Der Begriff von Verhandlungen im Sinne des § 203 Satz 1 BGB ist verwirklicht, wenn der Gläubiger klarstellt, dass er einen Anspruch geltend machen und worauf er ihn stützen will. Anschließend genügt jeder ernsthafte Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, sofern der Schuldner nicht sofort und erkennbar Leistung ablehnt.

Verhandlungen schweben schon dann, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der jeweils anderen Seite die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs oder dessen Umfang ein1.
Nach § 203 Satz 1 BGB ist die Verjährung im Fall schwebender Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände gehemmt, bis der eine oder andere Teil die Fortsetzung der Verhandlung verweigert. Eine ausdrückliche Verweigerung der Fortsetzung der Verhandlungen und eine endgültige Ablehnung der Leistung durch den Beklagten sind in den genannten Zeiträumen nicht erfolgt. Doch reicht es – entgegen der Ansicht der Revision – für eine Beendigung der Hemmung aus, wenn die Verhandlungen beidseits nicht fortgesetzt werden, sie – bildlich gesprochen – einschlafen. Dies hat der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu § 852 Abs. 2 BGB aF entschieden2.
Diese Grundsätze haben auch im Anwendungsbereich des § 203 Satz 1 BGB Geltung.
Dies war nicht nur der eindeutige Wille des Gesetzgebers, sondern diese Auslegung entspricht Sinn und Zweck der Verjährungsvorschriften, innerhalb angemessener Fristen für Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zu sorgen3.
Die Verhandlungen sind in diesem Sinne zu dem Zeitpunkt „eingeschlafen“, in dem spätestens eine Erklärung der anderen Seite zu erwarten gewesen wäre4.
Es unterliegt grundsätzlich tatrichterlichem und im Revisionsrechtszug daher nur beschränkt nachprüfbarem Ermessen, die Zeitspanne zu bestimmen, innerhalb derer auf die Erklärung eines der Verhandlungsführer eine Antwort des anderen vernünftigerweise zu erwarten war5.
Feste Fristen, wann Verhandlungen einschlafen, bestehen nicht. Der Zeitraum, den man dem einen Teil zur Reaktion auf die Äußerung des anderen Teils einräumen muss, hängt von dem Gegenstand der Verhandlung und der Verhandlungssituation ab6.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. Dezember 2016 – IX ZR 58/16
- BGH, Beschluss vom 07.07.2011 – IX ZR 100/08, GI aktuell 2012, 96 mwN[↩]
- BGH, Urteil vom 06.03.1990 – VI ZR 44/89, VersR 1990, 755, 756; vom 05.11.2002 – – VI ZR 416/01, BGHZ 152, 298, 303; vom 01.03.2005 – VI ZR 101/04, NJW-RR 2005, 1044, 1047[↩]
- BGH, Urteil vom 06.11.2008 – IX ZR 158/07, NJW 2009, 1806 Rn. 12[↩]
- BGH, Urteil vom 06.11.2008 – IX ZR 158/07, NJW 2009, 1806 Rn. 11; vom 05.06.2014 – VII ZR 285/12, WM 2014, 1925 Rn. 16[↩]
- BGH, Urteil vom 28.03.1985 – III ZR 20/84, VersR 1985, 642, 644[↩]
- vgl. Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 14. Aufl., § 203 Rn. 6[↩]