Vertraglich vereinbarter Anfechtungsausschluss

Ein im Voraus vertraglich vereinbarter Ausschluss der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist mit dem von § 123 BGB bezweckten Schutz der freien Selbstbestimmung unvereinbar und deshalb unwirksam, wenn die Täuschung von dem Geschäftspartner selbst oder von einer Person verübt wird, die nicht Dritter i.S. des § 123 Abs. 2 BGB ist. Das gilt auch im Verhältnis des Erklärenden zu durch die Vertragserklärung begünstigten Dritten1.

Vertraglich vereinbarter Anfechtungsausschluss

Ein im Voraus vereinbarter Ausschluss des Anfechtungsrechts aus § 123 Abs. 1 BGB ist nach allgemeiner Auffassung unwirksam, wenn die Täuschung vom Geschäftspartner selbst oder von einer Person verübt wird, die nicht Dritter i.S. des § 123 Abs. 2 BGB ist2.

§ 123 BGB schützt die rechtsgeschäftliche Entschließungsfreiheit3, indem die Vorschrift gewährleistet, dass eine Willenserklärung, die nicht als Ausdruck freier rechtsgeschäftlicher Selbstbestimmung angesehen werden kann, weil die Willensbildung des Erklärenden von Täuschung oder Drohung beeinflusst ist, der Anfechtung unterliegt4. Wird diese im Voraus ausgeschlossen, liefert sich der Erklärende der Willkür des Vertragspartners aus und gibt seine freie Selbstbestimmung vollständig auf. Dem Täuschenden wird ermöglicht, Vorteile aus seiner Täuschung zu ziehen, ohne eine Rückabwicklung des Vertrages befürchten zu müssen. Dafür verdient der arglistig Täuschende nicht den Schutz der Rechtsordnung5.

Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Willenserklärung einer juristischen oder natürlichen Person in Rede steht. Das aus Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf freie Willensbildung steht, da es korporativ betätigt werden kann (Art.19 Abs. 3 GG6), juristischen und privaten Personen gleichermaßen zu7.

Weiterlesen:
Säumige Streitgenossen - und der Widerruf von Prozesshandlungen

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21. September 2011 – IV ZR 38/09 [HEROS II]

  1. Fortführung von BGH, Urteil vom 17.01.2007 – VIII ZR 37/06, VersR 2007, 1084[]
  2. vgl. BGH, Urteil vom 17.01.2007 – VIII ZR 37/06, VersR 2007, 1084 Rn. 18[]
  3. BGH, Urteil vom 24.10.1968 – II ZR 214/66, BGHZ 51, 141, 147; RGZ 134, 43, 55[]
  4. vgl. dazu nur MünchKomm-BGB/Kramer, 5. Aufl. § 123 Rn. 1[]
  5. vgl. BGH, Urteil vom 17.01.2007 aaO[]
  6. vgl. BVerfGE 106, 28, 42 ff.[]
  7. vgl. Erman/Palm, BGB 12. Aufl. § 123 Rn. 44[]