Ansprüche gegen das Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg sind trotz ihrer Unabtretbarkeit grundsätzlich wie Arbeitseinkommen in den Grenzen von §§ 850c ff. ZPO pfändbar1. Die mit einer Pfändung verbundene Beschlagnahme erstreckt sich ohne weiteres auf alle Nebenrechte, die im Fall einer Abtretung oder eines gesetzlichen Forderungsübergangs nach §§ 401, 412 BGB mit auf den neuen Gläubiger übergehen. Mit der Pfändung der Ansprüche auf Zahlung des Altersruhegelds gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 2, § 27 Satzung Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg (Satzung AK BW) für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wird das Recht, einen Leistungsantrag nach § 24 Abs. 5 Satzung AK BW – auch rückwirkend – zu stellen, umfasst. Dem steht der sozialrechtlich gebotene Schutz des unpfändbaren Stammrechts eines berufsständischen Altersruhegelds nicht entgegen.

Nach § 803 Abs. 2 ZPO hat eine Pfändung zu unterbleiben, wenn sich von der Verwertung der zu pfändenden Gegenstände ein Überschuss über die Kosten der Zwangsvollstreckung nicht erwarten lässt. Steht die Pfändung von Forderungen oder anderen Vermögensrechten in Rede (§§ 828 ff. ZPO), ist die Annahme einer nach § 803 Abs. 2 ZPO unzulässigen, weil zwecklosen Pfändung grundsätzlich nur gerechtfertigt, wenn der Nennwert der Forderung respektive des Vermögensrechts einen die Vollstreckungskosten übersteigenden Verwertungserlös nicht erwarten lässt2. Hingegen kann die Zwecklosigkeit einer Pfändung nicht allein deswegen bejaht werden, weil das zu pfändende Vermögensrecht Gegenstand vorrangiger Pfändungen ist und zunächst keine Aussicht auf einen die Vollstreckungskosten übersteigenden Erlös besteht. Denn weder in dem Verfahren auf Erlass eines Pfändungsbeschlusses noch in dem sich gegebenenfalls anschließenden Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren kann zuverlässig beurteilt werden, ob die vorrangig ausgebrachten Pfändungspfandrechte in Wegfall geraten, weil beispielsweise die bevorrechtigten Gläubiger infolge anderweitiger Sicherung oder auf sonstige Weise befriedigt werden oder auf die Pfändung verzichten (§ 843 ZPO). Das formalisierte Zwangsvollstreckungsverfahren mit seinen eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten eignet sich für Feststellungen, die die Annahme einer zwecklosen Pfändung von Forderungen tragen könnten, im Regelfall nicht.
Dem Gläubiger kann ebenfalls das allgemeine Rechtsschutzinteresse an der Pfändung nicht abgesprochen werden. Dieses fehlt, wenn ein Gläubiger kein schutzwürdiges Interesse an der Vollstreckungsmaßnahme hat3, weil etwa dieser offensichtlich die Eignung fehlt, zu seiner Befriedigung beizutragen4. Eine solche Prognose lässt sich indes – wie dargelegt – nicht darauf stützen, dass das zu pfändende Vermögensrecht Gegenstand vorrangiger Pfändungen ist und angesichts dessen eine Befriedigung zunächst wenig wahrscheinlich sein könnte.
Die Pfändung der dem Schuldner gegen den Drittschuldner zustehenden gegenwärtigen und künftigen Ansprüche auf Altersrente („Anspruch B“) ist unter Beachtung der Regelungen des Vollstreckungsverfahrens rechtmäßig erfolgt. Insbesondere ist die gepfändete Forderung hinreichend bestimmt bezeichnet und steht der Pfändung das Abtretungs- und Verpfändungsverbot nach § 36 Abs. 1 Satzung AK BW nicht entgegen.
