei dem Betrieb dieses Fahrzeugs nicht erfasst4.
Aus demselben Grund scheidet eine Haftung des Fahrers aus § 18 Abs. 1 Satz 1 StVG aus5. Die Bestimmung verweist auf die „Fälle des § 7 Abs. 1“ und damit auch auf den Zweck dieser Vorschrift6.
Zu Recht hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main7 im vorliegenden Fall auch eine deliktische Haftung von Halter und Fahrer verneint (§ 823 Abs. 1, § 831 BGB). Es fehlt an der erforderlichen haftungsbegründenden Verletzungshandlung des Fahrers8. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat den Unfallhergang als nicht aufklärbar angesehen und es für nicht ausgeschlossen erachtet, dass der Unfall allein durch den Führer des bei der Haftpflichtversicherung versicherten Fahrzeugs verursacht wurde.
Der Leasinggeberin steht kein Anspruch gegen die Halterin aus § 280 Abs. 1, § 278 BGB zu. Es fehlt an der für einen solchen Anspruch erforderlichen Pflichtverletzung.
Wie das Oberlandesgericht Frankfurt zutreffend angenommen hat, kann der Betrieb eines geleasten Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr für sich genommen nicht als Verletzung einer Pflicht aus dem Leasingvertrag qualifiziert werden. Eine andere Beurteilung liefe dem Zweck des Kraftfahrzeugleasingvertrags zuwider. Dieser besteht gerade darin, dem Leasingnehmer den Gebrauch eines Fahrzeugs im Straßenverkehr zu ermöglichen.
Eine Pflichtverletzung des Fahrers bei dem Betrieb des geleasten Fahrzeugs vermochte das Oberlandesgericht Frankfurt, wie ausgeführt, nicht festzustellen. Bei dieser Sachlage begründet „die Beschädigung des Fahrzeugs generell“ entgegen der Auffassung der Revision keine Pflichtverletzung.
Eine Pflichtverletzung bei dem Betrieb des Fahrzeugs ist auch nicht in erweiternder Anwendung des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zu vermuten. Zwar muss sich der Schädiger nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs über den Wortlaut des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB hinaus in bestimmten Fallgestaltungen nicht nur hinsichtlich seines Verschuldens entlasten, sondern auch darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass ihn keine Pflichtverletzung trifft. Dies gilt aber nur dann, wenn die für den Schaden in Betracht kommenden Ursachen allein in seinem Obhuts- und Gefahrenbereich liegen9.
Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht gegeben. Der Pkw der Leasinggeberin ist – anders als in dem der Entscheidung des VIII. Zivilsenats vom 13.05.197410 zugrundeliegenden Fall – in einen Unfall mit Drittbeteiligung verwickelt worden. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main ist es nicht ausgeschlossen, dass der Unfall allein durch den Führer des bei der Haftpflichtversicherung versicherten Fahrzeugs verursacht wurde. Entgegen der Auffassung der Revision führt die Nutzung des Fahrzeugs im Straßenverkehr nicht dazu, dass die von diesem ausgehenden Gefahren – wie insbesondere die Gefahr des Fehlverhaltens eines anderen Verkehrsteilnehmers – dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Leasingnehmers zuzurechnen wären.
Ein Schadensersatzanspruch der Leasinggeberin gegen die Halterin ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus den in den Leasingvertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Leasinggeberin. Die darin enthaltene Bestimmung begründet keine verschuldensunabhängige Schadensersatzpflicht des Leasingnehmers, sondern enthält eine Gefahrtragungsklausel. Diese Auslegung kann der Bundesgerichtshof selbst vornehmen, weil Allgemeine Geschäftsbedingungen wie revisible Rechtsnormen zu behandeln und in der Folge vom Revisionsgericht frei auszulegen sind11.
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die bei einer Formularklausel gebotene objektive, nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung ist in erster Linie ihr Wortlaut. Ist der Wortlaut der Klausel nicht eindeutig, kommt es entscheidend darauf an, wie die Klausel aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist12. Die Klausel ist dabei vor dem Hintergrund des gesamten Formularvertrags zu interpretieren; sie darf nicht aus einem ihre Beurteilung mit beeinflussenden Zusammenhang gerissen werden13.
