Mit der Bemessung des Werts der Beschwer des zur Unterlassung ansehensbeeinträchtigender Äußerungen verurteilten Beklagten hatte sich aktuell der Bundesgerichtshof zu befassen.

Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung des angefochtenen Urteils. Wendet sich die beklagte Partei mit der Revision gegen eine in den Vorinstanzen zu ihren Lasten titulierte Unterlassungspflicht, so richtet sich der Wert der Beschwer nach ihrem gemäß § 3 ZPO zu bemessenden Interesse an der Beseitigung dieser Verpflichtung1. Maßgeblich ist, in welchem Maße sich das ausgesprochene Verbot zu ihrem Nachteil auswirkt2. Über die Höhe der Beschwer hat das Revisionsgericht selbst zu befinden; an eine Festsetzung durch das Berufungsgericht ist es nicht gebunden. Der Beschwerdeführer hat innerhalb der Begründungsfrist darzulegen und glaubhaft zu machen, dass der Wert der Beschwer den Betrag von 20.000 € übersteigt3.
Der nach dem Interesse des zur Unterlassung ansehensbeeinträchtigender Äußerungen verurteilten Beklagten an einer Beseitigung der Verurteilung zu bemessende Wert der Beschwer entspricht zwar nicht notwendigerweise dem nach dem Interesse der klagenden Partei an dieser Verurteilung zu bemessenden Streitwert. Letzterer gibt aber regelmäßig eine gewisse Orientierung4. Denn das Interesse des Klägers an einer solchen Unterlassung ist pauschalierend unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Stellung des Verletzers und des Verletzten sowie von Art, Umfang und Gefährlichkeit der Verletzungshandlung zu bewerten5.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze übersteigt im vorliegenden der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht.
Das Oberlandesgericht Nürnberg hat im vorliegenden Fall in seinem Berufungsurteil6 den Streitwert für das Unterlassungsbegehren unter Berücksichtigung der Umstände des Streitfalls zutreffend auf 15.000 € festgesetzt. Gegen diese Bewertung wendet sich die Beschwerde nicht. Sie hat ausdrücklich erklärt, dass die Festsetzung des Streitwerts für das Unterlassungsbegehren auf 15.000 € nicht zu beanstanden sei.
Die Beschwerde hat nicht aufgezeigt, dass das Interesse des Beklagten, das Unterlassungsgebot nicht befolgen zu müssen – also weiterhin behaupten zu dürfen, die Klägerin oder ihre Mitarbeiter hätten einen Betrug begangen und seien für das Verschwinden einer Festgeldanlage verantwortlich – höher zu bewerten ist als das Interesse der Klägerin an einer Unterlassung dieser Äußerungen. Entgegen der Auffassung des Beklagten bestimmt sich seine Beschwer nicht nach der Höhe der von ihm behaupteten Geldforderungen gegen die Klägerin. Denn diese sind nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Der Beklagte nimmt die Klägerin insbesondere weder auf Auskunft zu dem Verbleib seiner vermeintlichen Guthaben noch auf deren Rückzahlung noch auf Feststellung einer Rückzahlungsverpflichtung in Anspruch. Streitgegenständlich ist vielmehr allein die Frage, ob der Beklagte die von der Klägerin beanstandeten und ihr Unternehmerpersönlichkeitsrecht sowie ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb beeinträchtigenden Vorwürfe erheben und verbreiten durfte.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25. April 2023 – VI ZR 111/22
- vgl. BGH, Beschluss vom 11.11.2015 – I ZR 151/14, MMR 2016, 413 Rn. 6 mwN[↩]
- vgl. BGH, Beschlüsse vom 09.02.2012 – I ZR 142/11 6; vom 16.05.2013 – I ZR 172/12 7[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 14.03.2023 – VI ZR 319/21, zVb mwN[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 11.11.2015 – I ZR 151/14, MMR 2016, 413 Rn. 7 mwN[↩]
- vgl. BGH, Beschlüsse vom 16.08.2016 – VI ZB 17/16, VersR 2016, 1459 Rn. 7 ff.; vom 16.11.2021 – VI ZB 58/20, VersR 2022, 456 Rn. 8 mwN; BGH, Beschluss vom 11.11.2015 – I ZR 151/14, MMR 2016, 413 Rn. 7 mwN; Nordemann-Schiffel in Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 8. Auflage, Anhang I, V. Streitwerte im Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, Presse- und Persönlichkeitsrecht Rn. 16 f.[↩]
- OLG Nürnberg, Urteil vom 07.03.2022 – 3 U 374/21[↩]
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