Verwerfung der Berufung als unzulässig – und die Beschlussgründe

Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben und den Streitgegenstand sowie die Anträge in beiden Instanzen erkennen lassen. Anderenfalls sind sie nicht mit den nach dem Gesetz (§ 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6 ZPO) erforderlichen Gründen versehen und bereits deshalb aufzuheben1.

Verwerfung der Berufung als unzulässig – und die Beschlussgründe

Das Rechtsbeschwerdegericht hat grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen, den das Berufungsgericht festgestellt hat (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO). Enthält der angefochtene Beschluss keine tatsächlichen Feststellungen, ist das Rechtsbeschwerdegericht nicht zu einer rechtlichen Prüfung in der Lage.

Dies gilt auch dann, wenn das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verwirft, weil die Berufungssumme nicht erreicht ist.

Denn eine Wertfestsetzung kann vom Rechtsbeschwerdegericht nur darauf hin überprüft werden, ob das Berufungsgericht die angekündigten Anträge zur Kenntnis genommen und zutreffend bewertet und die Grenzen eines ihm gegebenenfalls durch § 3 ZPO eingeräumten Ermessens überschritten oder rechtsfehlerhaft von ihm Gebrauch gemacht hat.

Wird diesen Anforderungen nicht genügt, liegt ein von Amts wegen zu berücksichtigender Verfahrensmangel vor, der die Aufhebung der Berufungsentscheidung nach sich zieht2.

Eine Sachdarstellung ist lediglich dann ausnahmsweise entbehrlich, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt und das Rechtsschutzziel noch mit hinreichender Deutlichkeit aus den Beschlussgründen ergeben3.

Diesen Maßstäben wird im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht gerecht. Der angefochtene Beschluss enthält keinerlei Darstellung des maßgeblichen Sachverhalts sowie der von den Parteien erstinstanzlich gestellten Anträge. Ebenso wird nicht mitgeteilt, mit welchen Anträgen sich der Kläger im Berufungsverfahren gegen die Entscheidung des Amtsgerichts wendet. Auch eine zumindest teilweise Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil fehlt. Zwar wird in dem angefochtenen Beschluss mehrfach auf den Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts verwiesen. Auch dieser enthält indessen keine Sachverhaltsdarstellung. In ihm wird lediglich mitgeteilt, der Kläger verlange allein Auskunft über sämtliche Verfügungen, die der Beklagte in Bankvollmacht der Erblasserin getätigt habe, und darüber, welche Schmuckstücke aus dem Nachlass der Beklagte in Besitz genommen und weiter an seine Tochter übergeben habe. Was der Kläger im Einzelnen in erster Instanz und nach der Abweisung seiner Klage im Berufungsrechtszug beantragt hat, lässt sich indessen auch diesem Beschluss nicht entnehmen. Der Verwerfungsbeschluss enthält mithin nicht die für eine Sachprüfung des Rechtsbeschwerdegerichts erforderlichen Feststellungen.

Weiterlesen:
Schadensersatz für psychische Beeinträchtigungen - und die verweigerte Behandlung

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14. Oktober 2015 – IV ZB 21/15

  1. BGH, Beschlüsse vom 27.08.2014 XII ZB 266/13, NJW-RR 2014, 1531 Rn. 7; vom 16.04.2013 – VI ZB 50/12, NJW-RR 2013, 1077 Rn. 4[]
  2. BGH, Beschluss vom 16.04.2013 aaO[]
  3. BGH aaO Rn. 5[]