Der nach § 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB (Subventionsbetrug) Strafbare ist nicht verpflichtet, seine nach Erhalt der Subventionen gefasste Absicht der zweckwidrigen Verwendung oder die bereits erfolgte zweckwidrige Verwendung anzuzeigen.

Nach § 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB macht sich strafbar, wer eine Geldleistung, deren Verwendung durch den Subventionsgeber im Hinblick auf eine Subvention beschränkt ist, entgegen der Verwendungsbeschränkung verwendet.
Durch die Verstöße gegen § 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB ergibt sich eine Schadensersatzpflicht. Diese Vorschrift ist ebenso wie § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB1 ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Wenn – wie im Streitfall – an ein Unternehmen ausgezahlte, nicht rückzahlbare Subventionsmittel entgegen einer Verwendungsbeschränkung des Subventionsgebers verwandt werden, so erleidet der betroffene Verwaltungsträger dadurch einen Vermögensschaden.
Dem steht nicht entgegen, dass die Subventionsmittel bereits vor dem haftungsbegründenden Schutzgesetzverstoß aus dem Vermögen des betroffenen Verwaltungsträgers abgeflossen sind. Zwar sind Vermögensschäden im Allgemeinen nach der Differenzmethode zu ermitteln durch einen rechnerischen Vergleich der durch das schädigende Ereignis eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte. Jedoch enthebt die Differenzmethode als wertneutrale Rechenoperation nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht davon, am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes die in die Differenzbilanz einzusetzenden Rechnungsposten wertend zu bestimmen2. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Wesen und Bedeutung des Vermögens sich nicht in dessen Bestand – dem „Haben“ – erschöpfen, sondern dass sie auch die im Vermögen verkörperten Möglichkeiten für den Vermögensträger umfassen, es zur Verwirklichung seiner Ziele zu nutzen. Diese funktionale Zuweisung ist im vermögenswerten Recht mitgeschützt3. Sie erfordert es, der durch eine Verwendungsbeschränkung im Sinne des § 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB abgesicherten Zweckbindung von bereits ausgezahlten Subventionsmitteln einen Vermögenswert beizumessen, der durch die zweckwidrige Verwendung der Mittel entfällt.
In Fällen, in denen Subventionsmittel unter Missachtung der Voraussetzungen für die Mittelvergabe ausgezahlt werden, entsteht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Schaden im Staatsvermögen, weil die haushaltsrechtlich gebundenen Mittel verringert werden, ohne dass der erstrebte Zweck erreicht wird4. Die Subventionsgewährung begründet ein Austauschverhältnis, bei dem zur Feststellung eines Vermögensschadens Leistung und Gegenleistung zu saldieren sind. Der Subventionsnehmer schuldet dem Subventionsgeber als „Gegenleistung“ für die Subventionsgewährung die zweckgerichtete Verwendung der Subventionsgelder. Diese Gegenseitigkeitsbeziehung wird gestört, wenn die Mittelverwendung nicht dem Subventionszweck entspricht5.
Anders als in den Fällen der unter der Missachtung der Vergabevoraussetzungen erreichten Hergabe von Subventionen wird die Gegenseitigkeitsbeziehung in den Fällen des § 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB erst nach der Subventionsgewährung gestört. Die bei dem betroffenen Verwaltungsträger durch den Abfluss der haushaltsrechtlich gebundenen Mittel bewirkte Vermögensminderung wird zunächst dadurch kompensiert, dass durch eine Verwendungsbeschränkung die Erreichung des erstrebten Zweckes rechtlich abgesichert wird. Diese Absicherung wird durch den untreueähnlichen Straftatbestand des § 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB verstärkt, der an die Verfügungsmacht über den Zuwendungsgegenstand eine besondere Treuepflicht knüpft6. Werden die ausgezahlten Subventionsmittel unter Beachtung dieser Pflicht gemäß der Verwendungsbeschränkung verwandt, verbleibt es bei der Kompensation der Vermögensminderung, weil dann der erstrebte Zweck erreicht wird. Werden die Mittel stattdessen entgegen der Verwendungsbeschränkung verwandt, so wird dadurch die Zweckbindung aufgehoben und der betroffene Verwaltungsträger erleidet nunmehr einen Vermögensschaden. Seine Vermögenslage ist dann nicht anders zu beurteilen, als wenn er die Verwirklichung des geförderten Vorhabens selbst übernommen und als wenn sein zuständiger Bediensteter die dafür vorgesehenen Mittel veruntreut hätte.
