Antrag auf Vermögensauskunft – und der gleichzeitige Antrag für Drittauskünfte

Die Kosten des gemeinsam mit dem Antrag auf Einholung der Vermögensauskunft gemäß § 802c ZPO gestellten Antrags auf Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO sind keine notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 788 Abs. 1 Satz 1, § 91 ZPO.

Antrag auf Vermögensauskunft – und der gleichzeitige Antrag für Drittauskünfte

Gemäß § 788 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO fallen die Kosten der Zwangsvollstreckung, soweit sie notwendig waren, dem Schuldner zur Last. Für die Beurteilung der Notwendigkeit der Kosten verweist die Vorschrift auf § 91 ZPO. Notwendig sind danach Kosten, wenn sie für eine Maßnahme angefallen sind, die der Gläubiger zum Zeitpunkt ihrer Vornahme bei verständiger Würdigung der Sachlage zur Durchsetzung seines titulierten Anspruchs objektiv für erforderlich halten durfte1. Nicht notwendig sind insbesondere die Kosten voreiliger Vollstreckungsmaßnahmen2.

In der Frage, ob die Kosten des gemeinsam mit dem Antrag auf Einholung der Vermögensauskunft gemäß § 802c ZPO gestellten Antrags auf Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 788 Abs. 1 ZPO sind, werden unterschiedliche Ansichten vertreten3.

Die besseren Gründe sprechen dafür, dass die Kosten des gemeinsam mit dem Antrag auf Einholung der Vermögensauskunft gemäß § 802c ZPO gestellten Antrags auf Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO keine notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 788 Abs. 1 ZPO sind.

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Dabei steht außer Frage, dass die gemeinsame Beantragung mehrerer in § 802a Abs. 2 ZPO genannter Vollstreckungsmaßnahmen, also auch die gemeinsame Beantragung der Einholung von Vermögensauskunft und Drittauskünften, verfahrensrechtlich zulässig ist4.

Eine andere Frage ist es jedoch, ob die gemeinsame Beantragung beider Vollstreckungsmaßnahmen auch im Sinne des § 788 Abs. 1 ZPO notwendig ist. Bei der Beurteilung der Notwendigkeit von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sind die Interessen der Parteien in den Blick zu nehmen. Dem Interesse des Gläubigers an einer effektiven und zügigen Rechtsdurchsetzung steht das Interesse des Schuldners an einer möglichst kostensparenden Vollstreckung gegenüber. Die Abwägung dieser Interessen ergibt, dass ein bereits zusammen mit dem Antrag auf Einholung der Vermögensauskunft gestellter Antrag auf Einholung von Drittauskünften als voreilig anzusehen ist und daher die dadurch veranlassten Kosten nicht im Sinne von § 788 Abs. 1 Satz 1, § 91 ZPO notwendig sind.

Der Gesetzgeber hat die Einholung von Drittauskünften gemäß § 802l Abs. 1 Satz 1 ZPO als gegenüber der Vermögensauskunft des Schuldners subsidiäre Vollstreckungsmaßnahme ausgestaltet, da sie erst dann durchgeführt werden darf, wenn der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe nicht nachgekommen ist oder der Inhalt seiner Auskunft keine Aussicht auf vollständige Vollstreckung bietet. Mangels eines Erfahrungssatzes, dass Schuldner stets oder auch nur in der überwiegenden Anzahl von Fällen ihrer Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachkommen oder sich stets aus der Vermögensauskunft keine für die Befriedigung des Gläubigers hinreichenden Vermögensgegenstände ergeben, kann der Gläubiger im Zeitpunkt einer gleichzeitigen Beantragung der Einholung von Vermögensauskunft und Drittauskünften die Erforderlichkeit der letztgenannten Maßnahme nicht mit hinreichender Sicherheit einschätzen. Die Antragstellung mag vorsorglich erfolgen, erscheint aber mit Blick auf das Notwendigkeitserfordernis gemäß § 788 Abs. 1 Satz 1, § 91 ZPO als verfrüht, weil sich erst im weiteren Gang des vom Gläubiger eingeleiteten mehrstufigen Zwangsvollstreckungsverfahrens erweist, ob die Voraussetzungen des § 802l Abs. 1 ZPO vorliegen5. Zu berücksichtigen ist weiter, dass der Antrag auf Einholung von Drittauskünften angesichts seines Charakters als besondere Angelegenheit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG6 eine eigenständig kostenauslösende Maßnahme darstellt. Eine Sichtweise, die im Falle der gemeinsamen Beantragung auch die Kosten des Antrags auf Einholung von Drittauskünften als notwendig im Sinne des § 788 Abs. 1 ZPO ansähe, liefe Gefahr, einer Praxis der routinemäßigen Beantragung nicht zielführender kostenauslösender Maßnahmen den Weg zu bereiten.