Die Forderungsbezeichnung ist unabdingbare Wirksamkeitsvoraussetzung für den Pfändungsbeschluss, da durch sie der Pfändungsgegenstand bestimmt wird5. Die Bestimmtheit der Bezeichnung ist nicht nur für die am Vollstreckungsverfahren Beteiligten von Bedeutung. Da die Pfändung ein Veräußerungsverbot bewirkt (§§ 135, 136 BGB), das heißt im verfügungsrechtlichen Sinn zu einer Belastung führt, muss auch für unbeteiligte Personen der Pfändungsgegenstand erkennbar sein6. Zur Bestimmung der Forderung ist in entsprechender Anwendung von § 133 BGB der Pfändungsbeschluss auszulegen7.
Auf dieser Grundlage ergibt sich aus dem Pfändungsbeschluss vom 22.03.2018 auch für am Vollstreckungsverfahren nicht Beteiligte, dass die gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche des Schuldners gegen den Drittschuldner auf Zahlung von Altersrente gepfändet sind. Zwar weist die Rechtsbeschwerde zutreffend darauf hin, dass in dem durch Ankreuzen in Bezug genommenen „Anspruch B“ des Pfändungsbeschlusses die „Art der Sozialleistung“ sowie die „Konto/Versicherungsnummer“ nicht bezeichnet sind und es sich bei den Ansprüchen des Schuldners gegen den Drittschuldner nicht um Sozialleistungen nach dem Sozialgesetzbuch handelt. Aus dem Zusammenhang mit „Anspruch G“ wird aber deutlich, dass mit dem „Anspruch B“ die laufenden und künftigen Forderungen gegen den Drittschuldner auf Zahlung von Altersruhegeld, und damit ein der gesetzlichen Rente als Sozialleistung (§ 23 SGB I) entsprechender Anspruch erfasst ist.
Der Pfändung der Ansprüche auf Altersruhegeld steht ein Pfändungsverbot nach § 851 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 36 Abs. 1 Satzung AK BW nicht entgegen.
Nach § 851 Abs. 1 ZPO ist eine Forderung in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung nur insoweit unterworfen, als sie übertragbar ist. § 36 Abs. 1 Satzung AK BW bestimmt, dass Ansprüche aus dem Versorgungsverhältnis, und damit auch die Ansprüche auf Zahlung von Altersruhegeld (§ 25 Abs. 1 Nr. 2, § 27 Satzung AK BW), nicht übertragen werden können. § 851 Abs. 1 ZPO bedarf indes im Zusammenspiel mit § 36 Abs. 1 Satzung AK BW einer verfassungskonformen einschränkenden Auslegung dahin, dass diese Ansprüche zumindest wie Arbeitseinkommen gemäß §§ 850a ff. ZPO pfändbar sind, um dem nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Befriedigungsrecht eines Gläubigers Rechnung zu tragen. Insoweit gelten hier in der Sache die gleichen Erwägungen, wie sie in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits in Bezug auf Ansprüche gegen das Versorgungswerk für Rechtsanwälte in Baden-Württemberg8 und Ansprüche gegen die Versorgungsanstalt der deutschen Bezirksschornsteinfegermeister9 angestellt worden sind.
Die Vollstreckung in den „Anspruch auf Zahlung der Altersrente für die Vergangenheit (rückwirkend zum 01.09.2015)“ hält einer rechtlichen Überprüfung nur insoweit nicht stand, als die Pfändung „ohne Abzug der für die Pfändung von Arbeitseinkommen geltenden Freigrenzen nach den Vorschriften der §§ 850 ff. ZPO in Verbindung mit der Tabelle zu § 850c Abs. 3 ZPO“ erfolgt ist.