Da der Vermögensschaden demnach bereits mit der zweckwidrigen Verwendung der Subventionsmittel eintritt, ist die Schadensentstehung nicht davon abhängig, dass der Zuwendungsbescheid wirksam widerrufen wird. Soweit der betroffene Verwaltungsträger den durch einen Widerruf begründeten öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch (§ 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW) realisieren kann, führt dies vielmehr nur zu einem Ausgleich des bereits entstandenen Schadens.
Der Vermögenswert der durch die Verwendungsbeschränkung im Subventionsbescheid abgesicherten Zweckbindung der Subventionsmittel ist durch die einzelnen Zahlungen des Subventionsempfängers nur insoweit gemindert worden, als die Zahlungen zweckwidrig erfolgten. Denn nur insoweit hat der Subventionsempfänger die ihm auf Grund des Subventionsverhältnisses obliegende „Gegenleistung“ zur zweckentsprechenden Verwendung der Subventionsgelder nicht erbracht7. Soweit hingegen die Subventionsmittel innerhalb der Zweckbindung verwandt worden waren, können die Zahlungen nicht auf Grund der späteren Schutzgesetzverstöße rückschauend als schadensbegründend gewertet werden. Für die Beurteilung, ob ein Nachteil durch eine Zweckverfehlung einer Zahlung in Betracht kommt, darf nämlich nicht auf eine expostBetrachtung abgestellt werden8. Soweit schließlich der Subventionsempfänger die Subventionsmittel zum Zeitpunkt der einzelnen Schutzgesetzverstöße noch nicht ausgegeben hatte, ist ein Vermögensschaden ebenfalls nicht eingetreten. Denn insoweit ist die Zweckbindung nicht aufgehoben worden; die in Rede stehenden Mittel befanden sich weiterhin im Vermögen des Subventionsempfängers, der weiterhin an die Verwendungsbeschränkung im Subventionsbescheid gebunden war.
Unerheblich ist, ob durch die missbräuchlichen Zahlungen Erwartungen des die Subvention gewährenden Bundeslandes enttäuscht worden sind, die über die im Zuwendungsbescheid festgelegte Mittelverwendung hinausgingen. Denn solche Erwartungen sind von dem schadensrechtlichen Vermögensschutz nicht umfasst. Dieser beschränkt sich auf die im Subventionsverhältnis konkret bezeichnete Gegenleistung des Subventionsempfängers9. Eine andere Sichtweise würde darauf hinauslaufen, den Schadensersatz an unkontrollierbaren subjektiven Wertschätzungen des Geschädigten festzumachen, was durch § 253 Abs. 1 BGB verhindert werden soll10.
Ein weitergehender Schadensersatzanspruch kann auch nicht mit der Erwägung begründet werden, dass die Subvention insgesamt nicht gewährt worden wäre, wenn die zweckwidrige Mittelverwendung vorab bekannt gewesen wäre. Denn die zum Ersatz verpflichtenden zweckwidrigen Zahlungen folgten der Subventionsgewährung zeitlich nach. Er muss deshalb den Geschädigten gemäß § 249 Abs. 1 BGB nicht so stellen, als sei die Subvention nicht gewährt worden, sondern muss nur den Zustand herstellen, der bestehen würde, wenn es nicht zu den zweckwidrigen Zahlungen gekommen wäre. Der Streitfall liegt insoweit anders als der Sachverhalt, der dem vom Berufungsgericht herangezogenen BGH, Urteil vom 21.12.2004 – VI ZR 306/03,11 zugrunde lag. In diesem Urteil hat der Bundesgerichtshof eine vertragliche Belastung als Schaden aufgefasst, die auf dem haftungsbegründenden Verhalten beruhte.
