Für den bereicherungsrechtlichen Anspruch gilt die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB, die drei Jahre beträgt und nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Hinsichtlich der vorgenannten subjektiven Voraussetzungen ist grundsätzlich auf die Person des Gläubigers abzustellen.

Im Fall der gesetzlichen Vertretung muss sich allerdings der Vertretene das Wissen seines gesetzlichen Vertreters zurechnen lassen1. Demgegenüber ist die Kenntnis eines rechtsgeschäftlichen Vertreters für den Verjährungsbeginn regelmäßig unerheblich2. § 166 BGB ist in diesem Bereich wegen des Zwecks der Verjährungsvorschriften nicht anwendbar3.
Von dem vorgenannten Grundsatz hat die Rechtsprechung – zunächst im Zusammenhang mit § 852 BGB a.F. – eine am Rechtsgedanken des § 166 BGB orientierte Ausnahme in solchen Fällen zugelassen, in denen sich der Anspruchsteller eines sogenannten Wissensvertreters bedient. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass es gegen Treu und Glauben verstoßen würde, wenn jemand, der einen Vertreter mit einem bestimmten Aufgabenkreis betraut und ihm in diesem Aufgabenkreis die Kenntnisnahme von Tatsachen überträgt, aus der inneren Geschäftsverteilung einem Dritten gegenüber den Einwand der Unkenntnis herleiten wollte. Der Anspruchsteller könnte auf diese Weise den Beginn der Verjährungsfrist durch Einschaltung eines Wissensvertreters willkürlich hinauszögern4. Zur Vermeidung eines solchen, mit dem Schutzgedanken von § 852 BGB a.F. nicht zu vereinbarenden Ergebnisses hat die Rechtsprechung den Grundsatz entwickelt, dass sich der Anspruchsinhaber im Rahmen des § 852 BGB a.F. das Wissen eines Dritten entsprechend § 166 Abs. 1 BGB als eigenes Wissen zurechnen lassen muss, wenn er den Dritten mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten, insbesondere mit der Betreuung und Verfolgung der in Frage stehenden Ersatzforderung, in eigener Verantwortung betraut hat5.
Wesentlich für die Wissenszurechnung ist dabei, dass die Erlangung der Tatsachenkenntnis, die dem Anspruchsteller zugerechnet werden soll, zu dem Aufgabenkreis des Vertreters gehört, auch wenn dieser die zur Kenntnis genommenen Tatsachen nicht an den Vertretenen weitergibt6.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können diese zu § 852 BGB a.F. entwickelten Grundsätze auch auf § 199 BGB übertragen werden7. Der Verjährungsbeginn ist in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB der Regelung des § 852 BGB a.F. nachgebildet8. Für ihn gelten die vorgenannten, an Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgerichteten Erwägungen in gleichem Maße. Dementsprechend wäre es auch im Hinblick auf den Verjährungsbeginn nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB treuwidrig, wenn durch die Einschaltung eines Dritten als Wissensvertreter die Verjährung willkürlich hinausgezögert werden könnte.
Dem Anspruchsgegner kann es im Einzelfall nach Treu und Glauben verwehrt sein, sich auf die Wissenszurechnung eines Vertreters des Anspruchstellers zu berufen. Dies kommt unter anderem dann in Betracht, wenn sich der betreffende Anspruch gerade gegen diejenige Person richtet, deren Wissen zugerechnet werden soll9. In solchen Fällen kann nicht erwartet werden, dass der Schuldner dafür sorgt, dass die Ansprüche gegen ihn selbst geltend gemacht werden10.
Ein derartiger, eine Wissenszurechnung des Vertreters ausschließender Ausnahmefall liegt nicht nur vor, wenn sich der Anspruch allein gegen den Wissensvertreter selbst richtet. Er ist vielmehr auch dann anzunehmen, wenn sich der Anspruch zwar gegen einen Dritten richtet, jedoch mit einem gegen den Wissensvertreter gerichteten Anspruch in einem so engen Zusammenhang steht, dass auch hier die Befürchtung besteht, der Vertreter werde nicht zu einer sachgerechten Verfolgung des Anspruchs beitragen11. In einer solchen Situation ist der Vertreter einer vergleichbaren Interessenkollision ausgesetzt wie bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen sich selbst12. Auch hier kann nicht erwartet werden, dass er für die Geltendmachung der Ansprüche des Vertretenen (gegen den Dritten) sorgt. Denn auch hier würde ihm zugleich die Geltendmachung eines Anspruchs gegen ihn selbst drohen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 23. Januar 2014 – III ZR 436/12
- MünchKomm-BGB/Grothe, 6. Aufl., § 199 Rn. 33; Palandt/Ellenberger aaO § 199 Rn. 24[↩]
- BGH, Urteil vom 15.10.1992 – IX ZR 43/92, NJW 1993, 648, 652 zu § 852 BGB a.F.[↩]
- BGH, Urteil vom 15.10.1992 aaO; Gehrlein/Weinland, jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 166 Rn. 18[↩]
- BGH, Urteil vom 29.01.1968 – III ZR 118/67, NJW 1968, 988 f[↩]
- BGH, Urteil vom 29.01.1968 aaO; BGH, Urteile vom 23.01.2007 – XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1 Rn. 35; vom 04.02.1997 – VI ZR 306/95, BGHZ 134, 343, 347 f; und vom 18.01.1994 – VI ZR 190/93, NJW 1994, 1150, 1151[↩]
- BGH, Urteil vom 29.01.1968 aaO; Erman/SchmidtRäntsch, BGB, 13. Aufl., § 199 Rn. 15[↩]
- BGH, Urteil vom 13.12 2012 – III ZR 298/11, NJW 2013, 448, 449; so auch MünchKomm-BGB/Grothe aaO § 199 Rn. 34; Palandt/Ellenberger aaO § 199 Rn. 24; Mansel, NJW 2002, 89, 92; Gaier, NZM 2003, 90, 94[↩]
- Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Drs.-. 14/6040 S. 107[↩]
- BGH, Urteile vom 15.03.2011 – II ZR 301/09, NJW-RR 2011, 832 Rn. 10; und vom 12.06.1989 – II ZR 334/87, NJW-RR 1989, 1255, 1259; MünchKomm-BGB/Grothe aaO Rn. 33a; Otto aaO S. 184[↩]
- BGH, Urteil vom 15.03.2011 aaO[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 21.02.2013 – IX ZR 52/10, WM 2013, 763 Rn. 25; Otto aaO; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB [2009], § 199 Rn. 61[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 08.05.2008 – IX ZR 54/07, NJW-RR 2009, 123 Rn. 17 für die Interessenkollision eines in einem Gesamtvollstreckungsverfahren bestellten Verwalters bei Ansprüchen gegen Mitglieder des Gläubigerausschusses wegen unzureichender Überwachung desselben Verwalters[↩]
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