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Für den Gläubiger ist es andererseits nicht mit einer unzumutbaren Erschwernis verbunden, wenn die Kosten des gemeinsam mit dem Antrag auf Einholung der Vermögensauskunft gestellten Antrags auf Einholung von Drittauskünften nicht als gemäß § 788 Abs. 1 Satz 1, § 91 ZPO notwendig angesehen werden. Stellt der anwaltliche Vertreter des Gläubigers zunächst nur einen Antrag auf Einholung der Vermögensauskunft, bedarf es zwar eines weiteren Tätigwerdens für den Antrag auf Einholung von Drittauskünften, wenn nach dem Antrag auf Einholung der Vermögensauskunft die Voraussetzungen des § 802l Abs. 1 Satz 1 ZPO eintreten. Eine maßgebliche zeitliche Verzögerung tritt hierdurch aber nicht ein. Der Gerichtsvollzieher hat dem Gläubiger gemäß § 802f Abs. 6 Satz 1 ZPO unverzüglich einen Ausdruck des Vermögensverzeichnisses zuzuleiten. Über den Verlauf des Termins zur Vermögensauskunft, insbesondere das Nichterscheinen des Schuldners, wird der Gläubiger durch das vom Gerichtsvollzieher gemäß § 762 ZPO zu erstellende Protokoll unterrichtet, das der Gerichtsvollzieher gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 der Gerichtsvollzieher-Geschäftsanweisung (GVGA) im unmittelbaren Anschluss an die Vollstreckungshandlung an Ort und Stelle aufzunehmen hat und dessen Zuleitung der Gläubiger vorab beantragen kann (vgl. § 63 Abs. 6 GVGA). Der Gläubiger erhält auf diese Weise zügig Klarheit darüber, ob die Voraussetzungen eines Antrags auf Einholung von Drittauskünften gemäß § 802l Abs. 1 Satz 1 ZPO vorliegen.

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Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, die gleichzeitige Beantragung der Einholung von Vermögensauskunft und Drittauskünften erhöhe die Effizienz der Zwangsvollstreckung, weil die Aussicht auf die Einholung von Drittauskünften den Druck auf den Schuldner erhöhe, die Vermögensauskunft vollständig und wahrheitsgemäß zu erteilen. Über die Möglichkeit der Einholung von Drittauskünften ist der Schuldner bei der Abgabe der Vermögensauskunft gemäß § 802f Abs. 3 Satz 2 ZPO unabhängig davon zu belehren, ob der Gläubiger bereits einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Dem Umstand, ob ein solcher Antrag bereits gestellt ist, kommt daher in diesem Zusammenhang keine maßgebliche Bedeutung zu.

Im Streitfall sind danach die für den Antrag auf Einholung von Drittauskünften gemäß § 802l ZPO geltend gemachten Rechtsanwaltskosten nicht erstattungsfähig. Der anwaltliche Vertreter der Gläubigerin hat zugleich die Anträge auf Einholung von Vermögensauskunft und Drittauskünften gestellt. Nach dem Vorstehenden sind die Kosten des Antrags auf Einholung von Drittauskünften als (noch) nicht notwendig im Sinne von § 788 Abs. 1 Satz 1, § 91 ZPO anzusehen.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 5. März 2020 – I ZB 50/19

  1. BGH, Beschluss vom 05.06.2014 – VII ZB 21/12, NJW 2014, 2508 Rn. 8; Beschluss vom 17.10.2018 – I ZB 13/18, WM 2018, 2327 Rn. 6[]
  2. vgl. BGH, Beschluss vom 10.10.2003 – IXa ZB 183/03, DGVZ 2004, 24 7]; BGH, WM 2018, 2327 Rn. 7[]
  3. für die Ersatzfähigkeit LG Gießen, Beschluss vom 26.02.2019 – 7 T 59/19 9; Mock, Vollstreckung effektiv 2019, 132 f.; aA LG Düsseldorf, DGVZ 2019, 158, 159 23], Zöller/Seibel aaO § 802l Rn. 17[]
  4. vgl. BGH, Beschluss vom 16.05.2019 – I ZB 79/18, NJW-RR 2019, 1079 Rn. 21; Würdinger in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 802a Rn. 4[]
  5. vgl. BGH, NJW-RR 2019, 1079 Rn. 21[]
  6. dazu BGH, Beschluss vom 20.09.2018 – I ZB 120/17, WM 2019, 33 Rn. 10 – Gebühr für Drittauskunft[]
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