Für die Bestimmung des entstandenen Schadens kommt es auch nicht auf die möglichen verwaltungsrechtlichen Folgen der zweckwidrigen Zahlungen an. Zwar kann nach § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG NRW die zuständige Behörde nach ihrem Ermessen einen Zuwendungsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit auch dann insgesamt widerrufen, wenn die gewährte Leistung nur zum Teil nicht für den im Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird12. Die bei der Prüfung eines solchen Gesamtwiderrufs anzustellenden Ermessenserwägungen13 und die Bestimmung des durch die Zweckverfehlung entstandenen Vermögensschadens stehen jedoch in keinem direkten Zusammenhang. So ist es für die Ermessensverwaltung kennzeichnend, dass einer Behörde durch Rechtsvorschrift die Entscheidungsfreiheit eingeräumt wird, von mehreren rechtlich zulässigen Entscheidungen aus Zweckmäßigkeitsgründen unter Abwägung der öffentlichen Belange und der Interessen des Einzelnen die sachgerechte zu wählen14. Die Höhe eines Vermögensschadens ist demgegenüber nicht von Zweckmäßigkeitserwägungen, erst recht nicht von solchen des Geschädigten, abhängig, sondern ist – auf Grundlage eines feststehenden Sachverhaltes – rechtlich eindeutig bestimmbar.
Schließlich ist es unerheblich, ob neben dem staatlichen Vermögen auch die staatliche Planungs- und Dispositionsfreiheit als von § 264 StGB geschütztes eigenständiges Rechtsgut anzuerkennen ist15. Denn für den geltend gemachten materiellen Schadensersatzanspruch kann nur der Vermögensschutz maßgeblich sein.
Ein Schadensersatzanspruch in Höhe des Gesamtbetrags der am bewilligten Zuwendung ergibt sich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264 Abs. 1 Nr. 3 StGB. Nach dieser Vorschrift wird bestraft, wer den Subventionsgeber entgegen den Rechtsvorschriften über die Subventionsvergabe über subventionserhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt. Dagegen hat der Subventionsempfänger – bzw. im vorliegenden der gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB für die Subventionsempfängerin als Geschäftsführer handelnde Beklagte – weder dadurch verstoßen, dass er die Absicht, die Subventionsmittel entgegen der Verwendungsbeschränkung zu verwenden, nicht rechtzeitig vor deren Verwendung angezeigt hat, noch dadurch, dass er es unterlassen hat, die zweckwidrigen Zahlungen nachträglich anzuzeigen.
Zwar handelt es sich bei den Zahlungen selbst um subventionserhebliche Tatsachen. Auch war der Subenventionsempfänger nach § 3 Abs. 1 Satz 1 SubvG verpflichtet, dem Subventionsgeber unverzüglich alle Tatsachen mitzuteilen, die für die Rückforderung der Subvention erheblich waren. Diese Vorschrift ist jedoch einschränkend dahin auszulegen, dass sie den nach § 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB Strafbaren nicht verpflichtet, seine nach Erhalt der Subventionen gefasste Absicht der zweckwidrigen Verwendung oder die bereits erfolgte zweckwidrige Verwendung anzuzeigen16. Beide Verhaltensweisen werden, wie die Entstehungsgeschichte der Vorschrift zeigt, von deren Anwendungsbereich nicht erfasst.
Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Gesetzgeber bei Erlass des Subventionsgesetzes und Einfügung des heutigen § 264 Abs. 1 Nr. 3 StGB durch das Erste Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 29.07.197617 gerade keine Pflicht zur Selbstanzeige schaffen wollte. Er hat ausdrücklich darauf abgestellt, dass der Verstoß gegen die Verwendungsbeschränkung selbst seinerzeit noch straflos blieb18. § 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist erst nachträglich durch das EGFinanzschutzgesetz vom 10.09.199819 eingefügt worden. Dabei hatte der Gesetzgeber bestimmte Subventionen im Blick, die von § 3 SubvG und damit auch von dem heutigen § 264 Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht erfasst werden. Zwar hat der Gesetzgeber den neu geschaffenen Straftatbestand des § 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB bewusst nicht auf diese Subventionen beschränkt. Aus den Gesetzesmaterialien ergeben sich aber keine Anhaltspunkte dafür, dass er eine parallele Anwendbarkeit dieser Vorschrift und des § 264 Abs. 1 Nr. 3 StGB in Betracht gezogen hat und dass er entgegen seinem ausdrücklich bekundeten früheren Willen § 264 Abs. 1 Nr. 3 StGB nunmehr eine Pflicht zur Selbstanzeige unterlegen wollte20. Im Einklang damit steht es, dass nach allgemeiner Auffassung im strafrechtlichen Schrifttum § 264 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 StGB nicht nebeneinander anwendbar sind21.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 16. Juli 2013 – VI ZR 442/12
- dazu BGH, Urteil vom 13.12.1988 – VI ZR 235/87, BGHZ 106, 204, 206 ff.[↩]
- BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 09.07.1986 – GSZ 1/86, BGHZ 98, 212, 217; BGH, Urteil vom 21.12.2004 – VI ZR 306/03, BGHZ 161, 361, 366 f. mwN[↩]
- BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 09.07.1986 – GSZ 1/86, aaO, 218; BGH, Urteil vom 21.12.2004 – VI ZR 306/03, aaO, 369[↩]
- BGH, Urteile vom 13.12.1988 – VI ZR 235/87, BGHZ 106, 204, 209 und vom 21.12.2004 – VI ZR 306/03, 161, 361, 368 f.; BGH, Beschluss vom 18.07.1963 – 1 StR 130/63, BGHSt 19, 37, 44 f.; Urteile vom 30.06.1982 – 1 StR 757/81, BGHSt 31, 93, 95; vom 04.11.1997 – 1 StR 273/97, BGHSt 43, 293, 297 f.; vom 14.12.2000 – 5 StR 123/00, NJW 2001, 2411, 2414; Beschluss vom 26.01.2006 – 5 StR 334/05, NStZ 2006, 624 Rn. 2[↩]
- BGH, Beschluss vom 26.01.2006 – 5 StR 334/05, aaO[↩]
- vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 264 Rn. 25a; Tiedemann in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 264 Rn. 106[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 26.01.2006 – 5 StR 334/05, NStZ 2006, 624 Rn. 4 ff.[↩]
- BGH, Urteil vom 14.12.2000 – 5 StR 123/00, NJW 2001, 2411, 2414[↩]
- Gerhold, Zweckverfehlung und Vermögensschaden, S. 41 ff. und 45 ff. und Hack, Probleme des Tatbestands Subventionsbetrug, S. 51 ff.[↩]
- vgl. BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 09.07.1986 – GSZ 1/86, BGHZ 98, 212, 222[↩]
- BGHZ 161, 361[↩]
- vgl. BayVGH, BayVBl 2005, 50, 51; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 49 Rn. 97, 100[↩]
- vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 18.05.2005 – 15 K 6813/02, für den Fall eines ermessensfehlerhaften Gesamtwiderrufs[↩]
- Sachs, aaO, § 40 Rn. 13, 15[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 13.12.1988 – VI ZR 235/87, BGHZ 106, 204, 207[↩]
- vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 264 Rn. 27[↩]
- BGBl. I S.2034[↩]
- BT-Drucks. 7/3441, S. 43 f.[↩]
- BGBl. II S. 2322[↩]
- BT-Drucks. 13/10425, S. 6 f.[↩]
- für einen Vorrang der Nr. 2: Fischer, StGB, 60. Aufl., § 264 Rn. 27; Perron in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 264 Rn. 86; Hoyer in Systematischer Kommentar, StGB, 8. Aufl., § 264 Rn. 107; Wohlers in Münchener Kommentar, StGB, § 264 Rn. 122; für einen Vorrang der Nr. 3 Hellmann in NomosKommentar, StGB, 4. Aufl., § 264 Rn. 120[↩]
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- Landgericht Hamburg: Juliette Kober