Soweit die Rechtsbeschwerde meint, dem Gläubiger fehle für die Pfändung von Altersruhegeld für die Vergangenheit das Rechtsschutzbedürfnis, da der Schuldner keinesfalls einen entsprechenden Antrag bei dem Drittschuldner stellen werde und zugunsten des Gläubigers das Antragsrecht nicht gepfändet werden könne, ist das unzutreffend. Unabhängig davon, ob das Antragsrecht auf den Gläubiger übergegangen ist, besteht das Rechtsschutzbedürfnis, um den Gläubiger für den nicht vorhersehbaren Fall eines Antrags des Schuldners zu sichern. Dass der Schuldner nach seinem Vortrag zur Zeit nicht beabsichtigt, einen Antrag zu stellen, ist unerheblich.
Ein Pfändungsverbot nach § 851 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 36 Abs. 1 Satzung AK BW steht der Pfändung von Altersruhegeld für die Vergangenheit ebenso wenig entgegen wie der Pfändung laufender Altersruhegeldansprüche.
Soweit jedoch der Pfändungsbeschluss anordnet, dass die Pfändungsfreigrenzen (siehe §§ 850c ff. ZPO) keine Anwendung finden, gibt es dafür keine vollstreckungsrechtliche Grundlage.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Ansprüche auf Zahlung von Altersruhegeld gegen berufsständische Versorgungswerke (nur) innerhalb der Grenzen von §§ 850c ff. ZPO pfändbar10. Dieser Pfändungsschutz findet auch bei der Pfändung rückständiger Ansprüche auf Zahlung von Altersruhegeld Anwendung.
Erstreckt sich die Pfändung auf Ansprüche, die für vergangene Zeiträume zu leisten waren, aber bisher noch nicht erfüllt worden sind, und deshalb auf einmal nachgezahlt werden sollen, hat dies nach § 850c Abs. 1 Satz 1 ZPO keinen Einfluss auf den für den jeweiligen Zeitabschnitt maßgeblichen Pfändungsschutz. Bei einer Anhäufung von Altersruhegeldzahlungen aus mehreren Monaten ist daher der pfändbare Gesamtbetrag zu ermitteln, indem die für jeden einzelnen Monat jeweils pfändbaren Beträge fiktiv festgestellt und addiert werden11. Dabei spielt es aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit keine Rolle, für wie viele Monate eine Nachzahlung erfolgt.
Anderes ergibt sich nicht aus dem sozialrechtlichen „Aktualitätsgrundsatz“ und dem Umstand, dass der Schuldner bisher keinen Leistungsantrag gestellt hat.
Der sozialrechtliche „Aktualitätsgrundsatz“ wird im Zusammenhang mit der Gewährung von Hilfeleistungen zur Sicherung des Existenzminimums für vergangene Zeiträume diskutiert und beruht auf der Überlegung, dass Sozialhilfeleistungen ihren Zweck – Sicherung einer menschenwürdigen Existenz – nicht mehr erreichen könnten, wenn sie für in der Vergangenheit liegende Zeiträume gewährt werden sollen; hieraus sei zu folgern, dass ihre Nachzahlung nicht verlangt werden könne12.
Mit staatlichen Sozialhilfeleistungen sind indes die von dem Drittschuldner zu erbringenden Altersruhegeldzahlungen nicht vergleichbar. Auf diese Leistungen besteht nach der Satzung des Drittschuldners ein klagbarer Anspruch und zwar auch dann, wenn sie für vergangene Zeiträume zu leisten sind.
Der Umstand, dass der Schuldner bisher keinen Antrag auf Zahlung des Altersruhegelds gestellt hat, ist vollstreckungsrechtlich unerheblich, da die Pfändungsfreigrenzen nach §§ 850c ff. ZPO dem Schutz des Schuldners aus sozialen Gründen im öffentlichen Interesse dienen und grundsätzlich nicht zu seiner Disposition stehen13.
