Eine das Einspruchsrecht der „spielleitenden Stelle“ eines Fußballverbandes gegen Spielwertungen regelnde Bestimmung muss als verfahrensrechtlich notwendiger Bestandteil des verbandsrechtlichen Strafvorschriftensystems so bestimmt formuliert sein, dass sich die gewollten Rechtsfolgen (hier insbesondere die Einspruchsfrist) unmissverständlich aus ihr heraus ergeben. Zivilgerichtlich angefochtene Vereinsmaßnahmen (hier: Spielwertungen) können klarstellend aufgehoben bzw. angeordnet werden, wenn sich diese Maßnahmen unmittelbar aus der Vereinssatzung bzw. den dazu erlassenen Verfahrensordnungen ergeben.

Der abweichend vom sportlichen Ergebnis verfügte Punktabzug stellt eine an ein Fehlverhalten des Verbandsmitglieds anknüpfende Sanktion dar. Vereinsrechtliche Maßnahmen unterliegen der Kontrolle durch staatliche Gerichte. Die Kontrolldichte ist allerdings in Anerkennung der Vereinsautonomie begrenzt. Reichsgericht und Bundesgerichtshof haben in ständiger Rechtsprechung insofern vereinsrechtliche Disziplinarmaßnahmen nur einer Kontrolle durch die staatlichen Gerichte unterworfen, die sich darauf erstreckt, ob die verhängte Maßnahme eine Stütze im Gesetz oder in der Satzung hat, ob das satzungsmäßige Verfahren beachtet worden ist, sonst keine Satzungsverstöße vorgekommen sind und ob die Maßnahme nicht grob unbillig oder willkürlich ist1. Das schließt eine Inhaltskontrolle auf die Angemessenheit dieser Satzungsgrundlage unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein2. Insbesondere unterliegen die Ordnungsmäßigkeit des vereinsgerichtlichen Verfahrens, die Vereinbarkeit der Vereinsstrafe mit Gesetz und Satzung sowie die zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung der Kontrolle durch das staatliche Gericht3. Die Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter die Vereinsstrafenbestimmungen kann nur in den vorgenannten Grenzen gerichtlich überprüft werden, weil der Verein insoweit in Ausübung seiner Verbandsautonomie (Art. 9 GG) eigenverantwortlich handelt4. Überprüft wird jedoch stets, ob die Vereinsstrafe grob unbillig oder willkürlich ist.
Dieser beschränkte Prüfungsmaßstab ist auszuweiten, wenn Vereinigungen eine überragende Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich zukommt. Den örtlichen Verhältnissen entsprechend muss der Kläger Mitglied des Beklagten sein, wenn er einen wettkampfmäßigen Fußballsport mit anderen – ebenfalls im Beklagten organisierten – Vereinen auf Bezirksligaebene betreiben will. Dem Beklagten kommt somit eine zwar lokal begrenzte, örtliche, dort aber an eine Monopolstellung reichende Bedeutung zu. Dem Beurteilungs- oder Ermessensspielraum des Beklagten sind daher umso engere Grenzen gesetzt, je wichtiger für den Betroffenen die Strafentscheidung des Vereins ist5.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht kann somit gerichtlich nachgeprüft werden, ob der Verein das betroffene Mitglied in einem Verfahren bestraft hat, das mit der Satzung im Einklang stand (vgl. auch BGH, E. v. 06.03.1967 – II ZR 231/64, BGHZ 47, 172). Zu den oben dargestellten Grundsätzen ist dabei Folgendes zu berücksichtigen:
Zwar ist das Vereinsstrafrecht grundsätzlich in der Vereinssatzung zu regeln, da ohne Satzungsbestimmung nicht auf eine Vereinsstrafe erkannt werden kann. Das Verfahren, das von dem satzungsmäßig zuständigen Vereinsorgan bei Verhängungen einer Vereinsstrafe einzuhalten ist, kann indes außerhalb der Satzung in einer eigenen (Geschäfts-) Ordnung geregelt werden (vgl. Stöber/Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, 10. Aufl. 2012, Rn. 979), wie sie vorliegend die RuVO darstellt. Solche Ordnungen gehören nicht zu den das Vereinsleben bestimmenden Grundentscheidungen, die als „Verfassung“ des Vereins kraft zwingender Vorschrift in die Satzung aufgenommen werden müssen (§§ 25, 71 Abs. 1 Satz 1 BGB), soweit sie nicht bereits im Gesetz enthalten sind6.
Vereinssatzungen und sonstige Vereinsstatuten sind lediglich aus ihrem Inhalt heraus auszulegen. Mit ihrem Inkrafttreten werden sie von der Person und dem Willen der Mitglieder des sie beschließenden Vereinsorgans gelöst und zu einer eigenständigen körperschaftsrechtlichen Norm des Vereinslebens, so dass sie nur aus sich heraus ausgelegt werden können. Willensäußerungen oder Interessen der Gründer, sonstige tatsächliche Umstände aus der Entstehungsgeschichte oder der späteren Vereinsentwicklung dürfen hier gerade nicht verwertet werden7. Insofern ist ein objektiver Maßstab anzulegen8.
Landgericht Freiburg, Urteil vom 15. Mai 2012 – 14 O 46/12
- vgl. BGHZ 102, 265; BGHZ 87, 337, 343 m.w.N.[↩]
- vgl. BGH NJW 1995, 583, 587; BGHZ 105, 306, 318[↩]
- vgl. BGHZ 87, 337, 343; BGH NJW-RR 1992, 246; NJW 1997, 3368; OLG Hamm NJW-RR 2001, 1480[↩]
- BGHZ 47, 381, 384; BGHZ 87, 337, 345; BGH NJW 1997, 3368[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 19.10.1987 – II ZR 43/87, BGHZ 102, 265-280[↩]
- vgl. BGH, E. v. 06.03.1967 – II ZR 231/64, BGHZ 47, 172/180[↩]
- vgl. BGH, E. v. 06.03.1967 – II ZR 231/64, BGHZ 47, 172/180; OLG München, Beschluss vom 21.06.2011 – 31 Wx 168/11[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 19.03.2007 – II ZR 73/06, ZIP 2007, 812, Rn. 18; Urteil vom 11.01.2011 – II ZR 187/09, ZIP 2011, 322, Rn. 12 mwN; Urteil vom 01.03.2011 – II ZR 16/10, ZIP 2011, 957, Rn. 8[↩]