Urkundenprozess – und der Verzicht auf das Nachverfahren

Das Nachverfahren ist unzulässig, wenn der Beklagte entsprechend §§ 346, 515, 565 ZPO nach Erlass des Vorbehaltsurteils wirksam auf das Nachverfahren und damit auf seinen zunächst erklärten Widerspruch i. S. d. § 599 Abs. 1 ZPO verzichtet hat.

Urkundenprozess – und der Verzicht auf das Nachverfahren

Ebenso wie der Beklagte darauf verzichten kann, ein Urteil im Wege des Einspruchs oder durch Einlegung von Rechtsmitteln überprüfen zu lassen (§§ 346, 515, 565), kann er auch auf das Nachverfahren verzichten. An den von ihm erklärten Widerspruch ist der Beklagte nicht gebunden; er kann im Laufe des Verfahrens davon abgehen1.

Soweit vertreten wird, dass ein Verzicht auf die Durchführung des Nachverfahrens nur vor Beginn des Nachverfahrens, mithin vor Erlass des Vorbehaltsurteils und damit nur in der Weise erfolgen kann, dass der Beklagte dem geltend gemachten Anspruch nicht widerspricht2, ist dem nicht zu folgen. Denn Urkundenprozess und Nachverfahren bilden zwei Teile eines einheitlichen Verfahrens mit demselben Streitgegenstand3, so dass es dem Beklagten auch im Nachverfahren unbenommen bleibt, auf seinen Widerspruch, der eine prozessrechtliche Erklärung darstellt4, zu verzichten. Die gesetzlichen Regelungen des Urkundenprozesses sehen keine Regelungen dahingehend vor, dass der Beklagte an einen einmal erklärten Widerspruch gebunden ist. Vielmehr entspricht es den gesetzlichen Regelungen der §§ 346, 515, 565 ZPO, dass der Beklagte auch nach Erlass eines nicht rechtskräftigen Urteils auf sein Recht, gegen dieses Urteil vorzugehen, verzichten kann.

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Ein nachträglich erklärter Verzicht führt demgegenüber zur Unzulässigkeit des Nachverfahrens. Der Vorbehalt wird dann gegenstandslos, so dass das im Urkundenprozess ergangene Urteil in materielle Rechtskraft erwachsen kann5. Beides kann das Gericht in einem deklaratorischen Beschluss feststellen6.

Landgericht Hildesheim, Beschluss vom 28. April 2021 – 5 O 257/20

  1. Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl., § 599 ZPO Rn. 5[]
  2. OLG Frankfurt, Beschluss vom 01.09.2006 – 23 U 266/05, Rn. 10[]
  3. BeckOK ZPO/Kratz, 40. Ed., § 600 Rn. 4[]
  4. BeckOK ZPO/Kratz, a. a. O., § 599 Rn. 1[]
  5. MünchKommZPO/Braun/Heiß, 6. Aufl., § 600 Rn. 5[]
  6. BeckOK ZPO/Kratz, a. a. O., § 600 Rn. 21; Wieczorek/Schütze/Olzen, ZPO, 4. Aufl., § 600 Rn. 13[]