Die „Pfändung“ des Gestaltungsrechts des Schuldners, den Antrag auf Zahlung des Altersruhegeldes – auch rückwirkend – zu stellen, ist zu Recht ausgesprochen worden. Das Recht, diesen Antrag zu stellen, kann zwar nicht selbständig gepfändet werden, es ist aber mit der Pfändung der Ansprüche auf Zahlung von Altersruhegeld in entsprechender Anwendung von § 401 BGB auf den Schuldner übergegangen. Dieser Übergang kann zur Klarstellung im Pfändungsbeschluss ausgesprochen werden.
Die mit einer Pfändung verbundene Beschlagnahme erstreckt sich ohne weiteres auf alle Nebenrechte, die im Fall einer Abtretung oder eines gesetzlichen Forderungsübergangs nach §§ 401, 412 BGB mit auf den neuen Gläubiger übergehen.
Daraus folgt einerseits, dass es einer gesonderten Neben- und Hilfspfändung nicht bedarf, und andererseits, dass diese Nebenrechte nicht selbständig gepfändet werden können. Neben den in § 401 BGB ausdrücklich genannten Rechten wird diese Vorschrift unter anderem auf Hilfsrechte entsprechend angewandt, die zur Geltendmachung oder Durchsetzung einer Forderung erforderlich sind14. In entsprechender Anwendung von § 401 BGB geht deshalb beispielsweise das forderungsbezogene Gestaltungsrecht zur Fälligkeitskündigung auf den neuen Gläubiger über15. Anders können dagegen Gestaltungsrechte zu behandeln sein, die nicht nur für die Durchsetzung der gepfändeten Forderung erforderlich sind, sondern das Vertragsverhältnis insgesamt gestalten wie der Widerruf, die Anfechtung, der Rücktritt oder die Vertragskündigung. Solche Rechte können gegebenenfalls nach § 413 BGB übertragen werden16 und müssten gesondert gepfändet werden.
Auf dieser Grundlage wird in entsprechender Anwendung von § 401 BGB von der Pfändung der Ansprüche des Schuldners auf Zahlung von Altersruhegeld das für die Gewährung von Altersruhegeld notwendige Antragsrecht erfasst. Der Antrag stellt eine bloße Fälligkeitsvoraussetzung für die Zahlung des Altersruhegelds dar. Nach § 24 Abs. 5 Satzung AK BW wird eine Versorgungsleistung, und damit nach § 25 Abs. 1 Nr. 2, § 27 Satzung AK BW das Altersruhegeld, (nur) auf schriftlichen Antrag gewährt. Durch den Antrag wird das auf Feststellung des Rentenbezugsrechts gerichtete Verwaltungsverfahren bei dem Drittschuldner eingeleitet (§§ 9 ff. LVwVfG BW), nach dessen Durchlaufen dieser durch Bescheid (§ 35 LVwVfG BW) über Art, Höhe und Beginn der Altersruhegeldzahlungen gemäß § 38 Satz 1 Satzung AK BW entscheidet, und damit die Fälligkeit der Einzelansprüche herbeigeführt17. Das Antragsrecht dient damit ausschließlich der Durchsetzung des Anspruchs auf Zahlung von Altersruhegeld und steht deshalb entsprechend § 401 BGB dem Vollstreckungsgläubiger als zur Geltendmachung der Forderung notwendiges Nebenrecht zu.
Der Anwendung von § 401 BGB auf das Antragsrecht nach § 24 Abs. 5 Satzung AK BW steht nicht entgegen, dass es sich bei den gepfändeten Forderungen um Ansprüche aufgrund einer berufsständischen Versorgung handelt, die ähnlich einer Sozialleistung zu behandeln sind.
Im Sozialrecht bezieht sich allerdings das Pfändungspfandrecht (§§ 829, 804 Abs. 1 ZPO) nur auf die pfändbare Forderung. Ein vollständiger Eintritt des Vollstreckungsgläubigers in das gesamte Sozialrechtsverhältnis einschließlich seines Pflichtengefüges ist mit der Pfändung und Überweisung nicht verbunden18. Der Gläubiger erhält nur das begrenzte, ihm kraft der Pfändung zugewiesene Recht aus dem Gesamtkomplex der Rechtsbeziehung; dieses Recht bleibt in das Sozialrechtsverhältnis als Stammrecht eingebunden und mit allen Einwendungen und Risiken belastet, die sich daraus ergeben19.