Nach diesen Maßstäben ist die Klausel in Ziffer 8.2 Satz 1 AGB dahin auszulegen, dass darin die Sach- und Gegenleistungsgefahr entsprechend der kaufrechtlichen Wertung des § 446 BGB auf den Leasingnehmer abgewälzt, nicht hingegen aber eine verschuldensunabhängige Schadensersatzpflicht des Leasingnehmers begründet wird. Wenn der Leasingnehmer – wie in Ziffer 8.2 Satz 1 AGB vorgesehen – für Untergang, Verlust, Beschädigung und Wertminderung des Fahrzeuges und seiner Ausstattung auch ohne Verschulden haftet, bedeutet dies für ihn, dass er durch derartige, von ihm nicht verschuldete Umstände anders als nach der Gesetzeslage nicht von seiner Verpflichtung zur Erbringung der Gegenleistung befreit ist14. Dieser Bedeutungsgehalt wird in Satz 2 der Bestimmung, wonach die Leasingraten „daher“ auch für die Dauer von Reparaturarbeiten oder bei einem Ausfall, Verlust oder Untergang des Fahrzeugs zu zahlen sind, ausdrücklich erläutert. Er kommt auch in Ziffer 8.3 AGB zum Ausdruck, wonach der Leasingnehmer, wenn die Übernahme des Fahrzeugs auf seine Anforderung an einem anderen als dem vereinbarten Übernahmeort erfolgt, „das in Ziffer 8.2 beschriebene Risiko“ – die Sach- und Gegenleistungsgefahr – grundsätzlich auch schon während der Überführung des Fahrzeuges zum Übergabeort trägt. Nur mit einem solchen Bedeutungsgehalt fügt sich die Klausel in Ziffer 8.2 in den Regelungszusammenhang der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein. Ausweislich seiner Überschrift regeln die Bestimmungen in Ziffer 8 AGB die „Übernahme, Gefahrtragung, Sachgefahr“. Schadensersatzansprüche des Leasinggebers gegen den Leasingnehmer wegen Verletzung des Sacherhaltungsinteresses sind hingegen Gegenstand der Bestimmungen in Ziffer 13.5 Satz 5 und 13.7 Satz 2 AGB. Sie stehen ausweislich des eindeutigen Wortlauts unter der einschränkenden Voraussetzung, dass die eingetretenen Schäden nicht von einer Versicherung oder einem Dritten gedeckt werden.
Ein Schadensersatzanspruch der Leasinggeberin gegen die Halterin aus Ziffer 13.5 Satz 5 oder 13.7 Satz 2 AGB scheitert daran, dass die eben genannte einschränkende Voraussetzung nicht erfüllt ist. Nach den getroffenen Feststellungen hat ein Dritter – nämlich die Haftpflichtversicherung – die Schadensersatzansprüche der Leasinggeberin vollständig reguliert.
An dem für einen Ausgleichsanspruch der Haftpflichtversicherung erforderlichen Gesamtschuldverhältnis fehlte es aber auch dann, wenn sich – wie nicht – aus Ziffer 8.2 Satz 1 AGB eine verschuldensunabhängige Haftung der Halterin für Beschädigungen des Leasingfahrzeugs ergeben würde. Denn soweit ein Gesamtschuldverhältnis – wie im Streitfall – nicht durch Gesetz bestimmt oder durch Vertrag ausdrücklich vereinbart wird, bedarf es zusätzlich zu den in § 421 BGB beschriebenen Voraussetzungen einer Gleichstufigkeit zwischen den für die Begründung einer Gesamtschuld in Betracht kommenden Verpflichtungen. Zwischen den Haftenden muss eine Tilgungsgemeinschaft bestehen, an der es fehlt, wenn der Leistungszweck der einen gegenüber der anderen Verpflichtung subsidiär oder nachrangig ist15.
