Verpfändung eines Auflassungsanspruchs im Sanierungsgebiet

Die Verpfändung des Anspruchs auf Auflassung eines Grundstücks, das in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet liegt, bedarf in entsprechender Anwendung des § 144 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BauGB der Genehmigung der Sanierungsbehörde.

Verpfändung eines Auflassungsanspruchs im Sanierungsgebiet

Fehlt eine kraft gesetzlicher Bestimmung erforderliche behördliche Genehmigung, hat dies zur Folge, dass das Rechtsgeschäft von seinem Abschluss bis zur endgültigen Entscheidung über die Genehmigung schwebend unwirksam ist. Mit Erteilung der Genehmigung wird es rückwirkend vom Zeitpunkt seines Abschlusses an voll wirksam1. Auch eine noch ausstehende Genehmigung der Sanierungsbehörde hat hinsichtlich der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BauGB bezeichneten Rechtsgeschäfte deren schwebende Unwirksamkeit zur Folge2 und kann deshalb Gegenstand einer Zwischenverfügung sein3.

Auch wenn bei Verpfändung des Auflassungsanspruchs das Pfandrecht gemäß § 1274 Abs. 1 Satz 1, §§ 1279 ff. BGB außerhalb des Grundbuchs entsteht, kann die Verpfändung im Grundbuch vermerkt werden, wenn eine Auflassungsvormerkung zugunsten des Verpfänders eingetragen ist4.Dem steht der Fall gleich, dass die durch die Vormerkung gesicherten Ansprüche an den Verpfänder abgetreten sind und diese Abtretung – wie hier – neben der Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen ist.

Die Eintragung des Verpfändungsvermerks im Grundbuch ist genehmigungsbedürftig nach § 144 Abs. 2 BauGB.

Die Vorschrift des § 144 Abs. 2 Nr. 2 BauGB ist allerdings nicht unmittelbar anwendbar.

Nach dieser Bestimmung ist im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet der Gemeinde die Bestellung eines das Grundstück belastenden Rechts genehmigungsbedürftig. Hierzu gehören Grunddienstbarkeiten, das Nießbrauchsrecht, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, Vorkaufsrechte, Reallasten, Hypotheken, Grund- und Rentenschulden sowie Dauerwohn- und Nutzungsrechte nach § 31 WEG5. Die Verpfändung des Auflassungsanspruchs als solche begründet jedoch kein dingliches Recht am Grundstück. Vielmehr entsteht ein Pfandrecht an dem Anspruch des Grundstückskäufers gegen den Verkäufer auf Verschaffung des Eigentums (§ 1273 Abs. 1, §§ 1279 ff. BGB).

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Eine gemäß § 1287 Satz 2 Halbsatz 1 BGB zugunsten des Pfandgläubigers entstehende Sicherungshypothek ist zwar ein das Grundstück belastendes dingliches Recht, insoweit fehlt es jedoch an einer Bestellung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 BauGB.

Unter einer solchen Bestellung ist nur die rechtsgeschäftlich herbeigeführte Rechtsänderung zu verstehen6. Dieses Verständnis der Vorschrift folgt aus ihrem Wortlaut und steht mit den übrigen in § 144 Abs. 2 BauGB genannten sowie in vergleichbaren Regelungen im Baugesetzbuch normierten Genehmigungstatbeständen in Einklang. So ist in § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB von der „rechtsgeschäftlichen Veräußerung“ und in Nr. 3 der Vorschrift von einem „schuldrechtlichen Vertrag“ die Rede, „durch den eine Verpflichtung zu einem der in Nummer 1 oder 2 genannten Rechtsgeschäfte begründet wird“. In gleicher Weise bezieht sich die in einem Umlegungsgebiet gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 BauGB angeordnete Genehmigungsbedürftigkeit auf „Verfügungen“ über ein Grundstück und über Rechte an einem Grundstück; eine Verfügung setzt aber eine rechtsgeschäftliche Einwirkung auf ein Recht durch Übertragung, Änderung, Belastung oder Aufhebung voraus7. Deshalb sind Eintragungen von Zwangshypotheken nach § 866 Abs. 1 ZPO – anders als rechtsgeschäftlich bestellte Sicherungshypotheken nach § 1184 Abs. 1 BGB – ebenso genehmigungsfrei8 wie gesetzliche Eigentumsübergänge, sei es in der Zwangsvollstreckung, im Wege der Erbfolge, durch Enteignung, Flurbereinigung oder Umlegung9.