Auf dieser Grundlage ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht geklärt, welche Auswirkungen der sozialrechtlich gebotene Schutz des Stammrechts eines berufsständischen Altersruhegelds auf den Übergang eines Leistungsantragsrechts entsprechend § 401 BGB hat.
Der Bundesgerichtshof hat die (Mit)Pfändung eines Gestaltungsrechts – wie des Leistungsantragsrechts – nur für möglich erachtet, wenn es eine „rein formelle Voraussetzung“ für den Leistungsbezug darstellt, nicht aber dann, wenn es eine Befugnis von zentraler Bedeutung für das Sozialrechtsverhältnis beinhaltet20. Deshalb ist das Recht, die Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk zu beenden und die Erstattung gezahlter Beiträge zu verlangen, unpfändbar, da damit das Stammrecht erlischt21. In dieser Entscheidung ist die Frage nach der Mitpfändung „rein formeller“ Gestaltungsrechte in entsprechender Anwendung von § 401 BGB offengeblieben.
In Fortentwicklung dieser Rechtsprechung entscheidet der Bundesgerichtshof nunmehr, dass mit der Pfändung der Ansprüche auf Zahlung des Altersruhegelds gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 2, § 27 Satzung AK BW für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft das Recht, einen Leistungsantrag nach § 24 Abs. 5 Satzung AK BW – auch rückwirkend – zu stellen, umfasst wird.
Wie bereits ausgeführt hat der Antrag nach § 24 Abs. 5 Satzung AK BW nur die Wirkung, das auf die Feststellung des Anspruchs auf Altersruhegeld gerichtete Verwaltungsverfahren einzuleiten und den Anspruch „zahlbar“ zu machen. Der Antrag stellt deshalb eine rein formelle Voraussetzung für die Entstehung der Ansprüche auf Zahlung von Altersruhegeld dar.
Anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht aus § 27 Abs. 2 AK BW. Danach kann der Beginn einer Rentenzahlung über die Regelaltersgrenze auf Antrag hinausgeschoben werden. Wird hiervon Gebrauch gemacht, erhöht sich der Regelbetrag für das Altersruhegeld um 0, 5% für jeden Monat, um den der Rentenbeginn aufgeschoben wird. Dadurch kann der Wert des Stammrechts und die Höhe der daraus erwachsenden Einzelansprüche gesteigert werden. Bis zur Ausübung dieses Optionsrechts steht es dem Mitglied des Drittschuldners indes weiterhin zu, die Regelaltersrente gegebenenfalls rückwirkend in Anspruch zu nehmen. Das Verständnis der Rechtsbeschwerde, wonach allein der Zeitablauf nach Erreichen der Regelaltersgrenze zu einer monatlichen Erhöhung des Rentenstammrechts nach Maßgabe von § 27 Abs. 2 Satzung AK BW führt, ist unzutreffend.
Für die Mitpfändung des Leistungsantragsrechts ist es unerheblich, ob der Schuldner den Antrag nach § 27 Abs. 2 Satzung AK BW gestellt hat. Nach dem Pfändungsbeschluss wird das angebliche Leistungsantragsrecht mit Rückwirkung zum 1.09.2015 gepfändet. Sollte dieses Recht möglicherweise deshalb nicht bestehen, weil der Schuldner einen Antrag nach § 27 Abs. 2 Satzung AK BW gestellt hat, ginge die (Mit)Pfändung zwar ins Leere, der Erlass des Pfändungsbeschlusses wäre aber gleichwohl rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Mitpfändung des Leistungsantragsrechts nach § 24 Abs. 5 Satzung AK BW als rein formeller Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs auf Zahlung von Altersruhegeld in entsprechender Anwendung von § 401 BGB ist nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geboten.
