Bei der Verkehrswertermittlung nach § 12 Abs. 3 SchuldRAnpG ist auch der Wert des Bauwerks zu berücksichtigen, soweit dem Grundstückseigentümer im Hinblick auf seine Dispositionsfreiheit über die weitere Grundstücksnutzung hinaus durch das Bauwerk ein tatsächlich für ihn realisierbarer Wert zufließt.

Da § 12 Abs. 1 und 3 SchuldRAnpG keine Regeln enthält, wie die Verkehrswerterhöhung festzustellen ist, kann auf die Immobilienwertermittlungsverordnung1 zurückgegriffen werden, die anerkannte Grundsätze für die Ermittlung des Verkehrswerts von Grundstücken enthält. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt die Wahl der Ermittlungsmethode im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters. Die von ihm gewählte Wertermittlungsmethode muss jedoch nach den Besonderheiten des konkreten Falles geeignet sein, den vollen Verkehrswert für den zu bewertenden Gegenstand zu erfassen, ohne das Wertbild zu verzerren. Auf das Ertragswertverfahren abzustellen ist sinnvoll und damit sachgerecht, wenn das zu bewertende Grundstück dazu bestimmt ist, nach- haltige Erträge zu erzielen wie etwa bei Mietwohnhäusern, Geschäfts- und Gewerbegrundstücken. Dem Käufer eines derartigen Grundstücks kommt es nämlich in erster Linie darauf an, welche Rendite ihm das eingesetzte Kapital in Gestalt der durch die Vermietung oder Verpachtung erzielten Erträge erwirtschaftet. Demgegenüber eignet sich das Sachwertverfahren für Grundstücke, die nach der Art ihrer Bebauung vornehmlich nicht auf eine möglichst hohe Rendite im Verhältnis zu den aufgewandten Kosten ausgelegt sind2. Entsprechend wurde auch im Gesetzgebungsverfahren darauf hingewiesen3, dass sich bei Bauwerken, die Erholungszwecken dienen, die Bewertung in aller Regel am Sachwert orientieren muss. Beide Wertermittlungsverfahren beziehen allerdings die Restnutzungsdauer der baulichen Anlagen ein (§ 6 Abs. 5, 6 ImmoWertV), entweder nach ihrem Ertragsniveau (§§ 18 Abs. 1, 19 ImmoWertV) oder nach dem Sachwert (§ 21 Abs. 2 ImmoWertV).
Eine danach gebotene Einbeziehung der baulichen Anlagen führt nicht dazu, dass der schutzwürdige Nutzer in den Fällen des § 12 Abs. 2 SchuldRAnpG regelmäßig eine geringere Entschädigung erhielte als der nicht schutzwürdige Nutzer in den Fällen des § 12 Abs. 3 SchuldRAnpG.
Zwar trifft es zu, dass der Nutzer, der durch sein eigenes Verhalten Anlass zur Kündigung aus wichtigem Grund gibt, eine unter Umständen höhere Entschädigung erhalten kann, als wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte.
Erhöht nämlich wegen des bauplanungsrechtlichen Bestandsschutzes die vorhandene Bebauung den Bodenwert ausnahmsweise über den Wert der baulichen Anlage hinaus, so führt die Kündigung des Vermieters bei pflichtwidrigem Verhalten des Nutzers (§ 12 Abs. 2 Satz 2 SchuldRAnpG) zu einer höheren Entschädigung als dann, wenn der Vermieter aus sonstigen Gründen kündigt und nur der Zeitwert des Bauwerks zu ersetzen ist. Dieser Widerspruch beruht aber wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat4 auf einer Entscheidung des Gesetzgebers, nach dessen Vorstellung die durch das Bauwerk eingetretene Erhöhung des Verkehrswerts im Regelfall geringer ist als der Wert des Gebäudes. Wie der Entwurfsbegründung zu entnehmen ist5, liegt dem die Einschätzung zugrunde, dass der zu entschädigende Wertzuwachs wesentlich von der künftigen Art der Nutzung des zurückgegebenen Grundstücks abhängt. Auch kann unter Beibehaltung der bisherigen Grundstücksnutzung ein nicht mehr in ordnungsgemäßem Zustand befind- liches Bauwerk unter Kostenbeteiligung des Nutzers abgerissen (vgl. § 15 SchuldRAnpG) und durch ein neues ersetzt werden. In diesen Fällen fließt dem Grundstückseigentümer durch das Bauwerk kein tatsächlich für ihn realisierbarer Wert zu, so dass ein nicht fortzunutzendes Bauwerk den Verkehrswert nach den Maßstäben des § 12 Abs. 3 SchuldRAnpG nicht erhöht ((vgl. BT-Drs.-. 12/7135 S. 47; Kühnlein VIZ 2000, 578, 582). Dadurch ist dem Verkehrswert im Sinne des § 12 Abs. 3 SchuldRAnpG eine von § 194 BauGB abweichende Bedeutung beigegeben, da diese Vorschrift allein auf den Veräußerungswert (Marktwert) abstellt.
Ein möglicher Anspruch der Klägerin auf Entschädigung nach dem Schuldrechtsanpassungsgesetz hängt somit davon ab, ob das Bauwerk für die Beklagte weiter nutzbar ist.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. Januar 2014 – XII ZR 83/13
- vom 19.05.2010, BGBl. I S. 639[↩]
- BGH, Urteil vom 12.03.2008 – XII ZR 156/05 NJW-RR 2008, 1047 Rn. 25 mwN[↩]
- BT-Drs.-. 12/7135 S. 47[↩]
- BGH, Urteil vom 12.03.2008 – XII ZR 156/05 , NJW-RR 2008, 1047 Rn. 21[↩]
- BT-Drs. 12/7135 S. 47[↩]
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