Wenn der Käufer (Verpfänder) seinen Auflassungsanspruch gegen den Verkäufer (Schuldner) an einen Dritten (Pfandgläubiger) verpfändet hat und der Schuldner dem Verpfänder das Grundstück in Gemäßheit der §§ 1281, 1282 BGB übereignet, erwirbt der Pfandgläubiger an dem Grundstück nach § 1287 Satz 2 Halbsatz 1 BGB kraft Gesetzes eine Sicherungshypothek10. Es fehlt deshalb an der von dem Gesetz vorausgesetzten rechtsgeschäftlichen Bestellung.

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Auch aus § 144 Abs. 2 Nr. 3 BauGB, wonach u.a. ein schuldrechtlicher Vertrag der Genehmigung bedarf, durch den eine Verpflichtung zur Bestellung eines das Grundstück belastenden Rechts begründet wird, ergibt sich unmittelbar kein Genehmigungserfordernis. Denn durch die Verpfändung des Auflassungsanspruchs entsteht eine solche Verpflichtung nicht.

Die Regelungen des § 144 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BauGB sind aber auf die Fälle der Verpfändung eines Auflassungsanspruchs analog anwendbar. Voraussetzung für eine Analogie ist, dass das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen11. So liegt der Fall hier.

Das Gesetz weist eine planwidrige Regelungslücke auf. Der Gesetzgeber hat zwar den Bereich genehmigungspflichtiger Vorhaben schon bei der Abfassung des Städtebauförderungsgesetzes im Jahr 1971 unter Bezugnahme auf die entsprechenden Regelungen in § 51 BBauG a.F. und § 2 Abs. 1 Satz 1 GrdstVG auf rechtsgeschäftliche Veräußerungen und die Bestellung belastender Rechte sowie hierauf gerichtete schuldrechtliche Verträge beschränkt12. Eine Erweiterung der Genehmigungspflicht auf nicht rechtsgeschäftliche Rechtsänderungen – sei es kraft Gesetzes oder im Wege der Zwangsvollstreckung – hat er auch bei den nachfolgenden Änderungen des Gesetzes und der Neufassung durch die Regelungen in §§ 136 ff. BauGB nicht vorgenommen13. Dies bedeutet aber nicht, dass der Gesetzgeber die Verpfändung eines Auflassungsanspruchs bewusst genehmigungsfrei lassen wollte. Zwar entsteht eine Sicherungshypothek im Falle des Eigentumserwerbs des Verpfänders gemäß § 1287 Satz 2 Halbsatz 1 BGB kraft Gesetzes. Die Besonderheit besteht aber darin, dass dies nur dann der Fall ist, wenn es zuvor zu einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung zwischen dem Verpfänder und dem Pfandgläubiger – der Verpfändung des Auflassungsanspruchs – gekommen ist; ohne eine solche Vereinbarung kann die Sicherungshypothek nicht entstehen. Diese Sondersituation, die durch ein Nebeneinander von rechtsgeschäftlicher Vereinbarung und damit einhergehender Entstehung eines dinglichen Rechts an dem Grundstück kraft gesetzlicher Anordnung gekennzeichnet ist, hat der Gesetzgeber übersehen.

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Die entsprechende Anwendung von § 144 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BauGB ist geboten, weil bei der Verpfändung eines Auflassungsanspruchs eine mit dem geregelten Sachverhalt vergleichbare Interessenlage gegeben ist. Zweck des Gesetzes ist es, Rechtsgeschäfte, die sich erschwerend auf den Ablauf der Sanierung auswirken können, von der Genehmigung der Sanierungsbehörde abhängig zu machen14. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn die Verpfändung des Auflassungsanspruchs genehmigungsfrei wäre. Es entstünde eine Genehmigungslücke. Dass die Sicherungshypothek gemäß § 1287 Satz 2 Halbsatz 1 BGB nur unter der weiteren Voraussetzung entsteht, dass der Verpfänder Eigentümer des Grundstücks wird, ändert hieran nichts.

Ist der Grundstückskaufvertrag, den der Verpfänder mit dem Verkäufer geschlossen hat, von der Sanierungsbehörde gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 3 BauGB bereits genehmigt worden, scheidet gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 BauGB eine erneute Überprüfung bei der Übereignung des Grundstücks an den Verpfänder aus. Denn gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 BauGB gilt das in Ausführung eines schuldrechtlichen Vertrages vorgenommene dingliche Rechtsgeschäft als genehmigt, wenn der zugrunde liegende schuldrechtliche Vertrag genehmigt worden ist. Wäre die Verpfändung des Auflassungsanspruchs genehmigungsfrei, könnte der Pfandgläubiger infolge des – nicht mehr genehmigungsbedürftigen – Eigentumserwerbs des Verpfänders eine Sicherungshypothek an dem Grundstück erwerben, ohne dass die Gemeinde dem zugestimmt hätte.

