Unterbindung einer Eigentumsstörung vom Nachbargrundstück – und der Streitwert

Der für die Beseitigung der Besitzstörung erforderliche Kostenaufwand ist für die Bemessung der Beschwer und des Streitwerts eines in seinem Eigentum gestörten Klägers grundsätzlich unerheblich.

Unterbindung einer Eigentumsstörung vom Nachbargrundstück – und der Streitwert

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bemisst sich das glaubhaft zu machende – Interesse eines Klägers an der Unterbindung einer Eigentumsstörung nach § 3 ZPO1.

Im hier entschiedenen Fall bedeutete dies: Das – vorliegend auch für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche – Interesse des Klägers ist auf die Verhinderung einer Einwirkung vorliegend in Form einer Beeinträchtigung durch von der Nachbarparzelle abfließendes Niederschlagswasser – auf ein Grundstück gerichtet.

Die wirtschaftliche Bemessung eines solchen Interesses richtet sich grundsätzlich nach der Wertminderung des betroffenen Grundstücks2.

Die Wertminderung kann dabei entweder durch einen hälftigen Abschlag vom Wert der betroffenen Teilfläche oder durch einen Abschlagswert zwischen 5 % und 30 % der Gesamtfläche bestimmt werden3. Der für die Beseitigung der Besitzstörung erforderliche Kostenaufwand ist für die Bemessung der Beschwer – und des Streitwerts – eines in seinem Eigentum gestörten Klägers dagegen grundsätzlich unerheblich4.

Eine Beeinträchtigung ihres Grundstücks im Umfang von 19.400 € – wie vom Berufungsgericht ersichtlich zugrunde gelegt5 – oder mehr haben die Kläger nicht glaubhaft gemacht. Nach ihrem Vortrag wird von dem ablaufenden Wasser eine konkrete Teilfläche des Grundstücks von rund 97 m2 beeinträchtigt, auf die für die Wertberechnung maßgeblich abzustellen ist. Legt man weiter den von den Klägern angegebenen Grundstückswert von 200 €/m2 zugrunde und multipliziert ihn mit der betroffenen Fläche, ergibt sich zwar ein Betrag von 19.400 €. Dieser berücksichtigt aber nicht den vorzunehmenden hälftigen Abschlag vom Wert der maßgeblichen Teilfläche. Von diesem Abschlag abzusehen, besteht mit Blick auf die Umstände des vorliegenden Falls kein Anlass, zumal das Grundstück durch die Einwirkungen des vom Nachbargrundstück ablaufenden Wassers nur zeitweilig beeinträchtigt wird. Tatsächliche Anhaltspunkte, die einen vollständigen Wertverlust des betroffenen Grundstücksteils nahelegen könnten, sind nicht ersichtlich. Die Kosten, die gegebenenfalls zusätzlich anfallen, um das aufgelaufene Niederschlagswasser zu beseitigen, sind indessen – wie vorstehende Ausführungen ergeben – kein für die Bemessung des Wertverlusts geeigneter Maßstab.

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Die Berechnungsmethode, die einen Bruchteil des Gesamtwerts der Immobilie ansetzt, ist nicht einschlägig, da die geltend gemachte Beeinträchtigung lediglich einen abgrenzbaren Teil des Grundstücks der Kläger betrifft.

Der Wert des auf die Feststellung der Erledigung des ursprünglich gestellten Antrags, eine im Grenzbereich zwischen den Grundstücken stehende Schwarzkiefer zu entfernen, gerichteten Teils der Klage beläuft sich auf weniger als 3.300, 00 €. Streitwert und Beschwer dieses von den Klägern auch in dritter Instanz weiterverfolgten Antrags bestimmen sich nach dem restlichen Betrag der Hauptsache unter Hinzurechnung der auf den erledigten Teil entfallenden Kosten der Vorinstanzen6. Dabei ist der Wert dieser Kosten durch eine Differenzrechnung zu ermitteln, die ergibt, um welchen Betrag bis zur teilweisen Erledigung diejenigen Kosten überschritten wurden, die angefallen wären, wenn der Kläger den Rechtsstreit von Anfang an nur über den nicht für erledigt erklärten Teil der Hauptsache geführt hätte7.

