Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht jedoch nicht, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen2.

Es ist jedoch verpflichtet, die wesentlichen Rechts- und Tatsachenausführungen in den Entscheidungsgründen zu verarbeiten3.
Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert ist4.
Abs. 1 GG ist nur verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls klar ergibt, dass das Gericht den vorgenannten Verpflichtungen nicht nachgekommen ist5. Hierzu müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich ergeben, dass tatsächliches Vorbringen eines Verfahrensbeteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist6.
Ein Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs kann geheilt werden, wenn das Gericht in der Lage ist, das nunmehr zur Kenntnis genommene Vorbringen zu berücksichtigen7. Dies ist zumindest dann der Fall, wenn das Gericht durch Ausführungen zur Rechtslage den gerügten Verstoß beseitigen kann, insbesondere, indem es Vorbringen erstmals zur Kenntnis nimmt und bescheidet8.
Die Heilung kann auch im Rechtsmittelverfahren erfolgen9.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 28. Oktober 2019 – 2 BvR 1813/18
- vgl. BVerfGE 47, 182, 187; BVerfG, Beschluss vom 02.07.2018 – 1 BvR 682/12, Rn.19; Beschluss vom 14.02.2019 – 2 BvR 1457/18, Rn. 11; Beschluss vom 19.06.2019 – 2 BvR 2579/17, Rn. 23; Beschluss vom 24.06.2019 – 1 BvQ 51/19, Rn. 14; Beschluss vom 08.07.2019 – 2 BvR 453/19, Rn. 9; Beschluss vom 18.07.2019 – 2 BvR 1082/18, Rn. 14; stRspr[↩]
- vgl. BVerfGE 13, 132, 149; 42, 364, 368; 86, 133, 146; BVerfG, Beschluss vom 27.02.2018 – 2 BvR 2821/14, Rn. 18; stRspr[↩]
- vgl. BVerfGK 18, 83, 87; BVerfG, Beschluss vom 27.02.2018 – 2 BvR 2821/14, Rn. 18; Beschluss vom 02.07.2018 – 1 BvR 682/12, Rn.19[↩]
- vgl. BVerfGE 86, 133, 146; BVerfG, Beschluss vom 29.08.2017 – 2 BvR 863/17, Rn. 15; Beschluss vom 17.11.2017 – 2 BvR 1131/16, Rn. 48; Beschluss vom 24.01.2018 – 2 BvR 2026/17, Rn. 14[↩]
- vgl. BVerfGE 25, 137, 140; 34, 344, 347; 47, 182, 187; BVerfG, Beschluss vom 24.01.2018 – 2 BvR 2026/17, Rn. 14; Beschluss vom 25.09.2018 – 2 BvR 1731/18, Rn. 28; stRspr[↩]
- vgl. BVerfGE 27, 248, 252; 86, 133, 146; BVerfG, Beschluss vom 29.08.2017 – 2 BvR 863/17, Rn. 15; Beschluss vom 25.09.2018 – 2 BvR 1731/18, Rn. 28; Beschluss vom 08.07.2019 – 2 BvR 453/19, Rn. 9[↩]
- vgl. BVerfGE 5, 22, 24; 73, 322, 326 f.; BVerfG, Beschluss vom 07.10.2009 – 1 BvR 178/09, Rn. 10, GRUR-RR 2009, S. 441, 442; Beschluss vom 15.11.2010 – 2 BvR 1183/09, Rn. 24; Beschluss vom 15.08.2014 – 2 BvR 969/14, Rn. 50; Beschluss vom 14.09.2016 – 1 BvR 1304/13, Rn. 28[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.10.2009 – 1 BvR 178/09, Rn. 10, GRUR-RR 2009, S. 441, 442[↩]
- vgl. BVerfGE 5, 9, 10; 5, 22, 24; 62, 392, 397; 73, 322, 326 f.[↩]