Eine Genehmigungslücke entsteht auch, wenn ein Käufer – wie vorliegend – seinen Auflassungsanspruch an einen Dritten abgetreten und erst der Dritte den Auflassungsanspruch verpfändet hat. Zwar bedürfte in diesem Fall die Übereignung an den Dritten gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB der Genehmigung der Sanierungsbehörde. Denn diese ist nicht im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 BauGB das in Ausführung des ursprünglichen, zwischen Verkäufer und Käufer geschlossenen Vertrages vorgenommene dingliche Rechtsgeschäft. Mit der Eigentumsübertragung an den Dritten wird vielmehr die zwischen ihm und dem Käufer bestehende schuldrechtliche Abrede erfüllt. Nur wenn diese nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 BauGB genehmigt worden ist, bedarf der Eigentumserwerb des Dritten keiner Genehmigung. Durch die Verweigerung der Genehmigung des Eigentumserwerbs des Dritten könnte die Sanierungsbehörde deshalb auch die Entstehung einer Sicherungshypothek für den Pfandgläubiger gemäß § 1287 Satz 2 Halbsatz 1 BGB im Ergebnis verhindern. Dies macht aber eine gesonderte Genehmigungsbedürftigkeit der Verpfändung nicht entbehrlich. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass die Behörde gegen den Eigentumserwerb des Dritten nichts einzuwenden hat, die Genehmigung also erteilen möchte, mit der Begründung einer Sicherungshypothek indessen nicht einverstanden ist. Würde man in diesen Fällen das Genehmigungserfordernis auf den Eigentumsübergang beschränken, könnte die Sanierungsbehörde im Ergebnis nur entweder beide Rechtsgeschäfte billigen oder beide verhindern, nicht aber zwischen beiden differenzieren. Dies widerspräche dem Sinn der in § 144 Abs. 2 BauGB normierten Genehmigungserfordernisse.

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Dass die Abtretung und damit die Vollrechtsübertragung eines Auflassungsanspruchs keiner Genehmigung gemäß § 144 Abs. 2 BauGB bedarf15, wohl aber das Weniger einer „bloßen“ Verpfändung des Rechts, begründet entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde keinen Wertungswiderspruch. Bei der Abtretung des Auflassungsanspruchs wird der Zweck des Genehmigungserfordernisses dadurch erreicht, dass die Übereignung des Grundstücks an den Zessionar gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB genehmigungspflichtig ist.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26. Februar 2015 – V ZB 86/13

  1. vgl. BGH, Urteil vom 15.06.1960 – V ZR 105/59, BGHZ 32, 383, 389 f.[]
  2. vgl. Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB [2014], § 145 Rn. 16 f.[]
  3. vgl. Meikel/Böttcher, GBO, 11. Aufl., § 18 Rn. 84 mwN zu den Genehmigungen nach den §§ 24 und 51 BauGB[]
  4. vgl. BayObLG, DNotZ 1996, 554; MünchKomm-BGB/Damrau, 6. Aufl., § 1274 Rn. 30[]
  5. Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB [2014], § 144 Rn. 31[]
  6. vgl. LG Regensburg, Rpfleger 1977, 224; Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB [2014], § 144 Rn. 32; Reichert, NotBZ 2013, 364[]
  7. vgl. Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB [2014], § 144 Rn. 32[]
  8. vgl. LG Regensburg, Rpfleger 1977, 224, 225; Zimmermann, MittRhNotK 1990, 185, 190; Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB [2014], § 144 Rn. 32[]
  9. BeckOK-BauGB/Schmitz, Stand: 1.09.2013, § 144 Rn. 33[]
  10. MünchKomm-BGB/Damrau, 6. Aufl., § 1274 Rn. 32, 35[]
  11. BGH, Urteil vom 25.09.2009 – V ZR 36/09, NJW 2009, 3644 Rn. 10[]
  12. vgl. Entwurf eines Gesetzes über städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen in den Gemeinden, BT-Drs. VI/510, S. 32[]
  13. vgl. Entwurf eines Gesetzes über das Baugesetzbuch, BT-Drs. 10/4630, S. 125 ff.; Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes über das Baugesetzbuch, BT-Drs. 10/5027, S. 16 f.[]
  14. vgl. Entwurf eines Gesetzes über städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen in den Gemeinden, BT-Drs. VI/510, S. 32; Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB [2014], § 144 Rn. 1 f.; vgl. auch Reichert, NotBZ 2013, 364[]
  15. vgl. Mitschang in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl., § 144 Rn. 15; BeckOK-BauGB/Schmitz, Stand: 1.09.2013, § 144 Rn. 33.1[]
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