Vetragsstrafen in den Bauvertrags-AGB

Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers eines Bauvertrags getroffene Vertragsstrafenregelung, die eine für die schuldhafte Überschreitung einer Zwischenfrist zu zahlende Vertragsstrafe auf höchstens 5 % der Gesamtauftragssumme festlegt, ist gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

Vetragsstrafen in den Bauvertrags-AGB

Der Bundesgerichtshof entscheidet in ständiger Rechtsprechung, dass eine Vertragsstrafenvereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers auch die Interessen des Auftragnehmers ausreichend berücksichtigen muss. Eine unangemessen hohe Vertragsstrafe führt zur Nichtigkeit der Vertragsklausel nach § 307 Abs. 1 BGB1.

Der Bundesgerichtshof muss nicht abschließend entscheiden, unter welchen Voraussetzungen die Parteien durch Allgemeine Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages vereinbaren können, dass die Überschreitung eines oder mehrerer Zwischentermine unter Vertragsstrafe gestellt wird. In Literatur und Rechtsprechung werden insoweit Bedenken geäußert, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, mit denen die Überschreitung des Fertigstellungstermins unter Vertragsstrafe gestellt wird, ohne weiteres auf Zwischenfristen anzuwenden2. Diese Bedenken sind schon deshalb gerechtfertigt, weil das Interesse des Auftraggebers an der Einhaltung eines Fertigstellungstermins in der Regel nicht identisch mit seinem Interesse daran ist, dass ein Zwischentermin nicht überschritten wird.

Das Interesse des Auftraggebers an der Strafbewehrung eines bestimmten Termins ist ein wichtiger Gesichtspunkt bei der Prüfung der Frage, inwieweit eine Vertragsstrafe den Auftragnehmer unangemessen belastet. Dieses Interesse beeinflusst die Druck- und Kompensationsfunktion der Vertragsstrafe und damit von vornherein auch die Frage, inwieweit eine Vertragsstrafe in bestimmter Höhe überhaupt gerechtfertigt sein kann. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ein besonderes Interesse an der Einhaltung eines Zwischentermins besteht, weil gerade dessen Überschreitung die Gefahr besonders hoher Schäden birgt. Dies gilt auch im vorliegend entschiedenen Fall, in dem die Zwischenfrist dazu diente, das Schließen des Deichtores zu gewährleisten, um die regelmäßig ab November als hoch eingestufte Gefahr von Überschwemmungen zu verhindern.

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Bei der Beurteilung der Angemessenheit einer Vertragsstrafe ist aber nicht nur das Interesse des Auftraggebers daran zu würdigen, zur Vermeidung eventuell hoher Schäden Druck auf den Auftragnehmer auszuüben, um die Einhaltung eines Termins zu sichern. Vielmehr müssen auch die Interessen des Auftragnehmers berücksichtigt werden und vor allem muss beachtet werden, dass die für die Überschreitung eines Zwischentermins vereinbarte Vertragsstrafe unter Berücksichtigung ihrer Druck- und Kompensationsfunktion in einem angemessenen Verhältnis zum Werklohn steht, den der Auftragnehmer durch seine Leistung verdient. Insoweit gilt nichts anderes als für die Vereinbarung einer Vertragsstrafe, mit der ein Fertigstellungstermin abgesichert werden soll3. Die Vereinbarung muss berücksichtigen, welche Auswirkungen die Vertragsstrafe auf den Auftragnehmer hat, und sich in wirtschaftlichen Grenzen halten.

Auf dieser Grundlage hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Obergrenze einer Vertragsstrafe für die Überschreitung eines Fertigstellungstermins von über 5 % der Auftragssumme zu hoch ist4. Diese Wertung muss auch die Beurteilung beeinflussen, welche Höhe einer Vertragsstrafe nicht mehr hingenommen werden kann, wenn es um die Sicherung von Zwischenterminen geht. Insoweit ist zu bedenken, dass der Auftraggeber bei der Absicherung eines Zwischentermins nicht davon profitieren können soll, dass der Auftragnehmer später noch weitere Leistungen erbringt, die nicht dazu dienen, die Einhaltung des Zwischentermins zu sichern. Vielmehr ist ein angemessenes Gleichgewicht der Interessen von Auftraggeber und Auftragnehmer nur gewahrt, wenn der Auftraggeber nicht anders steht als hätte er den Auftragnehmer allein mit Leistungen bis zum Zwischentermin beauftragt. In diesem Fall wäre der Zwischentermin ein Endtermin und die prozentualen Höchstsätze einer Vertragsstrafe müssten sich an der Auftragssumme orientieren. Eine Vertragsstrafe, die einen Tagessatz von mehr als 0,3 % und eine Obergrenze von 5 % von einem höheren Betrag vorsieht, wäre unangemessen und deshalb unwirksam. Nicht anders kann es sein, wenn die Vertragsstrafe für einen Zwischentermin an die gesamte Auftragssumme anknüpft, die auch durch Leistungen erwirtschaftet wird, die erst nach dem Zwischentermin erbracht werden. Das gilt – entgegen der Auffassung der Revision – auch dann, wenn bei Verträgen, die Bauleistungen im Rahmen des Hochwasserschutzes zum Gegenstand haben, die Einhaltung einer Zwischenfrist zur Erhaltung des Hochwasserschutzes unabdingbar notwendig ist und daran ein größeres Interesse als an der Einhaltung der Fertigstellungsfrist besteht. Kann bei Nichteinhaltung einer Zwischenfrist ein ebenso hoher oder noch höherer Schaden wie bei Überschreitung einer Fertigstellungsfrist entstehen, ist der Auftraggeber ausreichend durch die Möglichkeit geschützt, seinen Schadensersatzanspruch gesondert gegen den Auftragnehmer zu verfolgen5. Darüber hinaus ist es ihm unbenommen, eine Vertragsstrafe individuell zu vereinbaren.

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Die zwischen Bauherrn und Bauunternehmer für den Zwischentermin vereinbarte Vertragsstrafe ist danach unwirksam, denn sie knüpft die Obergrenze der Vertragsstrafe von 5 % an die Auftragssumme. Ob die Vertragsstrafe auch noch aus anderen Gründen unwirksam sein könnte, muss der Bundesgerichtshof nicht entscheiden.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 6. Dezember 2012 – VII ZR 133/11

  1. BGH, Urteil vom 23.01.2003 VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, 324 m.w.N.[]
  2. vgl. Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 2. Aufl., S. 453 Rn. 297; Ingenstau/Korbion/Döring, 17. Aufl., § 11 VOB/B Rn. 26; Kemper in Franke/Kemper/Zanner/Grünhagen, 4. Aufl., § 11 VOB/B Rn. 43; LeinemannHafkesbrink, 3. Aufl., § 11 VOB/B Rn. 26; OLG Hamm, BauR 2000, 1202; OLG Dresden, BauR 2001, 949; Thüringer Oberlandesgericht, NJW-RR 2002, 1178; OLG Celle, BauR 2005, 1780[]
  3. BGH, Urteil vom 23.01.2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, 324 m.w.N.[]
  4. BGH, Urteil vom 23.01.2003 – VII ZR 210/01 aaO, 325[]
  5. vgl. BGH, Urteil vom 20.01.2000 – VII ZR 46/98, BauR 2000, 1049 = NZBau 2000, 327 = ZfBR 2000, 331[]

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