Verkehrsunfall mit einem ausländischen Mietwagen

Wird bei einem Verkehrsunfall in Deutschland durch einen im europäischen Ausland zugelassenen Mietwagen ein Schaden verursacht, steht dem Direktanspruch des Geschädigten gegen das Deutsche Büro Grüne Karte e.V. nicht entgegen, dass der Geschädigte außer den Daten des Fahrzeugs, dem Namen und der Adresse der Mietwagenfirma sowie dem Namen des Fahrers nicht auch dessen Anschrift nennen kann.

Verkehrsunfall mit einem ausländischen Mietwagen

Kommt es im Inland zu einem Schadensfall mit einem ausländischen Kfz, ist das Deutsche Büro Grüne Karte e.V. passivlegitimiert, denn im Rahmen des Grüne-Karte-Systems hat er gemäß §§ 2 Abs. 1 lit. b, 6 AuslPflVG i.V.m. 115 VVG neben dem ausländischen Versicherer die Pflichten eines Haftpflichtversicherers zu übernehmen.

Der Einwand, eine Eintrittspflicht sei nicht gegeben, da die Unfallgegnerin nicht alle erforderlichen Informationen zu den Unfallbeteiligten habe liefern können, verfängt nicht. Es kann nicht zur Voraussetzung des Eintretens des Deutsche Büro Grüne Karte e.V. gemacht werden, dass die Unfallgegnerin vorliegend die Anschrift des unfallbeteiligten Fahrers nennt bzw. eine Kopie dessen Ausweises vorlegt. Zwar wird in der Literatur teilweise die Angabe der Anschrift der direkt am Unfall Beteiligten als Voraussetzung des Direktanspruchs gegen das Deutsche Büro Grüne Karte e.V. genannt1. Dies ist nach Ansicht des Landgerichts aber unzutreffend.

Für den Direktanspruch gegen das Deutsche Büro Grüne Karte e.V. gelten nach § 6 Abs. 1 AuslPflVG die Vorschriften der §§ 115 bis 118 VVG entsprechend (die Gesetzesverweisung in § 6 Abs. 1 AuslPflVG auf § 3 Nr. 1 bis 4 und 6 bis 11 PflVG ist dabei überholt, an ihre Stelle treten die Vorschriften der §§ 115 bis 118 VVG2). Voraussetzung des Direktanspruches ist dabei, dass der Anspruchsinhaber seinen Anspruch nach den allgemeinen Regelungen zum Schadensersatz dem Grunde und der Höhe nach zu beweisen hat3 und auch die versicherungsrechtlichen Vorgaben eingehalten werden.

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Nach Ansicht des Landgerichts kann zur Frage der vom Anspruchsinhaber zu machenden Angaben auch ohne ausdrückliche Verweisung der Regelungsgehalt des § 119 VVG herangezogen werden. Nach § 119 Abs. 3 S. 1 VVG kann der Versicherer von dem Dritten (hier die Unfallgegnerin) Auskünfte verlangen, soweit sie zur Feststellung des Schadensereignisses und der Höhe des Schadens erforderlich sind. Insofern sind allerdings lediglich sachdienliche Fragen zu beantworten.

Die nach dieser Vorschrift zu erteilenden sachdienlichen Auskünfte hat die Unfallgegnerin vorliegend erteilt. Denn in der Sache hat die Schadensregulierung nach Art. 40 Abs. 1 EGBGB nach deutschem Recht als Recht des Begehungsortes zu erfolgen4. Damit ist sachrechtlich § 7 StVG als Anspruchsnorm einschlägig, der eine Halterhaftung statuiert. Bei einem Unfall mit einem Mietfahrzeug muss es daher ausreichen, wenn der Geschädigte gegenüber dem Deutsche Büro Grüne Karte e.V. Angaben zum Halter des am Unfall beteiligten Fahrzeuges macht. Die Angaben zum Fahrzeughalter sind durch die Unfallgegnerin aber vollständig gemacht worden und durch das Deutsche Büro Grüne Karte e.V. auch nicht moniert worden. Mit den Informationen zum Autovermieter als Halter des schädigenden Fahrzeuges hatte das Deutsche Büro Grüne Karte e.V. aber die zur Identifizierung des Haftenden (und damit auch dessen ausländischer Versicherung) erforderlichen Informationen. Inwiefern das Deutsche Büro Grüne Karte e.V., die ausländische Versicherung oder der Halter des Fahrzeuges Regress beim Fahrer des Fahrzeuges nehmen kann, ist nach deutschem Haftungsrecht für die Frage der Einstandspflicht gegenüber dem Geschädigten irrelevant. Ob der Unfallverursacher selbst durch das Mietwagenunternehmen identifiziert werden kann, ist dessen eigenes, mit einer Autovermietung stets einhergehendes Risiko.

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Die Unfallgegnerin war auch nicht verpflichtet, eine Kopie des Ausweises des gegnerischen Fahrers vorzulegen. Nach § 119 Abs. 3 S. 2 VVG sind nur Belege vorzulegen, die vorhanden sind oder leicht beschafft werden können5. Eine Ausweiskopie war bei der vorliegenden Sachlage aber weder vorhanden noch leicht zu beschaffen.

Auch wenn man sich nicht ausdrücklich auf § 119 Abs. 3 S. 2 VVG stützte, muss es nach Ansicht des Landgerichts beim sachrechtlichen Eingreifen einer Halterhaftung zur Begründung der Einstandspflicht des Deutsche Büro Grüne Karte e.V. ausreichen, wenn der Geschädigte ausreichende Angaben zur Identifizierung des Halters des Unfallfahrzeuges macht.

Landgericht Stuttgart, Urteil vom 17. Juni 2015 – 13 S 105/14

  1. vgl. Böhme-Biela, Kraftverkehrs-Haftpflichtschäden, 25. Aufl.2013, Kap. 13, Rz. 37; MünchKomm, BGB, 6. Aufl.2015, II-VO, Art. 18, Rn. 24, belegt allerdings lediglich mit einem Hinweis auf das auch hier vorgelegte Merkblatt des Deutschen Büros Grüne Karte e.V., Bl. 47 d.A.[]
  2. vgl. Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung, 3. Aufl.2009, § 6, Rn. 1[]
  3. vgl. Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung, 3. Aufl.2009, Rn. 6[]
  4. vgl. BGH, Urteil vom 23.11.1971, Az.: VI ZR 97/70; Greger-Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 5. Aufl.2014, § 15, Rn. 64[]
  5. vgl. Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl.2015, § 119, Rn. 12[]