Verweisungsbeschluss – und die Mindestanforderungen an seine Begründung

Ein (rechtskräftiger) Verweisungsbeschluss ist wegen einer krassen Rechtsverletzung offensichtlich unhaltbar, wenn die Verweisung des Rechtsstreits zu einer nicht mehr hinnehmbaren Verletzung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG führt, dem zufolge niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf.

Verweisungsbeschluss – und die Mindestanforderungen an seine Begründung

Dies ist insbesondere der Fall, wenn das verweisende Gericht zwingendes Verfahrensrecht verletzt hat, weil es den Verweisungsbeschluss entgegen § 17a Abs. 4 Satz 2 GVG nicht mit einer Begründung versehen hat.

So auch im vorliegenden Fall, in dem sich die Gründe des Beschlusses sich auf den pauschalen Hinweis beschränken, es handele sich um die Klage einer Arbeitnehmerin gegen ihre frühere Arbeitgeberin aus dem Arbeitsverhältnis. Damit erfüllt das Sozialgericht Regensburg nicht im Ansatz die Mindestanforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung. Hierzu muss mindestens die herangezogene Rechtsnorm bezeichnet und angegeben werden, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen ein Tatbestandsmerkmal der genannten Norm vorliegt bzw. nicht vorliegt1.

Auch wenn die fehlende Begründung des Beschlusses nicht zur Nichtigkeit dieser Entscheidung führt, liegt doch bereits in dieser groben Missachtung der nicht zur Disposition des einzelnen Richters stehenden Begründungspflicht nach § 17a Abs. 4 Satz 2 GVG regelmäßig eine krasse Rechtsverletzung, welche die Durchbrechung der gesetzlichen Bindungswirkung ausnahmsweise rechtfertigt.

Die Beschlussgründe geben Aufschluss über die tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen, auf denen der Verweisungsbeschluss beruht. Sie sind damit notwendiger Ausgangspunkt für die Beantwortung der Frage, ob sich das verweisende Gericht bei seiner Entscheidung von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen. Etwas anderes kann nur ausnahmsweise dann gelten, wenn dem Akteninhalt mit ausreichender Sicherheit und für die Beteiligten erkennbar entnommen werden kann, dass die Verweisung nicht auf sachfremden Erwägungen beruht2.

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Danach war im vorliegenden Fall der Verweisungsbeschluss des Sozialgerichts Regensburg offensichtlich unhaltbar. Aus der Angabe, bei der Klage handele es sich um eine solche einer Arbeitnehmerin gegen ihre frühere Arbeitgeberin aus dem Arbeitsverhältnis, erschließt sich die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht einmal im Ansatz. Auch aus dem Akteninhalt ergeben sich keine hinreichenden Erkenntnisse darüber, dass die Verweisung nicht auf sachfremden Erwägungen beruht. Der Akteninhalt gibt keinerlei Aufschluss darüber, ob das Sozialgericht Regensburg überhaupt erwogen hat, ob zwischen den Parteien eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit iSv. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG besteht oder es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit iSv. § 51 Abs. 1 SGG handelt, und welche sachlichen und rechtlichen Beweggründe das Sozialgericht zu seiner Beschlussfassung veranlasst haben.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14. Mai 2018 – 9 AS 2/18

  1. vgl. BSG 18.07.2012 – B 12 SF 5/12 S, Rn. 7; 8.02.2007 – B 9b SO 5/05 R, Rn. 13[]
  2. BAG 16.06.2015 – 10 AS 2/15, Rn. 6 mwN[]