Im vorliegenden Fall setzt sich damit der Streitwert, nach dem die Kosten bis zur Abgabe der Erledigungserklärung zu berechnen sind, aus den beiden in erster Instanz ursprünglich gestellten Anträgen auf Unterbinden des Wasserzuflusses vom Grundstück der Beklagten einerseits, der – wie ausgeführt – mit 9.700 € zu bewerten ist, und auf Entfernung der Schwarzkiefer andererseits zusammen.

Soweit die Kläger in der Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde darauf abheben, der Wert des ursprünglichen Beseitigungsantrags sei höher zu veranschlagen gewesen als der Unterbindungsantrag, weil die Schwarzkiefer auch ihr Wohnhaus gefährdet habe, ohne dies jedoch näher zu beziffern, mag dies unterstellt werden.

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Entscheidend für die Wertermittlung sind die dem Klageantrag zugrunde liegenden tatsächlichen Angaben zum Wert. Der Klägerseite ist es verwehrt, diese Angaben im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zu ändern, um die Wertgrenze des (bis 31.12.2019 gültigen) § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO jetzt § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO – zu überschreiten8.

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe mag der Wert des Beseitigungsantrags auf der Grundlage des bisherigen Sachvortrags zugunsten der Kläger mit 2.500 € zu bemessen sein. In der Klageschrift haben sie den (vorläufigen) Streitwert mit (insgesamt) 3.000 € angegeben, ohne dies zu begründen. Unterstellt, der größte Anteil dieses Betrags sei nach der damaligen Beurteilung der Kläger auf die Beseitigung der Schwarzkiefer entfallen, mögen hiervon 5/6 für diesen Teil des Rechtsstreits anzusetzen sein.

Die in erster Instanz bis zur einseitigen (Teil-)Erledigungserklärung angefallenen Kosten belaufen sich bei einem Streitwert von 12.200 € (9.700 € + 2.500 €; Streitwertstufe bis 13.000 €) auf 4.873,66 €; bei einem Streitwert von 9.700 € (Streitwertstufe bis 10.000 €) hätten sie hingegen lediglich 4.489,12 € betragen. Es ergibt sich daher eine wertwirksame Kostendifferenz von 384,54 €, so dass sich Streitwert und Beschwer auf 10.084,54 € belaufen.

Selbst unter Einbeziehung der in zweiter Instanz zusätzlich auf die Feststellung der Erledigung angefallenen Kosten von 443, 40 € (5.571,92 € bei einem Streitwert von 10.084,54 gegenüber 5.128,52 € bei einem Streitwert von 9.700 €) ergibt sich weder ein Streitwert in der dritten Instanz von mehr als 13.000, 00 € noch die gemäß § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Mindestbeschwer.

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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30. Juli 2020 – III ZR 106/19

  1. BGH, Beschlüsse vom 21.03.2019 – V ZR 127/18, BeckRS 2019, 6980 Rn. 6; und vom 14.01.2016 – V ZR 94/15, BeckRS 2016, 2869 Rn. 7[]
  2. BGH, Beschluss vom 24.09.2015 – V ZB 56/15, BeckRS 2015, 18340 Rn. 8[]
  3. BGH, Beschlüsse vom 24.09.2015 aaO; und vom 15.05.2014 – V ZB 2/14, NJW-RR 2014, 1297 Rn. 9[]
  4. vgl. zB BGH, Beschlüsse vom 12.07.2018 – V ZB 218/17, NZM 2019, 349 Rn. 7; und vom 10.04.2008 – V ZR 154/07, BeckRS 2008, 08608 Rn. 6[]
  5. LG Lüneburg, Beschluss vom 26.06.2019 – 1 S 22/18[]
  6. vgl. zB BGH, Beschlüsse vom 18.09.2018 – VI ZB 26/17, NJW-RR 2019, 189 Rn. 7; und vom 27.09.2017 – VIII ZR 100/17, BeckRS 2017, 128428 Rn. 2; jeweils mwN[]
  7. BGH, Beschluss vom 27.09.2017 aaO mwN[]
  8. st. Rspr., zB BGH, Beschlüsse vom 21.11.2019 – III ZR 14/19, BeckRS 2019, 31310 Rn. 5; vom 13.08.2015 – III ZR 340/14, BeckRS 2015, 14870 Rn. 5; und vom 26.11.2009 – III ZR 116/09, NJW 2010, 681 Rn. 5; jew. mwN; BGH, Beschlüsse vom 21.06.2017 – VII ZR 41/17, NJW 2017, 3164 Rn. 11; und vom 16.05.2013 – VII ZR 253/12, NJW-RR 2013, 1402 Rn. 3[]

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