Wie bereits ausgeführt sind die Ansprüche des Schuldners gegen den Drittschuldner trotz der in § 36 Abs. 1 Satzung AK BW normierten Unübertragbarkeit der Ansprüche in verfassungskonformer einschränkender Auslegung von § 851 Abs. 1 ZPO wie Arbeitseinkommen gemäß §§ 850a ff. ZPO pfändbar, um dem nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Befriedigungsrecht eines Gläubigers Rechnung zu tragen22.
Das durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Befriedigungsrecht eines Gläubigers erfordert aber über die bloße Pfändbarkeit eines Anspruchs hinaus, dessen weitergehende effektive Verwirklichung in dem der Pfändung nachfolgenden Vollstreckungsverfahren23. Deshalb muss dem Gläubiger die Möglichkeit eröffnet werden, den materiellrechtlich im Schuldnervermögen entstandenen und gepfändeten Anspruch in den ihm zugewiesenen Grenzen effektiv zu verwerten. Ohne die Mitpfändung des Leistungsantragsrechts nach § 24 Abs. 5 Satzung AK BW ist es einem Gläubiger nicht möglich, die gepfändeten Ansprüche auf Zahlung von Altersruhegeld mit Erfolg geltend zu machen. Daher steht dem Vollstreckungsgläubiger das Recht zur Antragstellung entsprechend § 401 BGB zu24.
Gegen den Übergang des Leistungsantragsrechts lässt sich nicht einwenden, hierzu bestehe keine Notwendigkeit, da ein Pfändungspfandgläubiger den Schuldner gegebenenfalls im Klagewege auf Stellung eines Leistungsantrags in Anspruch nehmen könne25. Ein solches, möglicherweise durch die Instanzen Jahre dauerndes Verfahren ist bereits kein effektiver Weg zur Befriedigung des Gläubigers.
Die Mitpfändung von Rechten in entsprechender Anwendung von § 401 BGB kann auf Antrag des Gläubigers im Pfändungsbeschluss klarstellend ausgesprochen werden26.
Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, die Pfändung der Leistungsantragsrechte könne nicht „hilfsweise“ erfolgen, weshalb der Ausspruch zu „Anspruch G b)“ des Pfändungsbeschlusses rechtswidrig sei, überzeugt dies nicht. Da in dem Pfändungsbeschluss zu „Anspruch G a)“ nur ein angebliches Recht auf eine (rückwirkende) Antragstellung gepfändet wurde, ist auf Antrag des Gläubigers unter „Anspruch G b)“ zusätzlich ein angebliches zukünftiges Antragsrecht gepfändet. Damit soll – offensichtlich – der Fall ins Auge gefasst werden, dass ein rückwirkendes Antragsrecht rechtlich nicht besteht. Dagegen bestehen keine Bedenken.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 5. Juli 2023 – VII ZB 3/20
- Fortführung von BGH, Beschluss vom 25.08.2004 – IXa ZB 271/03, BGHZ 160, 197; Beschluss vom 28.03.2007 – VII ZB 43/06, MDR 2007, 907[↩]
- vgl. MünchKomm-ZPO/Gruber, 6. Aufl., ZPO, § 803 Rn. 72 m.w.N.; Loyal in Schuschke/Walker/Kessen/Thole, ZPO, 7. Aufl., § 803 Rn. 12[↩]
