Sind die Darstellungen in einem Zeitungsartikel im Wesentlichen zutreffend gewesen und liegt kein Zurechnungszusammenhang zwischen dem Artikel und einem Scheitern der Geschäfte des von diesem Artikel Betroffenen vor, besteht keine Schadensersatzpflicht.

Mit dieser Begründung hat das Oberlandesgericht Nürnberg in dem hier vorliegenden Fall dem Begehren des Klägers auf Schadensersatz in Höhe von ungefähr 78 Mio € gegen die Süddeutsche Zeitung und zwei Redakteuren keinen Erfolg beschieden. Die Berufung wurde zurückgewiesen und gleichzeitig das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth1 bestätigt. Geklagt hatte der Mitbegründer, Hauptaktionär und Mitglied des Aufsichtsrats einer in Erlangen ansässigen Firma. In der Zeitung war unter der Überschrift „Wetten auf den Absturz“ ein Artikel veröffentlicht worden, in welchem unter anderem die Frage aufgeworfen wurde, ob der Kläger Insiderwissen zu seinen Gunsten genutzt hatte. Am darauffolgenden Tag erschien in dem in der Schweiz verbreiteten „Tages-Anzeiger“ ein Artikel, in welchem inhaltlich auf den Bericht in der Süddeutschen Zeitung Bezug genommen wurde.
Nach Meinung des Klägers seien aufgrund dieser Berichte eine bereits weit fortgeschrittene Vereinbarung über die Realisierung eines Kraftwerkprojektes in Indien und weiterer Projekte in Indonesien geplatzt. Ihm und den beteiligten Gesellschaften, welche die Schadensersatzansprüche an ihn abgetreten hätten, sei deshalb ein Gewinn in Höhe von 78.242.500,00 € entgangen. Da die Zeitungsartikel unzutreffende Behauptungen enthalten hätten, wäre er dadurch vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden, weshalb ihm ein Schadensersatzanspruch zustehe. Vom Landgericht Nürnberg-Fürth war die Klage abgewiesen worden. Als Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Landgericht habe Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Darstellung der beiden Zeugen und deren Glaubwürdigkeit. Zudem weiche der Artikel im Schweizer Tages-Anzeiger wesentlich von dem Artikel der Süddeutschen Zeitung ab, weshalb letzterer nicht ursächlich für das gescheiterte Geschäft gewesen sein könne. Gegen diese Entscheidung ist Berufung eingelegt worden.
Bereits mit seinem Hinweisbeschluss2 hatte das Oberlandesgericht Nürnberg den Parteien erklärt, dass es beabsichtige, die Berufung des Klägers mangels Erfolgsaussichten zurückzuweisen. In seiner Entscheidungsbegründung zur dann erfolgten Berufungszurückweisung hat es ausführlich dargelegt, dass die Voraussetzungen für eine Schadensersatzpflicht nicht gegeben seien: Die Beklagte hätte durch die Veröffentlichung des Artikels pflichtwidrig und rechtswidrig gehandelt haben müssen. Dies sei vorliegend zu verneinen. Die Darstellungen in dem Artikel seien im Wesentlichen zutreffend gewesen.
Außerdem können sich die Beklagten auf die Grundsätze zur Verdachtsberichterstattung berufen.
Weiterhin unterscheide sich der in der Schweizer Zeitung erschienene Artikel von den zulässigen Äußerungen des Artikels der Süddeutschen Zeitung inhaltlich so, dass ein Zurechnungszusammenhang zwischen dem ursprünglichen Artikel und einem Scheitern der Geschäfte des Klägers entfalle. Nach Meinung des Oberlandesgerichts Nürnberg habe die Süddeutsche Zeitung in seinem Artikel deutlich zu erkennen gegeben, dass es sich um eine – wenn auch starke – Vermutung handle, dass der Kläger Insiderwissen ausgenutzt habe.
Auch wenn grundsätzlich eine Haftung für sogenannte Folgeschäden bestehe, habe nach Auffassung des Oberlandesgerichts Nürnberg das Verhalten der Redaktion der Schweizer Zeitung aber presserechtlichen Maßstäben in besonderer Weise widersprochen, so dass sich letztlich kein von den Beklagten geschaffenes Risiko verwirklicht habe.
Darüber hinaus sei die Klage auch deshalb unbegründet, weil das Oberlandesgericht Nürnberg zwar nachvollziehen konnte, dass aufgrund der damals gegen den Kläger im Raum stehenden Vorwürfe ein Geschäftspartner nachteilige Folgen für die Reputation des Geschäfts und negative Reaktionen einzubindender Dritter befürchtet und daher die Geschäftsbeziehung abbricht – allerdings lasse sich keine Überzeugung gewinnen, dass gerade die möglicherweise im Artikel missverständlich dargestellten Details zu den Optionsgeschäften für den Abbruch der Geschäftsbeziehung ausschlaggebend gewesen seien.
Aus diesen Gründen war die Berufung zurückzuweisen, mit der der Kläger von der Süddeutschen Zeitung sowie zwei Redakteuren wegen von ihm behaupteter falscher Berichterstattung einen Schadensersatzbetrag in Höhe von rund 78 Mio € verlangt hat.
Oberlandesgericht Nürnberg, Beschluss vom 3. Februar 2021 – 3 U 2445/18