So verhält es sich im Streitfall. Wie bereits ausgeführt, sind Allgemeine Geschäftsbedingungen vor dem Hintergrund des gesamten Formularvertrags zu interpretieren; eine Klausel darf nicht aus einem ihre Beurteilung mit beeinflussenden Zusammenhang gerissen werden13. Im Streitfall sind bei der Bestimmung der Reichweite einer etwaigen verschuldensunabhängigen Haftung der Halterin aus Ziffer 8.2 AGB deshalb die Klauseln in Ziffer 13.5 Satz 5 und 13.7 Satz 2 AGB zu berücksichtigen, die die Haftung des Leasingnehmers wegen Verletzung des Sacherhaltungsinteresses des Leasinggebers regeln. Ausweislich ihres eindeutigen Wortlauts haftet der Leasingnehmer für Schäden am Fahrzeug aber nur, soweit sie nicht von einer Versicherung oder einem Dritten gedeckt werden. Dritte in diesem Sinne ist, wie bereits ausgeführt, auch die Haftpflichtversicherung.
Der Haftpflichtversicherung steht gegen dHalter und Fahrer auch kein Anspruch unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 BGB) zu. Die Haftpflichtversicherung hat nicht auf eine fremde Schuld, sondern auf die gegen sie gerichtete und – wie ausgeführt – in voller Höhe begründete Forderung der Leasinggeberin aus § 7 StVG, § 115 VVG geleistet16.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. April 2023 – VI ZR 345/21
- vgl. BGH, Urteile vom 17.01.2023 – VI ZR 203/22, WM 2023, 422 Rn. 40; vom 07.03.2017 – VI ZR 125/16, VersR 2017, 830 Rn. 14; vom 10.07.2007 – VI ZR 199/06, BGHZ 173, 182 Rn. 8[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 07.03.2017 – VI ZR 125/16, VersR 2017, 830 Rn. 15 f.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 17.01.2023 – VI ZR 203/22 44 mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 07.12.2010 – VI ZR 288/09, BGHZ 187, 379 Rn. 11[↩]
- vgl. Looschelders, VersR 2019, 513, 516; Schiemann, NZV 2019, 5, 6; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl., § 18 StVG Rn. 3; Laws/Lohmeyer/Vinke in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 18 StVG (Stand: 16.05.2022), Rn. 47[↩]
- vgl. Schiemann, NZV 2019, 5, 6[↩]
- OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 14.10.2021- 22 U 50/20[↩]
- vgl. auch BGH, Urteil vom 07.12.2010 – VI ZR 288/09, BGHZ 187, 379 Rn. 13[↩]
- BGH, Urteil vom 25.10.2022 – VI ZR 1283/20, VersR 2023, 66 Rn. 17; BGH, Urteile vom 27.10.2020 – XI ZR 429/19, VersR 2021, 183 Rn. 16; vom 19.07.2018 – VII ZR 251/17, VersR 2019, 53 Rn. 14; vom 05.10.2016 – XII ZR 50/14, NJW-RR 2017, 635 Rn. 31[↩]
- BGH, Urteil vom 13.05.1974 – VIII ZR 32/73, WM 1974, 695 24, 59[↩]
- st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 18.02.2020 – VI ZR 135/19, VersR 2020, 692 Rn. 9; BGH, Urteil vom 08.09.2021 – VIII ZR 97/19, ZIP 2022, 2069 Rn. 17; jeweils mwN[↩]
- st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 28.09.2022 – VIII ZR 319/20, VersR 2023, 48 Rn. 24 mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 08.09.2021 – VIII ZR 97/19, ZIP 2022, 2069 Rn. 23 mwN[↩][↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 08.10.2003 – VIII ZR 55/03, NW 2004, 1041 Rn. 28; vom 30.09.1987 – VIII ZR 226/86, WM 1987, 1338 29; vom 11.12.1991 – VIII ZR 31/91, BGHZ 116, 278 35 ff.; Koch/Harnos in MünchKomm-BGB, 9. Aufl., Anh. § 515 Rn. 119 ff.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 28.11.2006 – VI ZR 136/05, VersR 2007, 198 17; BGH, Urteil vom 27.10.2020 – XI ZR 429/19, VersR 2021, 183 Rn. 18; Grüneberg/Grüneberg, BGB, 82. Aufl., § 421 Rn. 7[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 27.10.2020 – XI ZR 429/19, VersR 2021, 183 Rn. 22[↩]