Ein Richterspruch verstößt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür (Art. 3 Abs. 1 GG), wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht.

Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Schuldhaftes Handeln des Richters ist nicht erforderlich.
Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht objektiv willkürlich. Schlechterdings unhaltbar ist eine fachgerichtliche Entscheidung vielmehr erst dann, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird1.
Nach diesen Maßstäben verletzte in der hier vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Verfassungsbeschwerde das angegriffene Urteil des Thüringer Oberlandesgerichts, in dem es um den vertraglichen Haftungsausschluss bei einem Gebrauchtwagenkauf ging2 den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG in der Ausprägung als Willkürverbot:
Zwar sind die abstrakten Ausführungen des Oberlandesgerichts zutreffend, wonach das Tatbestandsmerkmal der Arglist in § 444 BGB nicht nur ein Handeln des Verkäufers, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen erfasst, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines „Fürmöglichhaltens und Inkaufnehmens“ reduziert sind. Damit muss kein moralisches Unwerturteil verbunden sein. Voraussetzung für ein vorsätzliches Verschweigen eines Mangels ist jedoch stets, dass der Verkäufer den konkreten Mangel kennt oder zumindest für möglich hält3. Die für die Annahme eines solchen arglistigen Verschweigens erforderlichen Feststellungen zur Kenntnis des Beschwerdeführers von dem tatsächlichen Mangel an der Einspritzdüse oder zumindest seines Fürmöglichhaltens haben aber weder Landgericht noch Oberlandesgericht getroffen. Ebenso wenig ist festgestellt, dass der Beschwerdeführer aus dem Aufleuchten der MIL-Kontrollleuchte oder dem vom Kläger vor dem Abschluss des Kaufvertrages festgestellten nicht einwandfreien Motorlauf nach seiner Kenntnis oder Erfahrung den Schluss auf eine mangelhafte Einspritzdüse als Fehlerursache hätte ziehen müssen oder können. Das Oberlandesgericht legt seiner Würdigung nicht die persönlichen Kenntnisse des Beschwerdeführers, zu denen keine Feststellungen getroffen worden sind, sondern die Kenntnisse eines Fachmanns zugrunde. Es überspannt damit die Anforderungen an die Kenntnisse eines privaten Autoverkäufers, indem es den Beschwerdeführer für verpflichtet hält, den richtigen Schluss aus einer auch dem Käufer bekannten Fehlermeldung, dem Aufleuchten der MIL-Kontrollleuchte, zu ziehen und den Käufer dementsprechend technisch korrekt aufzuklären. Diese Anforderungen des Oberlandesgerichts an den Beschwerdeführer als Privatverkäufer stehen auch im Widerspruch zu den Ausführungen des Sachverständigen.
Die angefochtene Entscheidung ist auch nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt im Ergebnis richtig, dass ein arglistiges Vorspiegeln bestimmter Eigenschaften oder der Abwesenheit von Mängeln dem arglistigen Verschweigen von Mängeln gleichsteht. Der Beschwerdeführer hat dem Kläger nach den getroffenen Feststellungen nicht vorgespiegelt, dass die tatsächlich defekte Einspritzdüse des zweiten Zylinders mangelfrei ist. Ein Verkäufer ist zwar verpflichtet, Fragen des Käufers richtig und vollständig zu beantworten. Allein der Umstand, dass eine Frage des Käufers – hier unterstellt die nach der Ursache des Aufleuchtens der MIL-Kontrollleuchte – durch den Beschwerdeführer als Verkäufer objektiv falsch beantwortet worden ist, begründet jedoch noch nicht den Vorwurf der Arglist. Derjenige, der gutgläubig falsche Angaben macht, handelt nämlich grundsätzlich nicht arglistig, mag der gute Glaube auch auf Fahrlässigkeit oder selbst auf Leichtfertigkeit beruhen. Anders ist es, wenn der Verkäufer auf Fragen des Käufers falsche Angaben ohne tatsächliche Grundlage – „ins Blaue hinein“ – macht, mit deren Unrichtigkeit er rechnet. Wer so antwortet, handelt grundsätzlich bedingt vorsätzlich4. An den erforderlichen Feststellungen des Oberlandesgerichts für eine solche Angabe des Beschwerdeführers „ins Blaue hinein“ fehlt es jedoch. Zudem ist zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens gerade streitig, auf wessen Veranlassung hin die Formulierung „Defekt der Lambdasonde“ in den Kaufvertrag aufgenommen worden ist. Geht diese Formulierung ohne Einflussnahme des Beschwerdeführers ausschließlich auf den Kläger und dessen Begleiter zurück, so muss sich der Beschwerdeführer diese nicht als eigene wahrheitswidrige Angabe zurechnen lassen.
Aus den vorstehenden Gründen erweist sich die Annahme des Oberlandesgerichts, wonach der Beschwerdeführer dem Kläger des Ausgangsverfahrens arglistig einen ihm bekannten Defekt an der Einspritzdüse verschwiegen habe, auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen als schlechterdings unvertretbar. Sie ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt tragfähig. Andere als die angeführten Gründe, die die Entscheidung rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar.
Da das Urteil des Thüringer Oberlandesgerichts auf dieser objektiv unhaltbaren Begründung beruhte, hat es das Bundesverfassungsgericht gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufgehoben und die Sache an das Thüringer Oberlandesgericht zurück verwiesen.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 3. März 2015 – 1 BvR 3271/14