- BGH, Beschluss vom 18.07.2002 – IX ZB 26/02, BGHZ 151, 384 12[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.10.1982 – 1 BvL 34/80, BVerfGE 61, 126 25 f.[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 16.12.2020 – VII ZB 10/20 Rn. 15[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 29.11.1984 – X ZR 39/83, BGHZ 93, 82 18[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 29.11.1984 – X ZR 39/83, BGHZ 93, 8219[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 25.08.2004 – IXa ZB 271/03, BGHZ 160, 197 7 ff.[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 28.03.2007 – VII ZB 43/06 Rn. 7 ff., MDR 2007, 907[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 25.08.2004 – IXa ZB 271/03, BGHZ 160, 197 10 ff.; Beschluss vom 28.03.2007 – VII ZB 43/06 Rn. 6, MDR 2007, 907[↩]
- vgl. BAG, Beschluss vom 28.08.2001 – 9 AZR 611/99, BAGE 99, 5 16 – für Arbeitseinkommen; Ahrens, ZVI 2018, 173, 174[↩]
- vgl. Pattar in: Berlit/Conradis/Pattar, Existenzsicherungsrecht, 3. Aufl.2019, Kapitel 10 Rn. 41 ff. m.w.N.[↩]
- BGH, Urteil vom 20.11.1997 – IX ZR 136/97, BGHZ 137, 193 17[↩]
- BGH, Beschluss vom 19.09.2017 – VII ZB 64/14 Rn. 14, BGHZ 216, 21[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 01.06.1973 – V ZR 134/72, NJW 1973, 1793 16; Urteil vom 22.03.2006 – IV ZR 6/04 Rn. 37, NJW-RR 2006, 1091[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 17.10.2019 – I ZR 34/18 Rn. 58 f., GRUR 2020, 57; Urteil vom 02.12.2009 – IV ZR 65/09, NJW-RR 2010, 544; Urteil vom 10.12.1997 – XII ZR 119/96, NJW 1998, 896 8; Urteil vom 01.06.1973 – V ZR 134/72, NJW 1973, 1793 16[↩]
- vgl. zur vergleichbaren Situation in der gesetzlichen Rentenversicherung: BSG, Urteil vom 02.08.2000 – B 4 RA 54/99, SozR 32600 § 99 Nr. 5 12 f., 31 ff.; Urteil vom 02.08.2000 – B 4 RA 40/99 R, SozR 32600 § 100 Nr. 1 29 ff., 48, 51[↩]
- vgl. für die Abtretung: BSG, Urteil vom 18.07.2006 – B 1 KR 24/05 R, BSGE 97, 6 14 m.w.N.[↩]
- BSG, Urteil vom 06.02.1991 – 13/5 RJ 18/89, BSGE 68, 144 23 zur Abtretung; vgl. auch BSG, Urteil vom 12.07.1990 – 4 RA 47/88, BSGE 67, 143 22 zur Pfändung; vgl. ähnlich für einen steuerrechtlichen Erstattungsanspruch: BFH, Urteil vom 18.08.1998 – VII R 114/97, BFHE 187, 1 10 ff.[↩]
- BGH, Urteil vom 10.01.2008 – IX ZR 94/06 Rn. 14, MDR 2008, 469[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 10.01.2008 – IX ZR 94/06 Rn. 17, MDR 2008, 469[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 25.08.2004 – IXa ZB 271/03, BGHZ 160, 197 7 ff.; Beschluss vom 28.03.2007 – VII ZB 43/06 Rn. 7, MDR 2007, 907[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 12.12.2003 – IXa ZB 115/03, BGHZ 157, 19519[↩]
- vgl. Mrozynski, SGB I, 6. Aufl.2019, § 54 SGB Rn. 5; Lilge in: Lilge/Gutzler, SGB I, 5. Aufl.2019, § 54 Rn. 23[↩]
- so aber SG Frankfurt, Urteil vom 16.03.2001 – S 6 RA 4234/96, NJW-RR 2002, 1213 27; in diese Richtung auch: Pflüger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, Stand: 16.08.2021, § 54 Rn. 29[↩]
- BGH, Beschluss vom 19.09.2017 – VII ZB 64/14 Rn. 17, BGHZ 216, 21; Beschluss vom 19.12.2012 – VII ZB 50/11 Rn. 12, BGHZ 196, 62[↩]